US-Wahl:Republikaner: Eine Partei liegt in Scherben

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Am Ende lacht nur einer: Donald Trump (Mitte) nach einer TV-Debatte mit seinen Mitbewerbern Chris Christie (l.), Jeb Bush (2.v.l.), John Kasich (2.v.r.) Rand Paul (r.). Bis auf Kasich haben inzwischen alle Kandidaten im Rennen um die republikanische Präsidentschaftskandidatur gegen Trump aufgegeben. (Foto: AFP)

Nach dem Trump-Sieg wirken Amerikas Konservative erbärmlich. Die Bush-Familie plant einen Boykott, der Kandidat reagiert beleidigt und zeigt, dass die Republikaner für ihn nur Vehikel sind.

Analyse von Matthias Kolb, Washington 

Reince Priebus hat ein bewundernswertes Talent. Der Chef des Republican National Committee (RNC) findet überall etwas Positives. "Er gibt sich Mühe. Er gibt sich wirklich Mühe", sagt Priebus, als er auf Donald Trumps letzte Aktion angesprochen wird. Der Präsidentschaftskandidat, der Einwanderer schon mal "Vergewaltiger" nennt, hatte ein Foto von sich bei Facebook gepostet, wie er Tacos isst.

Ein simples "Ich liebe Hispanics" wird nicht reichen, um jene 80 Prozent der Latinos zu überzeugen, die momentan schlecht über Trump denken. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns", gibt Priebus zu, als er am Freitag um 7:55 Uhr beim "Playbook Breakfast" erscheint. Dies ist ein typischer Washington-Event: Vor dem Gang in die Büros und Redaktionen stellt sich Politprominenz den Fragen des Politico-Journalisten Mike Allen.

RNC-Chef Priebus leugnet nicht, dass er den "schlimmsten Job" in Washington hat: Er soll Trump zum 45. US-Präsidenten machen, obwohl die Partei tief gespalten ist und dem Milliardär an der Spitze misstraut. Das Projekt "Republikaner hinter Trump vereinigen" mag noch nicht gescheitert sein, aber seit sich der 69-Jährige als Kandidat durchgesetzt hat, findet vor aller Augen eine Schlammschlacht statt.

Konservative Kommentatoren sprechen von einem "ideologischen Erdbeben", diagnostizieren der Grand Old Party eine "multiple Persönlichkeitsstörung" oder sprechen von einem überfälligen "Moment der moralischen Klarheit" - nun zeige sich, wer aus Überzeugung oder aus Opportunismus Republikaner sei.

Weil sie ihn für ungeeignet halten, Präsident zu sein, verweigern diese republikanischen Politiker öffentlich Trump ihre Unterstützung:

  • George Bush, Präsident von 1989 bis 1993
  • George W. Bush, Präsident von 2001 bis 2009
  • Mitt Romney, Obama-Herausforderer 2012
  • Jeb Bush, Lindsey Graham und Rick Santorum, Präsidentschaftskandidaten 2016
  • Ben Sasse, Senator aus Nebraska (er sucht offen nach Alternativkandidaten)
  • Dean Heller, Senator im swing state Nevada (kämpft um seine Wiederwahl)
  • Paul Ryan, Vize von Mitt Romney und nun mächtiger Speaker des Repräsentantenhauses

Der Boykott der Familie Bush ist symbolisch wichtig (kein lebender Präsident wird am Parteitag in Cleveland teilnehmen) und macht es für Trump schwer, die vielen Spenden-Millionen für die Wahl am 8. November zu sammeln. Doch am brisantesten ist die Aussage von Paul Ryan, dass er "noch nicht" bereit sei, Trump zu unterstützen ( mehr in diesem SZ-Artikel) - denn Ryans Popularität und Einfluss in Washington ist ziemlich einzigartig.

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:Mächtiger Republikaner Ryan distanziert sich von Trump

Der Sprecher des Repräsentantenhauses ist einer der einflussreichsten Männer in Washington. Er räumt allerdings ein, dass Trump sich die Kandidatur "erarbeitet und verdient" habe.

Trump feuert weiter Attacken gegen alle ab

Auf der Politico-Bühne betont Reince Priebus (in Deutschland wäre sein Titel wohl Geschäftsführer), dass alle vom Gang der Ereignisse überrascht wurden: "Wir dachten, wir hätten mindestens bis Juni Zeit." So seien mehrere Treffen zwischen Trump und Ryan vereinbart gewesen, um einen Konsens zu finden - am Donnerstag werden sich beide in Washington an einen Tisch setzen.

Dem arbeitswütigen und detailversessenen Ryan geht es vor allem um weitreichende Reformen und große Ideen, doch er sieht offenbar in Trumps Stil das größte Problem. Der 46-Jährige steht erst seit einem halben Jahr an der Spitze des Repräsentantenhauses und will sicherstellen, dass die Republikaner dort die Mehrheit behalten. Trumps permanente Attacken gegen Latinos, Frauen, Muslime und Journalisten gefährden dieses Ziel.

