Umfragen:So steht es im US-Wahlkampf

Umfragen: Die Karte nimmt Farbe an: Die Umfragen deuten darauf hin, dass nach der Wahl nicht mehr Donald Trump im Weißen Haus wohnen wird, sondern Joe Biden.

Die Karte nimmt Farbe an: Die Umfragen deuten darauf hin, dass nach der Wahl nicht mehr Donald Trump im Weißen Haus wohnen wird, sondern Joe Biden.

(Foto: Byambasuren Byamba-Ochir/AFP)

In welchen Staaten führt Joe Biden, wo liegt Donald Trump vorne? Was bedeutet das für das Electoral College, und wie steht es bei den Kongresswahlen? Der aktuelle Überblick in Grafiken

Von Christian Endt, Markus C. Schulte von Drach und Maximilian Wagner

Eine Lehre aus dem Präsidentschaftswahlkampf in den USA 2016 war, dass ein Außenseiter es schwierig machen kann, sich einen verlässlichen Eindruck von den tatsächlichen Wahlpräferenzen in der Bevölkerung zu verschaffen. Damals galt die Kandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, bis zur Wahl als Favoritin. Der Sieg des Republikaners Donald Trump bereitete den Walhforscherinnen und -forschern danach großes Kopfzerbrechen.

2020 aber ist die Situation eine andere. Keiner der Kandidaten ist für eine wirkliche Überraschung gut. Wer vor vier Jahren Trump gewählt hat, weiß inzwischen, woran er oder sie ist. Wen Trump überzeugt hat, der wird ihn wieder wählen, wer enttäuscht ist, wird vielleicht die Seite wechseln. Es gibt aber eigentlich keinen Grund, Wahlforschern gegenüber die eigenen Präferenzen bei der Stimmabgabe zu verheimlichen.

So steht es im Wahlkampf um die Präsidentschaft der USA

Das spricht dafür, dass Umfragen wie jene, die wir hier zeigen, einen akkuraten Eindruck vom gegenwärtigen Stand der Dinge in den USA wiedergeben. Für die Demokraten, die ihren Präsidentschaftskandidaten Joe Biden auf einem an diesem Montagabend beginnenden Parteitag küren, sieht es relativ gut aus. Sie können sich aber bei Weitem nicht in Sicherheit wiegen.

In den USA sind es nicht unmittelbar die Wählerinnen und Wähler, die festlegen, wer das höchste Amt im Staate übernimmt. Die Stimmen werden vielmehr für die einzelnen Bundesstaaten ausgezählt. Diese schicken dann entsprechend der Stimmverteilung Wahlfrauen und -männer in die Abstimmung über den Präsidenten.

Jeder US-Staat kann eine bestimmte Anzahl dieser Delegierten schicken, insgesamt sind es 538. Und wer von diesen die Mehrheit erhält - das bedeutet, mindestens 270 Stimmen -, ist gewählt.

Umfragen zufolge verteilt sich die Zustimmung in den Bundesstaaten derzeit so, dass der Kandidat der Demokraten, Joe Biden, eine Mehrheit der Wahlmänner und -frauen hinter sich bringen kann. Das gilt sogar dann, wenn alle noch offenen Stimmen von Wahlleuten auf den Amtsinhaber Donald Trump von den Republikanern fallen würden. Bidens Vorsprung scheint knapp zu sein, aber im Augenblick relativ solide.

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Steht in einem Bundesstaat die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler hinter dem Kandidaten der Republikaner, wählen in der Regel auch alle Wahlfrauen und -männer aus diesem Staat diesen Kandidaten - und umgekehrt. ("The Winner Takes It All"-Prinzip)

Ein Blick auf die Landkarte oben zeigt, wer in welchem Bundesstaat derzeit die besseren Aussichten auf die Wahlmänner- und Wahlfrauenstimmen hat. Allerdings bestimmt die Größe der Bevölkerung in den Bundesstaaten die Zahl der Delegierten. Selbst wenn also mehr Staaten rot (Republikaner) als blau (Demokraten) gefärbt wären, aber die Demokraten in den bevölkerungsreichsten Staaten vorn lägen, könnte ihr Kandidat siegen. Derzeit ist das zum Beispiel in Kalifornien (55 Stimmen) und New York (29) der Fall.

So eindeutig die Umfragen derzeit auch zu sein scheinen: Dieses Wahlsystem ist immer wieder für Überraschungen gut. Immer wieder kommt es vor, dass die Präsidentschaft nicht an denjenigen Kandidaten geht, der bundesweit die meisten Stimmen bekommen hat. Dieses Auseinanderfallen von Popular Vote und Wahlsieg ist bei den vergangenen fünf Wahlen zweimal passiert. Am Ende sind es die (mitunter sehr knappen) Wahlausgänge in wenigen entscheidenden Staaten, die über das mächtigste Amt der Welt entscheiden.

Diese werden als Battleground States bezeichnet. In diesem Jahr lassen sich neun Staaten dazuzählen: Florida (29 Stimmen), Pennsylvania (20), Ohio (18), Georgia und Michigan (je 16), North Carolina (15), Arizona (11) sowie Minnesota und Wisconsin (je 10). Insgesamt sind das also 145 Stimmen, mehr als die Hälfte der für einen Sieg benötigten 270, die bis zum Ende hart umkämpft sein dürften. Damit geht einher, dass jegliche Prognosen für den Wahlausgang unter Vorbehalt stehen.

Grundlage der Grafiken sind Wahlumfragen aus den einzelnen Bundesstaaten. Dabei wird jeweils aus mehreren Umfragen ein Mittelwert berechnet, um eventuelle Verzerrungen möglichst auszugleichen. Aus jedem Staat fließen jeweils die fünf neuesten Umfragen ein, sofern diese nicht älter als 30 Tage sind. Die Grafiken der Battleground Staaten basieren ebenfalls auf einem Mittelwert der Wahlumfragen. Allerdings wurden die Umfragen hier zuvor noch nach der Qualität der jeweiligen Institute gewichtet, sodass sich jede Erhebung unterschiedlich stark auf das Ergebnis auswirkt.

Spannend wird es bei den Kongresswahlen, die ebenfalls im November stattfinden. Ein Drittel der Sitze im Senat wird alle zwei Jahre neu besetzt, die Senatoren - zwei aus jedem Bundesstaat - werden für sechs Jahre gewählt. Aufgrund der vorherigen Wahlen behalten dieses Jahr mehr demokratische Senatoren ihren Sitz als republikanische Senatoren. Dadurch brauchen die Demokraten weniger Sitze neu zu besetzen als die Republikaner, um die Mehrheit von 51 Sitzen zu erreichen. Und wie es aussieht, sind ihre Chancen gut.

So steht es im Kampf um den Senat

Auch die 435 Abgeordneten im Repräsentantenhaus werden alle zwei Jahre gewählt, und zwar alle zugleich. Die Bundesstaaten sind ihrem Anteil an der US-Bevölkerung entsprechend mit unterschiedlich vielen Abgeordneten dort vertreten.

So steht es im Kampf ums Repräsentantenhaus

Den Umfragen zufolge dürften die Demokraten nach der Wahl über einige Sitze mehr verfügen als jene 218, die für die Mehrheit notwendig sind. Für die Republikaner würde es also nicht einmal dann reichen, wenn alle Sitze, für die noch keine Prognose möglich ist, an sie gingen.

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