US-Wahl: Tea Party:Der Klub für reiche Amerikaner

Die Tea Party wird als Siegerin aus den US-Wahlen im November hervorgehen. Doch wer gewinnt da? Was wie eine Graswurzelbewegung kleiner Leute aussieht, ist eher eine von rechten Milliardären gesteuerte Organisation.

Barbara Vorsamer

Was die rechtskonservative Bewegung Tea Party eigentlich will, lässt sich nur schwer zusammenfassen. Manche Anhänger bezeichnen sich als libertär und marktradikal, wollen also die Wirtschaft vom Einfluss des Staates befreien.

Tea Party Group Holds 'Code Red' Anti Health Care Reform Rally

Seit Monaten demonstrieren Aktivisten der Tea Party gegen Präsident Barack Obama.

(Foto: AFP)

Andere sehen das Hauptproblem Amerikas in den schwindenden Werten und wollen eine Moraldebatte. Die Pflicht zum täglichen Gebet und den Schutz der Ehe zwischen Mann und Frau schreiben sich die einen auf die Fahnen - die anderen wollen den Einfluss des Staates auch und besonders in Glaubensfragen begrenzen.

Eigentlich lässt sich nur sagen: Die Tea Party ist dagegen. Sie ist gegen die Regierung, gegen steigende Staatsausgaben, gegen Reformen, gegen Einwanderung, gegen Klimaschutz, gegen staatliche Hilfsprogramme und gegen Kompromisse jeglicher Art.

Trotz dieser Widersprüche ist aus der bunten Schar Demonstranten, die Ende 2009 gegen die Steuerreform von Präsident Barack Obama protestierten, eine politische Macht geworden. Zahlreiche Vorwahlen der Grand Old Party haben Tea-Party-Aktivisten für sich entschieden, oft gegen arrivierte Kandidaten und gegen den Willen des republikanischen Establishments. Viele halten die rechte Graswurzelbewegung deshalb für eine Art trojanisches Pferd, mit dessen Hilfe die Wütenden von der Straße die republikanische Partei übernehmen wollen.

Richtig ist, dass die Tea Party keine festen Organisationsstrukturen besitzt. Es gibt kein Beitrittsformular, keine Charta und keinen Vorsitzenden. Trotzdem sind die Aktivisten keine ungesteuerte Masse. Spätestens seit der großen Demonstration von 15. April 2010 in Washington gegen zu hohe Steuern - der 15. April ist in den USA der Tag, an dem die Steuererklärung eingereicht werden muss - bilden sich überall im Land lokale Tea-Party-Gruppen, auch in traditionell liberalen Staaten wie Massachusetts oder Delaware.

Von Beginn an standen diese Aktivisten nicht alleine da. Zahlreiche etablierte Organisationen unterstützten die "Graswurzeln" - unter anderem die libertäre Institution Freedom Works, gegründet vom ehemaligen republikanischen Mehrheitsführer Dick Armey. Auch die rechte Denkfabrik Cato Institute und die konservativen Organisationen Family Research Council, Conservative Union und die Heritage Foundation stehen den Politikanfängern mit Rat und Tat zur Seite.

Am Geld mangelt es ebenfalls nicht. Zwar behauptet die Tea Party ganz gerne, vor allem von Kleinspendern mit Beträgen von unter 20 Dollar unterstützt zu werden. Doch nicht selten bekommen Kandidaten der konservativen Bewegung auch Schecks über eine Million Dollar und mehr zugeschickt. Von wem diese stammen, ist seit einem Urteil des Obersten Gerichtes vom Mai 2010 kaum mehr zu überprüfen.

Das Gericht urteilte damals, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung auch für Unternehmen und Organisationen gelte - und dass Wahlkampfspenden unter das Recht auf freie Meinungsäußerung fallen. Damit werden nun Großspenden oft über mehrere Stellvertreterinstitutionen gelenkt und am Ende ist kaum mehr nachvollziehbar, von wem das Geld ursprünglich mal kam.

