Nach Kamala Harris am Mittwoch tritt jetzt auch Joe Biden auf, es ist inzwischen Donnerstag, zwei Tage nach der US-Wahl. Wieder ein schöner Tag im Herbst, viel zu warm für November. Der US-Präsident lädt in den Rosengarten am Weißen Haus, er muss über Amerikas kommenden Machtwechsel reden. Über eine Niederlage gegen Donald Trump, die auch seine Niederlage ist, obwohl am Ende ja seine Vizepräsidentin antrat.
Biden ist der einzige Mensch, der Trump besiegt hat, 2020 war das. Hillary Clinton 2016 und jetzt Kamala Harris 2024 haben gegen den Republikaner verloren – Harris wurde nicht nur bei den entscheidenden Wahlleuten deutlich abgehängt, sondern wohl auch bei der Gesamtzahl der landesweiten Stimmen, dem Popular Vote. Sie unterlag dem Anführer der Bewegung namens Maga, Make America Great Again, vor dem Biden die Nation und den Rest der Welt vier Jahre zuvor befreit zu haben schien.
Er nimmt nun seine Aviator-Sonnenbrille ab und geht zum Rednerpult. Biden spricht nur wenige Minuten unweit des Oval Office, das er am 20. Januar 2025 geräumt haben muss, weil dann wieder die Familie Trump aus Mar-a-Lago beziehungsweise New York einzieht. Die Leute würden ihre eigene Entscheidung über ihre Leader treffen, sagt Biden. Er hat Trump tags zuvor angerufen und ihm seine Glückwünsche übermittelt. Er werde ihm bei der Übergabe der Amtsgeschäfte seine gesamte Verwaltung zur Verfügung stellen, versichert er, der Machtwechsel geschehe „friedlich und geordnet. Das ist das, was die Amerikaner verdienen.“ Fair sei die Wahl gewesen.
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Die 40-jährige Republikanerin aus New York gilt als loyale Verbündete Trumps. Der designierte US-Präsident plant, seine Minister ohne Zustimmung des Senats einzusetzen. Mit Abschiebungen will er den Hardliner Tom Homan betrauen.
Viele Demokraten meinen, er hätte gar nicht erst kandidieren sollen
Solche Worte aus dem Mund des ja noch amtierenden Staatschefs sind immerhin beruhigend, wenn man bedenkt, dass bis vor Kurzem sogar von einem möglichen Bürgerkrieg die Rede gewesen und voller Sorge der 6. Januar 2025 erwartet worden war. Das ist der Tag, an dem vier Jahre zuvor von Trumps Wahlleugner-Fans das Kapitol überfallen wurde, mit Toten und Verletzten. Damals galt Trump als erledigt, jetzt ist er wieder da, und das mächtiger denn je.
Nicht wenige Enttäuschte unter den Landsleuten haben den Verdacht, dass dieses wahnwitzige Comeback eines Serienlügners, offenkundigen Rassisten und verurteilten Straftäters auch ein wenig in Bidens Verantwortung liegt. Direkt kann er nichts dafür, sein Name stand nicht auf dem Wahlzettel. Aber er und seine Partei haben für manchen Geschmack zu lange an seiner Kandidatur festgehalten, obwohl jeder hörte und sah, dass die Kräfte dieses 81 Jahren Mannes nachlassen.
Spätestens nach der verkorksten Fernsehdebatte mit Trump Ende Juni und folgenden Versprechern beim Nato-Gipfel war klar, dass seine Bewerbung keinen Sinn mehr macht. Biden wollte eigentlich von Anfang an nur der Übergangspräsident sein, ehe sich seine Eitelkeit durchsetzte und seine Ansicht, dass einzig und allein er Trump besiegen kann. Auch viele Demokraten meinen längst, er hätte gar nicht erst kandidieren und sich viel früher um seine Nachfolge kümmern sollen.
„Man kann sein Land nicht nur lieben, wenn man gewinnt“
Zu spät. Biden würdigt ein weiteres Mal seine Stellvertreterin Harris, die Kandidatin. Sie hatten am Mittwoch telefoniert, bevor Harris in der Howard University die Tatsache bestätigte, dass ihr Gegner Trump der gewählte Präsident ist. „Begeisternd“ sei ihr Wahlkampf gewesen, sagt Biden, sie habe „echten Charakter.“ Aber sie hatte wohl zu wenig Zeit und vor allem nicht die einfache Botschaft wie Trump.
Biden schwärmt viel von seinen wirtschaftlichen Erfolgen, aber sie kamen bei weiten Teilen der Bevölkerung nicht an. Bleiben soll sein „Kampf für die Seele Amerikas“, trotz Trumps Rückkehr. „Man kann sein Land nicht nur lieben, wenn man gewinnt“, sagt er. „Rückschläge sind unvermeidlich, aufgeben ist unverzeihlich. Wir haben diese Schlacht verloren. Das Amerika eurer Träume ruft euch auf, wieder aufzustehen“.
In gut zwei Monaten endet die Karriere von Joe Biden, geboren am 20. November 1942 in Pennsylvania und groß geworden in Delaware, derzeit wohnhaft in Washington. Nach 51 Jahren als Senator, Vizepräsident und Präsident der Vereinigten, heute so geteilten Staaten von Amerika.