US-Wahl:Kann Trump gewinnen?

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US-Wahl: Donald Trump auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland.

Donald Trump auf dem Parteitag der Republikaner in Cleveland.

(Foto: AP)

Der Republikaner umwirbt weiße Männer, doch Amerika wird immer bunter. Sein Rückstand in Umfragen ist nicht riesig, doch in den "swing states" spricht vieles gegen ihn.

Von Matthias Kolb, Washington

Neben Donald Trumps Tweets und Hillary Clintons eiserner Disziplin gehört zu diesem verrückten Wahlkampf-Jahr, dass täglich neue Umfrage-Ergebnisse veröffentlicht werden. 2016 ist es Standard geworden, über die Fixierung auf Zahlen zu spotten - auch SZ.de beschrieb im Januar den "Umfrage-Irrsinn". Die Kritik war berechtigt, denn landesweite Erhebungen hatten damals kaum Aussagekraft und oft wurden Daten von zweifelhafter Qualität verwendet, um bessere Schlagzeilen zu finden oder Klicks zu generieren. Das Vertrauen in die polls schien weg.

Doch nun, knapp vier Monate vor der Präsidentschaftswahl, gibt es kaum Gründe, allen Meinungsforschern zu misstrauen. Es lohnt sich weiter, genau zu studieren, wer die Zahlen veröffentlicht und zu prüfen, ob etwa auch Bürger per Handy interviewt wurden (junge Leute haben kein Festnetz). Doch im Rennen zwischen Hillary Clinton und Donald Trump verfestigt sich ein Trend. Das neue Umfrage-Tool von SZ.de dokumentiert es: Die Werte der Präsidentschaftskandidatin der Demokraten liegen bei etwa 45 Prozent, der Republikaner pendelt sich bei um die 42 Prozent ein.

Natürlich beeinflusst Aktuelles - Clinton wird nicht angeklagt, Trump verschickt Tweets mit Davidstern, Polizisten werden erschossen - die Meinungen der US-Bürger und damit die Antworten, die sie den Demoskopen geben. Und obwohl der Sieg des Immobilien-Moguls in den Vorwahlen fast alle Experten überrascht hat und der Brexit mitunter als Vorbote für einen Trump-Sieg im November interpretiert wurde, ist ein Trend unübersehbar: Für den Republikaner wird es schwer werden, ins Weiße Haus einzuziehen.

Lässt man unvorhersehbare Dinge (Terroranschläge, ein Börsencrash oder eine bisher ungeahnte Selbstdisziplin Trumps) außer Acht, dann illustrieren drei Zahlen das Dilemma der Konservativen. Während beim Brexit-Referendum nur acht Prozent der Wähler nicht weiß waren, werden laut Schätzungen von Pew 31 Prozent der US-Wähler im November Latinos, Afroamerikaner oder Asian Americans sein.

Gerade in diesen gesellschaftlichen Gruppen ist der Milliardär äußerst unbeliebt: Mitte Juni hatten 94 Prozent der Afroamerikaner und 89 Prozent der Latinos eine schlechte Meinung über ihn (in Ohio erhält Trump moment null Prozent der schwarzen Wähler). Latino-Aktivisten helfen anderen hispanics seit Monaten, sich für die Wahl zu registrieren (mehr hier). Ihr Haupt-Argument: "Wir müssen Trump verhindern."

Der Fairness halber muss man sagen, dass es für jeden Republikaner-Präsidentschaftskandidaten sehr schwer ist, eine Mehrheit zu gewinnen: Das Image der Grand Old Party ist unter jungen Amerikanern ("intolerant, altmodisch und technikfeindlich") ähnlich verheerend wie unter den nichtweißen Wählern. Illustriert wird dieser strukturelle Nachteil durch die zweite wichtige Zahl 242.

Jeder Bewerber fürs Weiße Haus braucht mindestens 270 von 538 Stimmen im Wahlmänner-Gremium - und seit 1992 haben die Demokraten alle vier Jahre in 18 Bundesstaaten sowie dem District of Columbia gewonnen (zusammen sind dies 242 Stimmen). Dieser Trend wird oft blue wall genannt, da die Parteifarbe der Demokraten blau ist. Also benötigt Hillary Clinton nur noch einen Sieg in Florida oder eine Kombination aus einem Erfolg in Ohio oder Virginia und einem kleineren Staat wie Nevada.

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