Süddeutsche Zeitung

Reaktionen auf Biden-Nominierung:Trump nennt Harris "gemein" und "respektlos"

Während Ex-Präsident Obama die schwarze Demokratin als "ideale Partnerin" für Biden lobt, schießen sich Trump und sein Wahlkampfteam auf Harris ein.

Die kalifornische Senatorin Kamala Harris hat bei der US-Wahl Chancen, die erste weibliche Vizepräsidentin der USA zu werden. Der designierte demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden verkündete sie am Dienstagnachmittag (US-Zeit) als Running Mate. Harris ist die erste schwarze Frau, die von einer der beiden großen Parteien für den Posten der Vizepräsidentin aufgestellt wird. Die 55-Jährige ist selbst eine ehemalige Präsidentschaftsbewerberin und frühere Staatsanwältin. Die Tochter von Eltern aus Jamaika und Indien gilt als angriffslustig, was im Wahlkampf bei Vizekandidaten gern gesehen wird.

Harris bezeichnete es als "Ehre", Bidens Vizekandidatin zu sein. Sie werde alles dafür tun, um ihn bei der Wahl im November zum "Oberbefehlshaber" zu machen, schrieb Harris auf Twitter. "Joe Biden kann das amerikanische Volk einen, weil er sein Leben damit verbracht hat, für uns zu kämpfen. Und als Präsident wird er ein Amerika aufbauen, das unseren Idealen gerecht wird."

Ex-US-Präsident Barack Obama lobte die Wahl. "Joe Biden hat mit dieser Entscheidung den Nagel auf den Kopf getroffen", sagte Obama. Dass sein früherer Stellvertreter Biden sich Senatorin Harris als "Amerikas nächste Vizepräsidentin ausgesucht" habe, zeuge von dessen eigenem Urteilsvermögen und Charakter, ergänzte der frühere Präsident. Harris sei die "ideale Partnerin, um Biden dabei zu helfen, die äußerst realen Herausforderungen anzugehen, mit denen Amerika gerade jetzt konfrontiert ist und in den kommenden Jahren".

Trumps Wahlkampfteam bezeichnet Harris als "falsch"

Kritisch äußerte sich wenig überraschend der Amtsinhaber: Im Rahmen seines täglichen Corona-Briefings im Weißen Haus, das kurz nach der Verkündung stattfand, zeigte sich Donald Trump "ein bisschen überrascht" über Bidens Wahl. Harris habe sich gegenüber Biden im Vorwahlkampf der Demokraten "gemein" und "respektlos" verhalten und keine gute Leistung gebracht. Auch bei der Befragung des späteren Supreme-Court-Richters Brett Kavanaugh im Senat habe es Harris an Respekt gemangelt, sie sei die "Schlimmste" von allen gewesen. Harris wolle die Steuern erhöhen, die Militärausgaben senken und sei gegen die Erdgasförderung durch Fracking, so Trump. Das alles sind Ansichten, mit denen der Republikaner versuchen könnte, seine Kernwählerschaft gegen Harris zu mobilisieren.

Trumps Wahlkampfteam stellte in einem nach der Entscheidung veröffentlichten Statement laut NBC News die Behauptung auf, Harris habe Biden im Vorwahlkampf der Demokraten sogar als "Rassisten" bezeichnet. Die "falsche Kamala" sei bereit, ihre eigene Moral über Bord zu werfen, so das Team des Präsidenten.

Tatsächlich hatte Harris Biden seinerzeit scharf kritisiert, weil dieser in den 1970er und 1980er Jahren einer Gruppe Demokraten angehört hatte, die die Verwendung von Bundesgeldern für die Aufhebung der Rassen-Segregation blockierten. Im Rahmen des sogenannten Busing sollten beispielsweise schwarze Kinder an weiße Schulen transportiert werden, und umgekehrt. Sie glaube aber nicht, dass Biden ein Rassist sei, sagte die Afroamerikanerin damals.

Bidens Vizepräsidentin könnte ihn womöglich beerben

Die Entscheidung des Demokraten war mit Spannung erwartet worden. Die New York Times hatte zuletzt gemeldet, das Gremium, das sich um die Überprüfung möglicher Kandidaten gekümmert habe, sei de facto aufgelöst worden, nachdem es seine Arbeit erledigt habe. Das Team hatte über Monate hinweg die Lebensläufe möglicher Kandidatinnen geprüft. Der Nominierungsparteitag der Demokraten startet am 17. August - Biden und Harris werden dort aller Voraussicht nach offiziell nominiert werden.

Biden hatte bereits angekündigt, eine Frau als Vize zu wollen. Von Teilen seiner Partei stand er zudem unter Druck, eine schwarze Kandidatin auszuwählen. Sie sahen dies infolge der landesweiten Proteste gegen Rassismus und Polizeigewalt als notwendig an.

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Wichtig ist Bidens Entscheidung wegen des großen Einflusses auf seine Chancen bei der Präsidentschaftswahl am 3. November. Hinzu kommt jedoch noch ein anderer Aspekt: Biden wäre bei einem möglichen Amtsantritt 78 Jahre alt. Es wird vermutet, dass er im Falle seiner Wahl nur eine Amtszeit lang regieren wird. Seine Vizepräsidentin könnte sich als Nachfolgerin in Position bringen.

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