Jetzt also ist es geschehen: Die Republikaner haben bei den Kongresswahlen am 5. November erneut die Mehrheit im Repräsentantenhaus errungen. Ein umkämpfter Wahlkreis in Arizona fiel nach Auszählung letzter Stimmen an die Republikaner. Damit haben sie sich die sogenannte Trifecta gesichert: Sie kontrollieren gleichzeitig das Weiße Haus und beide Kammern im US-Kongress. Eine solche Machtfülle hatten sie zuletzt im November 2018 erlangt. Donald Trump kann sich bei der Umsetzung seiner politischen Agenda also erneut auf Mehrheiten der eigenen Partei stützen.
Zwar war es den Demokraten gelungen, drei Sitze im Bundesstaat New York, die sie unerwartet an die Republikaner verloren hatten, wieder zurückzuerobern. Doch in den Swing States Pennsylvania und Michigan verloren sie drei Mandate. Beide Bundesstaaten hatten bei der Präsidentschaftswahl 2020 noch Joe Biden gewählt, jetzt fielen sie zurück an Donald Trump. Einen weiteren Sitz nahmen die Republikaner den Demokraten in Colorado ab und konnten gleichzeitig mehrere Wahlkreise in Kalifornien halten, wo die Demokraten auf eine Mehrheit gehofft hatten. Dort ging den Republikanern lediglich ein Sitz verloren. Zwar sind noch nicht alle Wahlkreise endgültig ausgezählt, aber die Republikaner dürften, wenn auch knapp, auf 218 Mandate kommen, die Mehrheit im 435 Abgeordnete zählenden Repräsentantenhaus.
Nicht alle Abgeordneten sind getreue Gefolgsleute Trumps
Der Sprecher des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, ein enger politischer Verbündeter Trumps, sagte, die US-Wähler hätten den Republikanern damit ein „Mandat“ für die von Trump propagierte konservative Wende gegeben. Mit Blick auf die Kuppel des Kapitols, des Sitzes des US-Parlaments, sagte Johnson: „Wir werden die America-First-Flagge über diesem Ort hissen.“
Zwar hat Johnson noch keine konkreten Gesetzesinitiativen angekündigt. Es wird jedoch erwartet, dass nach der Konstituierung des Parlaments Anfang des Jahres und dem Amtsantritt von Donald Trump am 20. Januar ein verschärftes Vorgehen gegen illegale Einwanderer, ein radikaler Kurswechsel in der Klimapolitik und die Wiedereinführung der unter Joe Biden kassierten Steuererleichterungen für höhere Einkommen ganz oben auf der Agenda stehen werden.
Doch dürfte es auf dem von Trump und seinen Gefolgsleuten wohl erhofften politischen Durchmarsch ein paar Hindernisse geben. Und zwar nicht nur im Senat, wo in John Thune ein Mann an die Spitze der Republikaner gewählt wurde, der alles andere als ein Trump-Enthusiast ist, sondern auch in der zweiten Kammer des Kongresses. Um die erwartete knappe republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus nicht zu gefährden, wird Johnson Rücksicht auf gemäßigte Abgeordnete seiner Partei nehmen müssen, die der Make-America-Great-Agenda des Präsidenten zumindest in Teilen distanziert gegenüberstehen.
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Die Mehrheit könnte bald wieder gefährdet sein
Zudem hat Trump bereits drei seiner Gefolgsleute unter den Kongressabgeordneten für Ministerposten und hohe Regierungsämter nominiert: Die New Yorker Abgeordnete Elise Stefanik, die sich von einer Trump-Gegnerin zu einer Loyalistin gewandelt hat, soll UN-Botschafterin werden. Michael Waltz, einen Abgeordneten aus Florida, will Trump zu seinem Sicherheitsberater machen. Matt Gaetz, ebenfalls aus Florida, ist als Justizminister vorgesehen. Angesichts seiner bisher reichlich unorthodoxen Kandidatenauswahl ist nicht auszuschließen, dass Trump noch weitere Abgeordnete in seine Administration holen wird. In ihren Wahlkreisen müssten im kommenden Jahr Nachwahlen stattfinden, was die Mehrheit der Republikaner potenziell gefährden könnte.
Wahlanalysten haben darauf verwiesen, dass sich gerade in den umkämpften Kongress-Wahlkreisen dieselbe politische Dynamik wie bei der Präsidentschaftswahl gezeigt hat. Die Republikaner haben Stimmenzuwächse bei Angehörigen von Minderheiten, besonders von Latinos, zu verzeichnen. Wichtigster Grund für die Wahlentscheidung zugunsten republikanischer Kongresskandidaten war bei vielen offenkundig die Verärgerung über die in den Biden-Jahren drastisch gestiegenen Lebensmittelpreise und die Sorge um die weitere wirtschaftliche Entwicklung. Dazu kam der Verdacht, dass Demokraten zu lasch bei der Verbrechensbekämpfung sein könnten, und das Unbehagen über die illegale Einwanderung. Allerdings zeigen die Wahlanalysen auch, dass die demokratischen Kongresskandidaten im Schnitt besser bei den Wählern ankamen als Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris.