Stimmen aus der Politik:Scholz: Biden verdient „Anerkennung“

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Artikel in der „New York Times“-App: US-Präsident Joe Biden erklärt, dass er nun doch kein weiteres Mal als US-Präsident kandidieren will. (Foto: Caitlin Ochs/Reuters)

Der deutsche Bundeskanzler lobt Biden für dessen Verzicht auf die Präsidentschaftskandidatur. Von den Republikanern kommt Kritik. Donald Trump sieht sich in einem möglichen Duell mit Harris im Vorteil.

Der Rückzug von Joe Biden aus dem Rennen um die Präsidentschaft sorgt für ein großes Echo – national wie international. Viele Demokraten loben Biden für dessen Verdienste. Von den Republikanern kommt Kritik, einige fordern ihn zu einem sofortigen Rücktritt auf. Auch der deutsche Bundeskanzler äußert sich.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schreibt auf der Plattform X, Bidens Entschluss, nicht noch einmal zu kandidieren, verdiene „Anerkennung“. Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zollte Biden „tiefe Hochachtung“, CDU-Chef Friedrich Merz „größten Respekt“. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagte in einem dpa-Videointerview in Washington: „Die Nachricht von der Entscheidung Joe Bidens hat eine historische Bedeutung.“ Auch für Deutschland und Europa sei wichtig, dass das jetzt wieder „ein offenes Präsidentschaftsrennen“ sei.

Plattform X

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Moskau zeigt sich hingegen erst einmal zurückhaltend. Kremlsprecher Dmitrij Peskow erinnerte daran, dass Russlands Präsident Wladimir Putin Biden als berechenbaren Kandidaten eingestuft habe, der für Russland vorzuziehen sei. Aber: „Die Wahl ist noch vier Monate entfernt, und das ist eine lange Zeit, in der sich viel ändern kann“, sagte Peskow mit Blick auf die US-Wahl im November „Wir müssen geduldig sein und genau beobachten, was als Nächstes passiert.“

Innenpolitisch äußerten sich viele von Bidens demokratischen Wegbegleitern lobend und anerkennend. Chuck Schumer, der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, lobt Biden dafür, dass er die Partei und die Zukunft des Landes über dessen eigenes Wohl stelle. Der heutige Tag zeige, schreibt Schumer bei X, dass Biden „ein wahrer Patriot und ein großartiger Amerikaner“ sei. Schumer gehört zu jenen Demokraten, die hinter den Kulissen versuchten, Biden von einem Rückzug zu überzeugen.

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Auch Hakeem Jeffries, der den Demokraten im Repräsentantenhaus vorsitzt, hat in den vergangenen Tagen versucht, auf Biden einzuwirken. Nun schreibt er bei X, die USA seien ein besser Ort, „weil Präsident Joe Biden uns mit Intelligenz, Anmut und Würde geführt hat. Wir sind ihm auf ewig dankbar.“

Gretchen Whitmer, Gouverneurin von Michigan, lobt Biden für dessen Verdienste, vor allem im Gesundheitsbereich sowie beim Ausbau der Infrastruktur. Whitmer gehört zu den Namen, die bei den Demokraten als mögliche Nachfolger für Biden kursieren. Sie schreibt, sie werde im Wahlkampf weiterhin alles dafür tun, um Donald Trump zu stoppen.

Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien zählt ebenfalls zu den möglichen Kandidaten. Er dankt dem US-Präsidenten auf X für dessen Arbeit. Biden werde „als einer der einflussreichsten und selbstlosesten Präsidenten in die Geschichte eingehen“. Biden habe für die arbeitende Bevölkerung gekämpft und außergewöhnliche Ergebnisse erzielt.

