Folgen der US-Wahl in Nahost:Wird Trump der Friedensengel, der er gerne wäre?

Lesezeit: 3 Min.

Der Nahe Osten ist Trump so zugetan wie wenige andere Regionen der Welt. Viele Regierungen erkennen sich in seiner Art zu regieren wieder. (Foto: Evan Vucci/AP)

Der künftige US-Präsident Donald Trump bedeutet Unberechenbarkeit für den Nahen Osten. Möglich, dass er neue Kriege bringt, obwohl er das Gegenteil beteuert.

Von Bernd Dörries, Kairo

Während in Europa noch viele Staatschefs mit Entsetzen auf die neuesten Ergebnisse der US-Wahl blickten, kamen aus dem Nahen Osten schon Glückwünsche, die auf den ersten Blick recht freundlich wirkten. König Abdullah von Jordanien „freute“ sich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht offiziell gewählten künftigen Präsidenten Donald Trump. Der Emir von Katar wünschte nur „das Beste“.

Die schnellen und positiven Reaktionen kommen aus einer Region, die Trump so zugetan ist wie wenige andere auf der Welt. Das liegt wohl vor allem daran, dass die Autokraten am Golf und in Staaten wie Ägypten von Trump keine Hinweise in Sachen Menschenrechte erwarten, die doch bitte einzuhalten seien. Sie erkennen sich in Trump wieder, in seiner Art zu regieren, und hoffen darauf, dass mit ihm mehr Investitionen in die Region kommen, Demokratie hin oder her.

Anders als in seiner ersten Amtszeit wird sich Trump künftig aber auch mit dem Krieg in Gaza und anderen Konflikten befassen müssen und diese könnten durch seine Entscheidungen einen anderen Verlauf nehmen.

Der Krieg in Gaza

Trump hatte während des Wahlkampfes immer wieder deutlich gemacht, dass er Israel seine volle Unterstützung zusichert. Amtsinhaber Joe Biden kritisierte er dafür, dass dieser Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht freie Hand lasse, ihn immer wieder zur Mäßigung in Gaza aufrufe. Das lässt sich so deuten, dass der neue US-Präsident Israel bei einer militärischen Neuordnung des Nahen Ostens, bei den Kriegen in Gaza und Libanon stärker unterstützen wird.

Andererseits mag Trump keine Kriege, er sieht sich als eine Art Friedensengel des Nahen Ostens. Schon während seiner ersten Amtszeit verhandelte der die Abrahams-Verträge, mit denen sich Staaten wie Marokko und die Emirate an Israel annäherten, unter Ausklammerung der Palästinenserfrage.

„Sie müssen den Job beenden“, hat Trump im Wahlkampf immer wieder mit Blick auf Israel gesagt und von Netanjahu angeblich gefordert, den Krieg in Gaza vor seiner Amtseinführung im Januar zu stoppen. Die Frage ist, zu welchen Bedingungen? „Der designierte Präsident Trump könnte es durchaus schaffen, den Krieg im Gazastreifen zu beenden, aber der Preis, den er Bibi sofort oder in naher Zukunft anbieten wird, ist die Annexion des Westjordanlands, wodurch die Möglichkeit eines palästinensischen Staates für immer zerstört wird“, glaubt Ahmed Fouad Alkhatib vom Atlantic Council. Israels Sicherheitsminister Itamar Ben-Gvir begrüßte den Wahlsieg bereits, damit beginne die „Zeit der Souveränität, die Zeit des vollständigen Sieges“. Eine andere Möglichkeit wäre, dass Israel den Krieg formal beendet, aber weiter in Gaza bleibt, sich das Recht herausnimmt, weiterzukämpfen, allerdings in kleinerem Rahmen. Womöglich ändert sich auch gar nichts: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte in den vergangenen Monaten gezeigt, dass die USA kaum noch Einfluss mehr auf seine Politik haben. Vielleicht verfährt er mit Trump genau so.

Libanon

„Während meiner Amtszeit herrschte Frieden im Nahen Osten, und wir werden sehr bald wieder Frieden haben! Ich werde die von Kamala Harris und Joe Biden verursachten Probleme beheben und das Leid und die Zerstörung in Libanon beenden“, so sagte es Trump im Wahlkampf und fügte hinzu, dass er selbst viele Leute aus Libanon kenne. Mehr Details nannte er nicht. Der noch amtierende US-Präsident Biden hatte versucht, die Kämpfe in Libanon getrennt von denen in Gaza zu sehen, dort zu einem separaten Frieden zu kommen. Trump könnte auch das Gegenteil anstreben, die Vernichtung der Hisbollah, der Terrormiliz seines Lieblingsfeindes Iran.

Syrien

Syrien spielte schon unter Präsident Biden keine große Rolle in der US-Außenpolitik, was vor allem daran liegt, dass man nicht weiß, wie man mit Diktator Baschar al-Assad umgehen soll. Trump hat noch gar nichts dazu gesagt, wie er sich die Zukunft von Syrien vorstellt, viele Syrien-Experten rechnen aber damit, dass er die verbleibenden etwa 900 US-Soldaten und privaten Auftragnehmer abziehen könnte. Dies würde möglicherweise einen Angriff der Türkei nach sich ziehen, die der kurdischen Selbstverwaltung im Nordosten Syriens schon lange vorwirft, die Terrorgruppe PKK zu unterstützen.

Letztlich aber sind sich die meisten Experten einig, dass Voraussagen schwierig sind: Trump ist kaum berechenbar. Und die Region ist es auch nicht.

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