Und wie reagiert Trump, der sich selbst als "Vereiniger" der Partei sieht? Seine Aussagen und Social-Media-Aktivitäten jenseits des Taco-Tweets tragen folgen dem altbekannten Muster. Auch nach seinem Sieg verbreitet er in Interviews weiter Lügen ( Hillary Clinton habe als Erste behauptet, Obama sei im Ausland geboren) und nennt via Facebook den Ex-Rivalen Graham eine "Schande". Auch die Reaktion auf Ryans "Ich bin noch nicht bereit"-Interview wirkt beleidigt.

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Der Milliardär hat zwar angekündigt, dass er als eigentlicher Anführer der Partei nun Geld für die RNC und andere Kandidaten sammeln will. Allerdings bleibt er sich treu: Es geht vor allem um ihn selbst. In West Virginia rief er den 13 000 Zuhörern zu: "Ihr braucht am Dienstag nicht zur Vorwahl zu gehen. Ich habe ja schon gewonnen. Bleibt zuhause und nehmt im November dafür Freunde mit." Dass am gleichen Tag jedoch über Bürgermeister-Posten und ähnliches abgestimmt wird und die Republikaner jede Stimme gebrauchen könnten - das ist Trump entweder nicht bewusst oder es ist ihm egal.

Dass die republikanische Partei in Trümmern liegt, hat noch einen anderen Grund: Sie ist in der Vergangenheit nur notdürftig zusammengeklebt worden. Es fehlt - jenseits des Machthungers - an echtem Klebstoff. Nach der Präsidentschaftswahl 2012 kam ein interner "Autopsie-Report" zu klaren Ergebnissen: Die Partei muss sich für Frauen, Schwarze und Latinos öffnen, wenn sie einen der Ihren ins Weiße Haus schicken will. Der Eindruck, dass sich die Grand Old Party nur um weiße Amerikaner kümmere, solle widerlegt werden.

Doch bereits vor Trumps Skandal-Wahlkampf war von der Modernisierung wenig übrig: Eine Einwanderungsreform wird strikt abgelehnt, der Klimawandel geleugnet und anstelle von Phrasen wie "Obamacare abschaffen" gibt es keine klaren Gegenvorschläge. Hardliner wie Senator Ted Cruz oder die etwa 50 Abgeordneten des "Freedom Caucus" im Repräsentantenhaus sind überzeugt, dass die Republikaner erst dann wieder Wahlen gewinnen, wenn sie noch konservativer werden.

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:König Trump

Am ersten Tag als offizieller Präsidentschaftskandidat verrät der Milliardär, wie er die "Gaunerin" Clinton besiegen will - und was er als Präsident in den ersten 100 Tagen tun würde.

Von Matthias Kolb, Washington

Daher ist das Ringen zwischen Paul Ryan und Donald Trump ( beziehungsweise jenen Opportunisten wie Rick Perry, Bobby Jindal oder Mitch McConnell, denen ein Sieg über Hillary Clinton mehr bedeutet als konservative Werte) eminent wichtig. Der Ausgang dürfte mitentscheidend sein, in welche Richtung sich jene ehrwürdige Partei entwickelt, die einst die Abschaffung der Sklaverei durchsetzte und in den Sechzigern die Bürgerrechtsbewegung unterstützte.

Unter Druck stehen beide: Ryan, der auch den Parteitag in Cleveland leitet, wird nicht leichtfertig mit Trump brechen und so die Wut dessen Fans auf sich ziehen. Sollte der Milliardär nich gewählt werden, wäre er der größte Sündenbock. Bevor sich beide am Donnerstag treffen, wird es sicher nicht ruhiger werden: Die Kongressabgeordneten kehren kommende Woche zur Arbeit nach Washington zurück und werden es auf Dauer nicht schaffen, den Fragen der Reporter auszuweichen.

Auf Reince Priebus warten also weitere harte Arbeitstage. Sein morgendlicher Besuch beim "Playbook Breakfast" hat sich jedoch gelohnt: Als Gastgeschenk erhielt er eine große Flasche Baileys. Priebus hatte vor Wochen gescherzt, sein Frust über die chaotische Vorwahl sei noch nicht so groß, dass er "Baileys in meine Cornflakes" kippen müsse. Womöglich wird er den Likör bis zum Wahltag am 8. November noch mal hervorholen müssen.

Linktipp: Wer sich in die bizarren Folgen des Taco-Tweets vertiefen will (das von Trump erwähnte Restaurant "Tower Grill" serviert keine Tacos, sondern nur das "Trump Café"), dem seien diese Artikel von Buzzfeed und der Washington Post empfohlen.

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