New York Times und Washington Post haben viel Zeit investiert, um trotzdem herauszufinden, wer finanziell hinter der Tea Party steckt. Demnach gehören zum Beipiel die Milliardärsbrüder Charles und David Koch (auf Platz Fünf in der Liste der reichsten Amerikaner) zu den Sponsoren, die offenbar für ihre Firmen strengere Auflagen oder gar Klimaschutzregelungen verhindern wollen. Auch Ölbarone wie Robert Rowling und Trevor Rees-Jones spenden angeblich gerne für die Kandidaten der rechten Bewegung.

Die Macht der Angst

Die Geldgeschenke dieser Superreichen verblassen neben der Zuwendung, die Medienmogul Rupert Murdoch (auf Platz 38 auf der amerikanischen Milliardärsliste) der Tea Party zukommen lässt. Er spendet nicht nur Millionen - die Sender und Zeitungen seiner Mediengruppe News Corporation gönnen den rechten Aktivisten und ihren Kandidaten so viel Aufmerksamkeit, dass es mit Geld kaum zu bezahlen wäre.

Christine O'Donnell

Christine O'Donnell will für die Tea Party Senatorin von Delaware werden.

(Foto: AP)

Besonders der Krawallsender Fox News bewirbt schamlos die Vorzüge von Tea-Party-Kandidaten und katapultiert sie mit Hilfe des Wall Street Journal, ebenfalls ein Murdoch-Blatt, ins Zentrum des nationalen Interesses.

Christine O'Donnell zum Beispiel ist in diesen Zirkeln ein Star. Die Kronprinzessin der Tea Party - Sarah Palins Wahlempfehlung brachte sie in die Medien - möchte Senatorin des US-Staates Delaware werden. Ihren skurrilen Überzeugungen zufolge ist Pornos schauen mit Ehebruch gleichzusetzen und Masturbation eine Sünde.

In ihrer eigenen Biographie blickt O'Donnell nicht durch und lügt über den Besuch von Elite-Universitäten (hat sie nicht) und Hexenzirkeln (hat sie doch). Auch hatte die Kandidatin weder ihre Studiengebühren noch ihre Hypothek regelmäßig bezahlt. Zu Protestlern, auf deren Plakaten Obama mit Hitlerbärtchen zu sehen ist, passt so eine Kandidatin hervorragend. Zu denen, die sich in Umfragen als Tea-Party-Anhänger bezeichnen, passt sie eigentlich nicht.

Einer repräsentativen Umfrage der New York Times zufolge ist der durchschnittliche Sympathisant der Organisation weiß, männlich, älter als 45 Jahre alt und charakterisiert sich selbst als "rechts" oder "konservativ" - außerdem als "wütend". So weit nicht überraschend.

Weitere Erkenntnisse der Umfrage sind jedoch, dass es den Tea-Party-Anhängern insgesamt ziemlich gut geht. Sie sind gebildeter und wohlhabender als der amerikanische Durchschnitt, halten sich für finanziell abgesichert und bezeichnen sogar ihre Steuerlast als angemessen. Auch hält die Mehrheit von ihnen Sarah Palin als Präsidentin für ungeeignet.

Besonders hohen Leidensdruck können diese Menschen nicht haben. Trotzdem treibt die Angst sie auf die Straße. Die weiße Mittelschicht fürchtet sich vor Überfremdung und davor, den eigenen Wohlstand an die "anderen" zu verlieren. Wer die anderen sind, bleibt zwar im Vagen - doch der latente Rassismus der Tea-Party-Anhänger zeigt sich in politischen Forderungen wie der, Kindern von Einwanderern keine amerikanischen Pässe mehr auszustellen. Auch das Gerücht, der schwarze Präsident sei kein gebürtiger Amerikaner und außerdem Muslim, hält sich in diesen Kreisen hartnäckig.

Kandidatin O'Donnell, die Schulden hat, keinen Job behält und öffentlich Unwahres erzählt, ist hier das "populistische Feigenblatt - um den Coup der Milliardäre als Aufstand des Volkes zu tarnen" (New York Times). Finanziert von den Superreichen und unterstützt von der bürgerlichen Mittelschicht will die Tea Party die USA schützen vor den Armen und den anderen.

Mit einer Graswurzelbewegung der kleinen Leute hat das wenig zu tun.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: