US-Wahl:Am Ende bleibt Verwüstung

Das zweite TV-Duell wird in die Geschichte amerikanischer Politik als extrem hässlicher Moment eingehen. Trump droht den Kampf ums Weiße Haus zu verlieren. Das macht ihn umso gefährlicher.

Kommentar von Sebastian Gierke

Donald Trump wirkte während des zweiten TV-Duells einige Male wie ein trotziges Ungeheuer, ein frustrierter Godzilla, der mit durchgedrücktem Rücken seinen Blick über eine brennende Stadt schweifen lässt. Wütend und abgestumpft angesichts all der Verwüstung.

Der Republikaner sah aus, als würde er nicht verstehen, woher die Zerstörung kommt. Dass er sie verursacht hat. Gefangen in seiner Welt, einem Dschungel, in dem nur der Stärkste überlebt. Und zwar er.

Trump hätte sich nach allem, was in den vergangenen Tagen an Kritik auf ihn eingeprasselt war, zumindest bei einigen Themen demütig zeigen können. Er hätte sich bei diesem Town Hall Meeting in St. Louis auf Augenhöhe seiner möglichen Wähler begeben können. Er hätte versuchen können, zu verstehen, warum sich alle so aufregen. Doch das Gefühl absoluter Überlegenheit macht es Trump unmöglich, auf Probleme und Fehler angemessen zu reagieren.

Vor allem die Veröffentlichung eines Videos aus dem Jahr 2005 setzt ihm massiv zu. Trump würdigt Frauen darin auf unerträgliche Art herab, er behauptet, wenn man berühmt sei, könne man alles mit ihnen machen. Dutzende Republikaner revoltierten nach der Veröffentlichung gegen ihren Präsidentschaftskandidaten. Ein Vorgang, wie er in dieser Heftigkeit einmalig ist. Einige Beobachter erklärten den Kampf um das Weiße Haus daraufhin für mehr oder weniger beendet. Nur ein Wunder bei der TV-Debatte könne noch helfen.

Die Abwärtsspirale kann Trump nicht stoppen

Das Wunder blieb aus. Zwar hat Trump mit seiner Aggressivität zumindest den Absturz etwas verlangsamen können. Seine Botschaft, Clinton und das Establishment seien schuld an allen Problemen der USA, konnte er immer wieder anbringen: vom "Islamischen Staat" bis zu Wirtschaftsproblemen. Doch die Abwärtsspirale, in der seine Kampagne gefangen ist, kann er damit nicht stoppen. Dafür reicht es nicht.

So war das außergewöhnlich schäbige, außergewöhnlich persönliche zweite TV-Duell nur die logische Fortsetzung eines außergewöhnlich schäbigen Wahlkampfs. Ein neuer hässlicher Moment amerikanischer Politik. Und das lag vor allem an Trump.

Trump hätte Clinton schlagen können

Unablässig feindete er seine Kontrahentin an, zu Beginn gaben sich die beiden nicht einmal die Hand. Trump erklärte, Hillary trage "ungeheuren Hass im Herzen". Und ja, ins Gefängnis würde er sie natürlich auch stecken. (Wie die Debatte gelaufen ist, lesen Sie hier.)

Trump hätte schon vor Wochen versuchen müssen, wenigstens ein paar Gemäßigte, ein paar unentschlossene Wähler von sich zu überzeugen. Er kann nicht US-Präsident werden ohne die Stimmen von Frauen, Schwarzen und Latinos.

Dann hätte er Clinton gefährlich werden können. Auch das zeigte das TV-Duell überdeutlich. Die Demokratin hat große Schwächen, es gelingt ihr nicht, die Menschen von sich zu begeistern. Sie ist alles andere als eine gute Präsidentschaftsbewerberin. Trump hätte sie schlagen können, hätte er sein erratisches Verhalten zumindest ein wenig hin zum Staatsmännischen verändert.

Doch eine solche Veränderung ist nach diesem TV-Duell endgültig nicht mehr vorstellbar. Trump kann nicht präsidial, kann nicht zurückhaltend, kann nicht versöhnend. Der Republikaner ist dünnhäutig, reagiert auf jede Kritik grobschlächtig und rachsüchtig. Die, die nicht für ihn sind, sieht der Narzisst als Feinde. Er kann keinen Schritt auf sie zu machen.

Deshalb bleibt ihm nur eine Richtung: wütende Attacke.

So wird er in den wenigen Wochen bis zur Wahl am 8. November seine Anhängerschaft weiter anstacheln. Der Polit-Godzilla ist angeschossen und dadurch gefährlich. Waidwund schlägt er um sich, außer Kontrolle. Trump, die Verkörperung eines kranken Systems, wird auch das wenige, das Amerika noch an politischer Würde geblieben ist, einreißen.

Und am Ende? Bleibt Verwüstung. Vielleicht ist das der Nullpunkt, den die USA nötig haben. Vielleicht braucht es die Trümmerwüste, um neu anfangen zu können. Doch sicher ist das keineswegs.

Was dagegen sicher ist: Am Ende dieses Wahlkampfs wird eine schwache US-Präsidentin stehen. Hillary Clinton wird damit leben müssen, dass es nach ihrer Wahl heißt, sie hätte gesiegt, weil sie gegen diesen Trump einfach nicht verlieren konnte.

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