Süddeutsche Zeitung

US-Wahl 2020:Erster Showdown mit Joe Biden und Bernie Sanders

  • Die 20 Teilnehmer der ersten großen TV-Debatte im demokratischen Vorwahlkampf stehen fest.
  • An dem Verfahren, das Chancengleichheit herstellen soll unter den Kandidaten, gibt es schon jetzt Kritik.
  • Und auch eine Verliererin der Auslosung steht schon fest: die progressive Senatorin Elizabeth Warren.

Von Thorsten Denkler, New York

Elizabeth Warren hätte sich wahrscheinlich einen besseren Platz gewünscht, wenn sie Ende Juni neben neun anderen potentiellen Trump-Herausforderern die Debatten-Bühne in Florida betritt. Die progressive Senatorin aus Massachusetts wird nicht am 27. Juni neben den Umfrageschwergewichten Ex-Vizepräsident Joe Biden, Senator Bernie Sanders aus Vermont und dem Bürgermeister von South Bend, Pete Buttigieg, auftreten. Sondern in der ersten Runde am Tag davor - mit deutlich schwächerer Besetzung.

Es sind noch gut acht Monate bis die Demokraten im Bundestaat Iowa als erste in einer langen Reihe von Vorwahlen ihren Favoriten für die Präsidentschaftswahl 2020 bestimmen. Mit den landesweiten übertragenen TV-Debatten beginnt aber schon jetzt eine neue Phase im Vorwahlkampf. Erstmals müssen sich die Bewerber um die demokratische Präsidentschaftskandidatur im direkten Vergleich miteinander messen. Die beiden Debatten können die Umfragewerte der Kandidaten also noch ordentlich durchrütteln. Am Freitag hat die Demokratische Partei bekanntgegeben, welche der inzwischen 24 Bewerber sich für einen der 20 Bühnenplätze qualifiziert haben. Im Losverfahren wurde dann bestimmt, wer am Mittwoch und wer am Donnerstag seinen großen Auftritt hat.

Warrens Gegner werden die meisten Zuschauer wahrscheinlich erstmal googlen müssen. Das kann für sie durchaus zu einem Problem werden. In ihrer Runde ist sie mit etwa zehn Prozent Zustimmung die mit Abstand führende Persönlichkeit; und dazu die mit der wohl progressivsten Agenda. Die Moderaten im Rund werden sich vor allem an ihr abarbeiten.

Und schon jetzt ist klar: Die höheren Einschaltquoten wird der Abend danach haben, wenn es zum ersten Showdown zwischen Joe Biden und Bernie Sanders kommt, dem Umfragekönig und der Nummer zwei im Feld. Beide standen bisher noch nicht auf der gleichen Bühne.

Dann wird auch besonders offensichtlich, dass zwei alte weiße Männer das Feld anführen. Neben ihnen wird Buttigieg, der junge Überraschungskandidat im Feld, auch noch die die populäre Senatorin Kamala Harris einen Platz haben. Die ist mit 54 nicht ganz so jung wie der 37 Jahre alte Buttigieg. Aber doch deutlich jünger als Biden, 76, und Sanders, 77. Vier der fünf stärksten Kandidaten werden damit am zweiten Abend in der Arena sein.

Für diese und eine weiteres Debatten-Doppel Ende Juli hat die Demokratische Partei strenge Regeln aufgestellt. Die Kandidaten müssen in drei qualifizierten Umfragen anerkannter Institute auf mindestens ein Prozent Zustimmung kommen. Was nur knapp die Hälfte der Kandidaten geschafft hat. Oder Spenden von 65 000 Individuen gesammelt haben. Was manche auch nur so gerade hinbekommen haben.

Vier Kandidaten haben es nicht in die beiden TV-Debatten Ende Juni geschafft: der früherer Gouverneur von Montana, Steve Bullock, der frühere Senator Mike Gravel, der Kongressabgeordnete Seth Moulton und der Bürgermeister von Miramar in Florida, Wayne Messam. Hier stellt sich schon jetzt die Frage, ob sie noch bis zum Beginn der Vorwahlen durchhalten. Oder ob ihnen nicht bald schlicht das Geld ausgeht. Wahlkampf ist teuer. Und den Großteil des Geldes müssen die Kandidaten selbst zusammenbetteln. Offensichtlich erfolglose Kandidaten haben es deutlich schwerer, mit ihren Botschaften durchzudringen.

Das bekommen schon Sanders oder Warren zu spüren. Von den drei großen Nachrichtensendern CNN, Fox News und MSNBC ist Biden in diesem Jahr über 22 000 Mal erwähnt worden. Sanders nur knapp 11 000 Mal. Warren gar nur 8 000 Mal. Ein abgeschlagener Kandidat wie Wayne Messam fand mit zusammen 14 Erwähnungen praktisch nicht statt.

Für die dritte Debattenrunde im September sind die Regeln überdies deutlich schärfer: Die Kandidaten müssen dann mindestens zwei Prozent Zustimmung in den Umfragen und 130 000 unterschiedliche Spender nachweisen.

Das Verfahren soll Chancengleichheit herstellen. Früher war eher entscheidend, wie viel Geld ein Kandidat eingenommen hat, was etablierten und gut vernetzten Demokraten einen gehörigen Startvorteil gab. Jetzt geht es um die Zahl der Spender und um Umfragewerte. Ein Spender, der 20 Dollar gegeben hat wird also genauso behandelt, wie einer, der 2000 Dollar gegeben hat.

Dennoch gibt es Kritik. Weniger bekannte Kandidaten wie die Senatorin Kirstin Gillibrand aus New York, die es in die deutlich besser besetzte zweite Debatte geschafft hat, profitieren dort von den zu erwartenden höheren Einschaltquoten. Während mittelmäßige erfolgreiche Kandidaten in der ersten Runde versauern. Warren ist bekannt. Aber eben kein Zugpferd wie Biden oder Sanders. Damit werden auch die Senatorin Amy Klobuchar, Senator Cory Booker und ebene O'Rourke zu kämpfen haben, deren Kampagnen bisher nicht so richtig in Fahrt gekommen sind.

Sie alle werden in den Debatten kaum mehr als zehn Minuten zu Wort kommen. Und alle hoffen auf den einen glücklichen Moment, der ihren Beitrag zu einem viralen Schlager im Internet macht. So etwas würde sich aller Erfahrung nach sofort in höheren Spendeneinnahmen und besseren Umfragewerten niederschlagen. Und damit die Chancen wahren, am Ende doch die Bewerberin oder der Bewerber zu sein, die oder der im Sommer 2020 auf dem Nominierungsparteitag zum alleinigen Präsidentschaftskandidaten der Demokraten gekürt wird.

Ob das alles sinnvoll ist? Der Republikaner John Kasich hat Zweifel. Er war einer von 16 Bewerbern im Vorwahlkampf der Republikaner 2016. Kasich konnte nur die Parteifreunde in seinem eigenen Bundestaat Ohio hinter sich bringen. Er sagt heute: "Solche Debatte sind er dümmste Weg, um einen Präsidentschaftskandidaten zu wählen." Es gehe so gut wie nicht um Inhalte oder um Konzepte. "Am Ende wird der belohnt, der einen cleveren Kommentar abgegeben hat." Das war am Ende Donald Trump.

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