US-Wahl:Bedrohliche E-Mails

President Trump Rallies His Supporters In North Carolina

US-Präsident Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung in Gastonia im Bundesstaat North Carolina. In bedrohlichen E-Mails sollen als Demokraten registrierte Wähler aufgefordert worden sein, für den Republikaner zu stimmen.

(Foto: Melissa Sue Gerrits/AFP)

Iran und Russland sollen sich Zugang zu Wählerdaten verschafft haben, um die Abstimmung zu beeinflussen. Doch wem dies nutzen könnte, ist unklar.

Von Paul-Anton Krüger, München

Iran und Russland haben sich nach US-Regierungsangaben Zugang zu Wählerdaten in den USA verschafft. Wie der Nationale Geheimdienstdirektor John Ratcliffe und FBI-Chef Christopher Wray in der Nacht zum Donnerstag mitteilten, soll Iran diese Informationen genutzt haben, um potenziellen Wählern Droh-Mails zu senden. Iran plane in den kommenden Tagen weitere Aktivitäten, um den Ausgang der Wahl zu beeinflussen. Die ungewöhnliche Veröffentlichung der Geheimdienst-Erkenntnisse zielt offenbar darauf, diese Aktivitäten zu verhindern. Konkrete Belege für die Anschuldigungen brachten Ratcliffe und Wray nicht vor.

Als Demokraten registrierte Wähler mehrerer Bundesstaaten hatten bedrohliche E-Mails erhalten, in denen sie aufgefordert wurden, für US-Präsident Donald Trump zu stimmen. Die Botschaften erweckten den Anschein, dass die rechtsradikale Gruppe Proud Boys der Absender sei. Trump hatte sich geweigert, sich von der Gruppe zu distanzieren und hatte sie in einer TV-Debatte aufgefordert, sich "bereitzuhalten".

Viele Daten aus den Wählerverzeichnissen sind zugänglich

Es gibt bislang keine Anzeichen, dass die E-Mails konkret Auswirkungen auf das Wahlverhalten der Empfänger gehabt hätten. In vielen Bundesstaaten sind die Wählerregister öffentlich zugänglich und Daten wie Namen, Adresse und Parteipräferenz abrufbar. Offenkundig wurden solche Informationen mit anderen Daten verknüpft, etwa E-Mail-Adressen aus Datenbanken, die womöglich von Kriminellen im Internet angeboten wurden.

Iran wies die Anschuldigungen zurück. Der Sprecher der Botschaft Irans bei den Vereinten Nationen in New York, Alireza Miryousefi, nannte sie absurd und "nichts mehr als ein weiteres Szenario, das Vertrauen der Wähler zu untergraben". Iran habe kein Interesse, sich in die Wahl einzumischen und auch keinen bevorzugten Ausgang.

Unter Joe Biden könnte Iran auf Sanktionserleichterungen hoffen

Tatsächlich gibt es im Regime in Teheran unterschiedliche Ansichten darüber, welcher Wahlausgang für die Islamische Republik günstiger wäre oder ob er überhaupt eine Rolle für das Verhältnis der beiden Staaten spielen wird. Allerdings hat Trumps demokratischer Herausforderer Joe Biden angekündigt, er wolle das Atomabkommen mit Iran wiederbeleben. Das könnte dem Land erhebliche Erleichterungen bei den Sanktionen bringen.

FILE PHOTO: Director of National Intelligence (DNI) John Ratcliffe arrives to brief Congressional leaders on reports that Russia paid the Taliban bounties to kill U.S. military in Afghanistan, on Capitol Hill in Washington

Der Nationale Geheimdienstdirektor John Ratcliffe hatte zusammen mit FBI-Chef Christopher Wray eilig eine Pressekonferenz einberufen, um die Anschuldigungen öffentlich zu machen.

(Foto: Leah Millis/Reuters)

Nach Einschätzung der US-Dienste wollten die Autoren aber nicht erreichen, dass Wähler tatsächlich für Trump stimmen, sondern sich über dessen vermeintliche Methoden empören, um so Unterstützung für Biden zu erreichen. Bisher und auch weiterhin halten die US-Geheimdienste jedoch eine Einmischung Russlands für die größte Gefahr. Unklar ist, ob die Daten bereits eingesetzt wurden in einem Versuch, den Wahlausgang zu beeinflussen.

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