US-Wahl:Erster demokratischer Kongressabgeordneter fordert Bidens Rückzug – auch Pelosi äußert sich

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Die Unterstützung für Joe Biden bröckelt in der eigenen Partei. (Foto: Evan Vucci/dpa)

In der Demokratischen Partei wird nun auch öffentlich an Bidens Präsidentschaftskandidatur gezweifelt. Biden selbst liefert eine neue Erklärung, warum er „auf der Bühne fast eingeschlafen“ war.

Nach dem desaströsen Auftritt von Joe Biden beim TV-Duell rumort es bei den US-Demokraten: Ist der US-Präsident der richtige Kandidat für das Amt? Oder ist er mit 81 Jahren zu alt, um noch einmal vier Jahre das mächtige Amt auszuführen?

Bislang hatte sich noch kein prominenterer Demokrat öffentlich gegen Biden gestellt. Jetzt hat sich der Erste aus der Deckung gewagt. Der texanische Kongressabgeordnete Lloyd Doggett fordert, Platz für einen anderen Kandidaten zu machen. „Anders als Trump hat sich Biden immer unserem Land verschrieben und nicht sich selbst“, zitieren US-Medien den texanischen Politiker. „Ich hoffe, er wird die schmerzhafte und schwierige Entscheidung treffen, den Rückzug anzutreten.“ Offiziell wird der Präsidentschaftskandidat erst im August gewählt.

Die ehemalige Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, attestiert Biden beim US-Sender MSNBC „Urteilsvermögen und strategisches Denken“. Die Demokratin räumt auf Nachfrage aber auch ein, dass es eine „berechtigte Frage“ sei, ob es sich bei Bidens Patzer „nur um eine Episode oder einen Zustand“ handele. Pelosi betont, es sei schwer, mit Trump zu debattieren, da der republikanische Ex-Präsident andauernd lüge.

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Biden hatte mit seinem Fernsehauftritt viele schockiert, weil er fahrig wirkte, sich oft verhaspelte und wiederholt den Faden verlor. Der New York Times erzählten Menschen aus seinem Umfeld, dass die altersbedingten Aussetzer bei Biden in letzter Zeit besorgniserregend zugenommen hätten. Auch bei den Wählern scheinen die Sorgen um Bidens Gesundheitszustand angekommen zu sein. In einer Umfrage, die Reuters veröffentlichte, sprechen sich 32 Prozent der Befragten für einen Rückzug Bidens aus.

Der Präsident äußerte sich am Dienstag (Ortszeit) auf einer Wahlkampfveranstaltung zu seinem schwachen Auftritt – und lieferte dabei eine neue Erklärung. Er führte seine Aussetzer auf einen Jetlag zurück, den er nach zwei Auslandsreisen Anfang Juni gehabt habe. Er habe sich entschieden, vor der Debatte mehrmals um die Welt zu reisen und dabei rund 100 Zeitzonen zu überqueren. „Ich habe nicht auf meine Mitarbeiter gehört und wäre auf der Bühne fast eingeschlafen“, sagte er.

Im Juni war Biden zweimal innerhalb von zwei Wochen nach Frankreich und Italien gereist. Vor der TV-Debatte verbrachte er sechs Tage in Camp David, um sich vorzubereiten. Vertreter des US-Präsidialamtes hatten Bidens schwache Leistung während der Debatte auf eine Erkältung zurückgeführt. Biden erwähnte während seines Auftritts am Dienstag keine Krankheit.

Der US-Sender CBS berichtet, Biden werde sich am Mittwoch mit demokratischen Gouverneuren verschiedener Bundesstaaten treffen, um sich deren Unterstützung zu sichern. Einem Bericht der Washington Post zufolge droht der Senator Joe Manchin nach dem TV-Duell, öffentlich mit Biden zu brechen. Manchin, der als Quertreiber bekannt ist, hat den Demokraten zwar kürzlich den Rücken gekehrt, stimmt als unabhängiger Senator aber weiterhin in vielen Fragen mit seiner früheren Partei ab. Dem Bericht zufolge änderte Manchin seinen Konfrontationskurs unter anderem auf Drängen des demokratischen Mehrheitsführers im Senat, Chuck Schumer. Die Zeitung zitiert einen nicht namentlich genannten Vertreter der Demokratischen Partei mit den Worten: „Niemand will der Erste sein, der Julius Cäsar ersticht.“

Hinweis der Redaktion: In einer vorherigen Version dieses Textes hieß es, der Demokrat Chuck Schumer sei Minderheitsführer der Demokraten im Senat. Das ist falsch. Die Demokraten haben im Senat die Mehrheit. Die Stelle wurde im Text korrigiert.

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