US-Wahl:Republikaner: Eine Partei liegt in Scherben

Lesezeit: 4 min

GOP Presidential Candidates Debate In Las Vegas

Am Ende lacht nur einer: Donald Trump (Mitte) nach einer TV-Debatte mit seinen Mitbewerbern Chris Christie (l.), Jeb Bush (2.v.l.), John Kasich (2.v.r.) Rand Paul (r.). Bis auf Kasich haben inzwischen alle Kandidaten im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur gegen Trump aufgegeben.

(Foto: AFP)

Nach dem Trump-Sieg wirken Amerikas Konservative erbärmlich. Die Bush-Familie plant einen Boykott, der Kandidat reagiert beleidigt und zeigt, dass die Republikaner für ihn nur Vehikel sind.

Analyse von Matthias Kolb, Washington 

Reince Priebus hat ein bewundernswertes Talent. Der Chef des Republican National Committee (RNC) findet überall etwas Positives. "Er gibt sich Mühe. Er gibt sich wirklich Mühe", sagt Priebus, als er auf Donald Trumps letzte Aktion angesprochen wird. Der Präsidentschaftskandidat, der Einwanderer schon mal "Vergewaltiger" nennt, hatte ein Foto von sich bei Facebook gepostet, wie er Tacos isst.

Ein simples "Ich liebe Hispanics" wird nicht reichen, um jene 80 Prozent der Latinos zu überzeugen, die momentan schlecht über Trump denken. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns", gibt Priebus zu, als er am Freitag um 7:55 Uhr beim "Playbook Breakfast" erscheint. Dies ist ein typischer Washington-Event: Vor dem Gang in die Büros und Redaktionen stellt sich Politprominenz den Fragen des Politico-Journalisten Mike Allen.

RNC-Chef Priebus leugnet nicht, dass er den "schlimmsten Job" in Washington hat: Er soll Trump zum 45. US-Präsidenten machen, obwohl die Partei tief gespalten ist und dem Milliardär an der Spitze misstraut. Das Projekt "Republikaner hinter Trump vereinigen" mag noch nicht gescheitert sein, aber seit sich der 69-Jährige als Kandidat durchgesetzt hat, findet vor aller Augen eine Schlammschlacht statt.

Konservative Kommentatoren sprechen von einem "ideologischen Erdbeben", diagnostizieren der Grand Old Party eine "multiple Persönlichkeitsstörung" oder sprechen von einem überfälligen "Moment der moralischen Klarheit" - nun zeige sich, wer aus Überzeugung oder aus Opportunismus Republikaner sei.

Weil sie ihn für ungeeignet halten, Präsident zu sein, verweigern diese republikanischen Politiker öffentlich Trump ihre Unterstützung:

  • George Bush, Präsident von 1989 bis 1993
  • George W. Bush, Präsident von 2001 bis 2009
  • Mitt Romney, Obama-Herausforderer 2012
  • Jeb Bush, Lindsey Graham und Rick Santorum, Präsidentschaftskandidaten 2016
  • Ben Sasse, Senator aus Nebraska (er sucht offen nach Alternativkandidaten)
  • Dean Heller, Senator im swing state Nevada (kämpft um seine Wiederwahl)
  • Paul Ryan, Vize von Mitt Romney und nun mächtiger Speaker des Repräsentantenhauses

Der Boykott der Familie Bush ist symbolisch wichtig (kein lebender Präsident wird am Parteitag in Cleveland teilnehmen) und macht es für Trump schwer, die vielen Spenden-Millionen für die Wahl am 8. November zu sammeln. Doch am brisantesten ist die Aussage von Paul Ryan, dass er "noch nicht" bereit sei, Trump zu unterstützen (mehr in diesem SZ-Artikel) - denn Ryans Popularität und Einfluss in Washington ist ziemlich einzigartig.

Trump feuert weiter Attacken gegen alle ab

Auf der Politico-Bühne betont Reince Priebus (in Deutschland wäre sein Titel wohl Geschäftsführer), dass alle vom Gang der Ereignisse überrascht wurden: "Wir dachten, wir hätten mindestens bis Juni Zeit." So seien mehrere Treffen zwischen Trump und Ryan vereinbart gewesen, um einen Konsens zu finden - am Donnerstag werden sich beide in Washington an einen Tisch setzen.

Dem arbeitswütigen und detailversessenen Ryan geht es vor allem um weitreichende Reformen und große Ideen, doch er sieht offenbar in Trumps Stil das größte Problem. Der 46-Jährige steht erst seit einem halben Jahr an der Spitze des Repräsentantenhauses und will sicherstellen, dass die Republikaner dort die Mehrheit behalten. Trumps permanente Attacken gegen Latinos, Frauen, Muslime und Journalisten gefährden dieses Ziel.

Und wie reagiert Trump, der sich selbst als "Vereiniger" der Partei sieht? Seine Aussagen und Social-Media-Aktivitäten jenseits des Taco-Tweets tragen folgen dem altbekannten Muster. Auch nach seinem Sieg verbreitet er in Interviews weiter Lügen (Hillary Clinton habe als Erste behauptet, Obama sei im Ausland geboren) und nennt via Facebook den Ex-Rivalen Graham eine "Schande". Auch die Reaktion auf Ryans "Ich bin noch nicht bereit"-Interview wirkt beleidigt.

Der Milliardär hat zwar angekündigt, dass er als eigentlicher Anführer der Partei nun Geld für die RNC und andere Kandidaten sammeln will. Allerdings bleibt er sich treu: Es geht vor allem um ihn selbst. In West Virginia rief er den 13 000 Zuhörern zu: "Ihr braucht am Dienstag nicht zur Vorwahl zu gehen. Ich habe ja schon gewonnen. Bleibt zuhause und nehmt im November dafür Freunde mit." Dass am gleichen Tag jedoch über Bürgermeister-Posten und ähnliches abgestimmt wird und die Republikaner jede Stimme gebrauchen könnten - das ist Trump entweder nicht bewusst oder es ist ihm egal.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema