US-Wahl:Clinton: "Ich bin so enttäuscht, ich kann es nicht in Worte fassen"

  • Clinton zeigte sich kämpferisch, verbarg aber nicht ihre große Enttäuschung über das Wahlergebnis.
  • Mehrmals habe sie sich in der vergangenen Woche gewünscht, sich mit einem guten Buch zu Hause verkriechen zu können, sagte Clinton.
  • Trotzdem: Es gelte nun standhaft zu bleiben und weiter für die eigenen Werte zu kämpfen. "Gebt niemals auf", ruft Clinton ihrem Publikum zu.

Von Julia Ley

Eine Woche ist es her, dass Hillary Clinton sich eingestehen musste, dass sie nicht ins Weiße Haus einziehen wird. Seither hat sie sich in der Öffentlichkeit kaum sehen lassen. Es war keine leichte Zeit, das wird sie an diesem Abend sehr offen zugeben. Auf einer Wohltätigkeitsveranstaltung des Children's Defense Fund (CDF) zugunsten von Kindern aus armen Familien tritt sie zum ersten Mal seit knapp einer Woche wieder an die Öffentlichkeit. Die Botschaft ist klar, bei aller Entäuschung: "Keep fighting". Kämpft weiter für das, woran ihr glaubt.

"Ich bitte euch, involviert zu bleiben", sagte Clinton. "In jeder Hinsicht. Wir brauchen euch. Amerika braucht euch. Eure Energie, eure Ambitionen, euer Talent." Es war ein dankbares Publikum, das der gescheiterten Präsidentschaftskandidatin der Demokraten an diesem Abend zujubelt. Vor mehr als vier Jahrzehnten, direkt nach dem Jurastudium, hatte sie selbst bei der Kinderhilfsorganisation gearbeitet.

"Ich weiß, dass sich viele von euch in der vergangenen Woche gefragt haben, ob Amerika noch das Land ist, das sie zu kennen glaubten. Diese Wahl hat unsere Unterschiede schmerzlich offengelegt. Aber bitte hört mir zu, wenn ich sage: Amerika ist es wert. Unsere Kinder sind es wert. Glaubt an unser Land, kämpft für unsere Werte und gebt niemals auf."

"Du wirst überleben", hätte Clinton ihrer verlassenen Mutter gesagt

Bei allem Optimismus verbarg Clinton nicht ihre Enttäuschung über das Ergebnis der Wahl: "Ich bin so enttäuscht, ich kann es nicht in Worte fassen." Mehr als einmal habe sie sich in der vergangenen Woche gewünscht, sich mit einem guten Buch, umgeben von ihren Hunden, zu Hause verkriechen zu können.

Clinton wurde ungewohnt emotional, als sie den Zuhörern beschrieb, was sie aus heutiger Sicht gerne ihrer eigenen Mutter sagen würde, die als Kind von ihren Eltern verlassen wurde. Sie stelle sich manchmal vor, wie sie ihre Mutter im Moment der größten Verzweiflung in den Arm nehme. "Du wirst überleben", würde sie ihr sagen. "Du wirst eine eigene Familie haben, drei Kinder. Und so schwer vorstellbar das sein mag: Eines Tages wird deine Tochter Senatorin werden, unser Land als Außenministerin repräsentieren und mehr als 62 Millionen Amerikaner werden für sie stimmen."

Clintons Auftritt beim Children's Defense Fund war bereits vor der Wahl geplant. Wäre sie erfolgreich gewesen, hätte sie damit ein starkes Zeichen gesetzt, dass sie ihren Wurzeln treu bleibt. Stattdessen bot die Gala nun Gelegenheit, ihren Unterstützern einen Weg aus der Niederlage aufzuzeigen. Marian Wright Edelman, Gründerin des CDF, beschrieb die Veranstaltung als eine Art Liebesbeweis "für unsere liebe Freundin". Clinton bezeichnete sie als "Präsidentin des Volkes", die mit mehr als einer Million Wählerstimmen vorne gelegen habe.

1996 kam es zum Streit zwischen den Clintons und den Edelmans

Über ihre eigenen Pläne gab Clinton bei dieser Gelegenheit nicht viel preis - außer, dass sie weiter für ihre Überzeugungen kämpfen werde. "Amerika ist noch immer das tollste Land der Welt. Dies ist noch immer ein Ort, an dem jeder entgegen aller Wahrscheinlichkeit Erfolg haben kann."

Clinton begann 1972 für Edelman und deren Kinderhilfsorganisation zu arbeiten. Während eines Praktikums recherchierte sie zur Aufhebung der Rassentrennung in Schulen in den Südstaaten. Für die Recherche gab Clinton sich als junge Mutter aus, die eine Schule für ihren Sohn sucht - und sich versichern ließ, dass keine schwarzen Kinder an der Schule zugelassen würden. Clinton blieb dem CDF auch später als Anwältin verbunden und war Mitglied des Vorstandes, bis ihr Mann Bill sich auf das Amt des Präsidenten bewarb.

1996 kam es zum Streit zwischen den Clintons und den Edelmans. Bill Clinton verabschiedete damals eine Sozialreform, die - in den Worten von Marian Wright Edelman - "sein Versprechen, sich für Kinder einzusetzen, zur Farce werden" ließ. Ihr Ehemann Peter Edelman arbeitete zu dieser Zeit im Gesundheitsministerium und legte aus Protest seinen Posten nieder. Die Beziehung der beiden Paare erholte sich nur langsam. 2013 wurde Clinton auf der 40-Jahres-Gala von CDF geehrt.

Zum Zeitpunkt ihrer Nominierung als demokratische Kandidatin stand ihre ehemalige Chefin wieder fest an ihrer Seite: In einem Wahlkampfvideo nannte Edelman Hillary Clinton rückblickend eine "kluge, kreative, mitfühlende, junge Studentin, die sich um Kinder und Zurückgelassene sorgte".

Mit Material der Nachrichtenagentur Bloomberg.

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