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Auch der frühere US-Präsident Barack Obama lobt den Rückzug Bidens. Es sei sicherlich eine der schwierigsten Entscheidungen in Bidens ganzem Leben gewesen. „Aber ich weiß, dass er diese Entscheidung nicht treffen würde, wenn er nicht glauben würde, dass sie für Amerika richtig ist“, so Obama. Biden habe „wieder einmal die Interessen des amerikanischen Volkes über seine eigenen gestellt“. Biden sei ein „Patriot von höchstem Rang“. Öffentlich stellt sich Obama nicht hinter US-Vize Kamala Harris als Ersatzkandidatin. Er sagt nur: „In den kommenden Tagen werden wir uns auf unbekanntem Terrain bewegen.“

Der frühere US-Präsident Bill Clinton und dessen Ehefrau, die ehemalige US-Außenministerin und Präsidentschaftskandidatin von 2016 Hillary Clinton, sind jedoch öffentlich klar auf Harris’ Seite. „Es ist uns eine Ehre, gemeinsam mit dem Präsidenten die Vizepräsidentin Harris zu unterstützen, und wir werden alles in unserer Macht Stehende tun, um ihr zu helfen“, schreiben sie in einer Stellungnahme. Die Clintons zollen außerdem Biden ihren Respekt. Biden habe seine „außergewöhnliche Karriere“ mit einer Präsidentschaft gekrönt, „die Amerika aus einer beispiellosen Pandemie befreit, Millionen neue Arbeitsplätze geschaffen, eine angeschlagene Wirtschaft wiederaufgebaut, unsere Demokratie gestärkt und unser Ansehen in der Welt wiederhergestellt hat“.

Jill Biden, Joe Bidens Ehefrau, war in den vergangenen Wochen wohl dessen lauteste Fürsprecherin. Nach dessen desaströsem TV-Auftritt stärkte sie ihm den Rücken und galt auch hinter den Kulissen als einflussreiche Unterstützerin des US-Präsidenten. Bei Instagram teilt Jill Biden nun den Brief, in dem ihr Mann seinen Rückzug erklärt, und kommentiert ihn mit zwei Herz-Emojis.

Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump bezeichnet Biden gegenüber CNN als den „mit Abstand schlechtesten Präsidenten in der Geschichte unseres Landes“. Auch wenn Bidens Nachfolge bisher nicht geklärt ist, geht Trump davon aus, bei der Wahl gegen Vizepräsidentin Kamala Harris anzutreten. Dem Duell sieht Trump optimistisch entgegen. Harris sei leichter zu besiegen als Biden, sagt er CNN. Auf seinem sozialen Netzwerk Truth Social wird Trump deutlicher. Biden sei nicht „diensttauglich“, schreibt er dort. Er wiederholt die Lüge, dass Biden 2020 nur durch eine gefälschte Wahl ins Amt gekommen sei.

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J. D. Vance, Trumps Kandidat für die Vizepräsidentschaft, schließt aus Bidens Rückzug, dass dieser nicht fit genug sei, um weiter Präsident zu sein. „Wenn Joe Biden seinen Wiederwahlkampf beendet, wie kann er dann rechtfertigen, Präsident zu bleiben?“, fragt Vance bei X.

Auch Mike Johnson, der republikanische Sprecher im Repräsentantenhaus ruft Biden zu einem sofortigen Rücktritt auf.

Neben Bundeskanzler Scholz äußerten sich auch andere Staats- und Regierungschefs zu Bidens Rückzug – die meisten von ihnen wohlwollend und respektvoll.

Keir Starmer, der neue britische Premierminister, lobt Biden dafür, eine Entscheidung im Interesse des amerikanischen Volkes getroffen zu haben.

Israels Präsident Isaac Herzog dankt Biden in einem Post auf X für seine „Freundschaft und unerschütterliche Unterstützung für das israelische Volk“ und bezeichnet ihn als „wahren Verbündeten des jüdischen Volkes“.

Polens Premierminister Donald Tusk schreibt ebenfalls auf X, Biden habe eine schwierige Entscheidung getroffen, „dank derer Polen, Amerika und die Welt sicherer und die Demokratie stärker sind“.

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