US-Wahl:Sieben auf einen Streich

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Donald Trump spricht Ende Oktober bei einer Wahlkampfveranstaltung in Tempe, Arizona. (Foto: Rebecca Noble/AFP)

Donald Trump gewinnt auch den letzten Swing State Arizona. Die Demokraten arbeiten derweil ihre Niederlage auf – und freuen sich über eine kleine Erfolgsmeldung.

Von Peter Burghardt, Washington

Es wird nicht besser für Kamala Harris, jetzt hat sie auch noch in Arizona verloren. Sieben sogenannte Swing States waren vor der US-Wahl ermittelt worden, überall dort schien es knapp zu werden zwischen der Vizepräsidentin und Donald Trump. Bei aller Ungewissheit über den Ausgang waren sich die meisten Beobachter einig: Es würde doch höchstwahrscheinlich dauern, bis in dem Duell um die Macht Klarheit herrscht, vielleicht Tage, vielleicht Wochen – als so umkämpft galten Pennsylvania, Michigan, Wisconsin, North Carolina, Georgia, Nevada und eben Arizona.

Stattdessen ging es ganz schnell, der frühere Präsident Donald Trump ist bereits seit dem vergangenen Mittwochmorgen auch als künftiger Präsident gewählt. Trump war schon wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale uneinholbar enteilt, und er gewann nun alle dieser vermeintlich besonders engen Rennen. Sieben auf einen Streich, das ist der entscheidende Grund für seinen Erfolg. Auch in Arizona, wo die Auszählung zuletzt noch andauerte, liegt er deutlich genug vorn und wird dort die Stimmen der elf Wahlleute bekommen. Deren 312 hat Trump insgesamt sicher, viel mehr als die mindestens nötigen 270.

Harris konnte nicht annähernd so viele Wähler mobilisieren wie Biden

Um diese Stimmen der Wahlleute, die electoral votes, geht es ja. Jeder der 50 amerikanischen Bundesstaaten sowie die Hauptstadt Washington hat eine bestimmte Zahl davon zu vergeben, in fast allen Staaten gehen jeweils alle an den jeweiligen Sieger dort. Es sieht demnach so aus, als habe Trump im Vergleich zu seiner Niederlage 2020 abgeräumt, doch das täuscht. Zwar gewinnt er als erster Republikaner seit George W. Bush 2004, der damals infolge der Terroranschläge vom 11. September 2001 gesiegt hatte, auch beim popular vote. Groß zugelegt hat der Maga-Mann bei der Summe sämtlicher Wählerstimmen allerdings gar nicht.

Mindestens 74,6 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner haben für ihn gestimmt, das sind unwesentlich mehr als die 74,2 Millionen vor vier Jahren. Weshalb also dieser Triumph? Weil Kamala Harris nur ungefähr 71 Millionen Stimmen eingesammelt hat, gut zehn Millionen weniger als beim vergangenen Mal Joe Biden. Harris konnte offenkundig nicht annähernd so viele Wahlberechtigte mobilisieren, wie damals Biden gegen Trump – in Arizona zum Beispiel setzte sich Biden seinerzeit mit wenig mehr als 10 000 Stimmen Abstand durch, als erster Demokrat seit 1996, und ähnlich in Georgia und Wisconsin.

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Gleichzeitig steht Harris’ Partei nicht ganz so übel da wie nach dem ersten Schock vermutet, selbst aus Arizona gibt es eine Erfolgsmeldung. In dem Bundesstaat im Südwesten an der Grenze zu Mexiko wird der demokratische Kandidat Ruben Gallego Senator, er bezwingt die republikanische Trump-Verehrerin Kari Lake. Gallego überzeugte demnach anders als Harris auch die vielen Latinos in der Gegend um Phoenix und Tucson, wo das Thema Zuwanderung besonders diskutiert wird.

Hätte Biden seine Kandidatur früher beenden müssen?

Ihre Mehrheit im Senat sind die Demokraten dennoch los. Dafür ist der Kampf um das Repräsentantenhaus noch nicht entschieden. Bislang haben die Republikaner dort nur acht Leute mehr als ihre Gegner links, viel klarer dürfte es diesmal nicht werden. Auch mehrere demokratische Bewerber für Abgeordnetenposten schneiden besser ab als Kamala Harris, das gibt den Strategen zu denken.

Kaliforniens ehemalige Generalstaatsanwältin und Senatorin war als Bidens Stellvertreterin unauffällig und machte nach seinem späten Rückzug als Kandidat einen schnellen, guten Wahlkampf. Trotzdem konnten sich sehr viel weniger Wählerinnen und Wähler auf sie verständigen als auf Biden. Auch lag die mehrheitliche Ablehnung keineswegs daran, dass das von ihr offensiv vertretene Thema Abtreibung zu kurz kam: In zehn Bundesstaaten wurde über regionale Regeln beim Schwangerschaftsabbruch befunden, in sieben davon trafen liberale Regeln auf Zustimmung, darunter in Arizona und Nevada.

Das alles erweitert natürlich die Debatte über die Frage, warum es Kamala Harris nicht geschafft hat. Mehrere Bundesstaaten werden wie gehabt von den Demokraten regiert, ihre Gouverneurinnen und Gouverneure wie Gretchen Whitmer in Michigan oder Gavin Newsom in Kalifornien bereiten sich in ihren Refugien gerade auf die nächste Ära Trump vor. Aber sogar im ebenfalls demokratisch beherrschten New York, wo der New Yorker Trump besonders unbeliebt ist, schnitt Harris schlechter ab als alle Demokraten seit 1992.

Besonders diskutiert wird die Frage, ob Biden seine Kandidatur rascher hätte beenden müssen oder gar nicht erst hätte ankündigen dürfen, er gab erst Ende Juli auf. „Wäre der Präsident früher ausgestiegen, wären vielleicht andere Kandidaten ins Rennen gegangen“, sagte Nancy Pelosi in einem Podcast der New York Times. Der mächtigen Demokratin wäre eine offene Vorwahl lieber gewesen.

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