US-Vorwahlkampf:Trump übertrifft in New York alle Erwartungen

Nach seinem 60-Prozent-Heimsieg ist Donald Trump wieder klarer Favorit der Republikaner. Der Milliardär scheint bereit, sich zu ändern - um die nötige Mehrheit der Delegierten gewinnen zu können.

Analyse von Matthias Kolb, Washington

Es ist nicht besonders kreativ, Frank Sinatras "New York, New York" im Trump Tower aufzulegen. Donald Trump kann das egal sein: Er hat die Vorwahl in New York gewonnen, mit mehr als 60 Prozent der Stimmen. Die Zeile "If I can make it there, I'm gonna make it anywhere" wird Trump gefallen, der 1946 in Queens geboren wurde und nach bitteren Niederlagen ein bemerkenswertes Comeback feiert.

Strahlend steht Trump mit seiner Familie auf der Bühne und preist die New Yorker: "Die Leute, die mich am besten kennen, haben mich am besten unterstützt." Mit diesem Erfolg sei der texanische Senator Ted Cruz "mathematisch ausgeschieden", sagt der sichtlich stolze Immobilien-Milliardär. Weil Trump fast alle der 95 Delegierten einsammeln wird, kann einzig er die nötige Mehrheit für den Parteitag in Cleveland noch erreichen.

An diesem Abend gibt sich Trump, der das Angeben sonst selten lassen kann, demütig und wirkt dabei fast langweilig. Während er Mitte März in Florida seine Steaks präsentierte und eine halbstündige Pressekonferenz gab, redet er nun nur knappe acht Minuten. Er klagt ein wenig über den "unehrlichen" Auswahlprozess der Republikaner, doch verspricht ansonsten, dafür zu sorgen, dass es mit der US-Wirtschaft wieder vorangeht.

Anderer Ton, professionellere Berater

Schon seit zwei Wochen präsentiert sich Trump für seine Verhältnisse deutlich gemäßigter und folgt damit doch noch dem Rat von Tochter Ivana und Ehefrau Melania. Abgesehen von "Lügner Ted" Cruz beleidigt er momentan niemanden. Er meldet sich nicht mehr sonntags in allen TV-Talkshows zu Wort, das resultiert in weniger Skandalen. Er verwendet Notizen und redet bei Auftritten mehr über die "desaströsen Freihandel-Deals", die Millionen Industriejobs vernichtet hätten.

Das Versprechen von Amerikas Rückkehr "zu alter Größe" stand schon am Anfang seines Erfolgs. Berater streuen jetzt, dass Trump bald mit Reden zur Außenpolitik zeigen will, dass er sich auch in Details einarbeiten kann. Aufschlussreich ist auch seine neue Personalpolitik: Er hat mit Paul Manafort und Rick Wiley (arbeitete zuletzt für Scott Walker) zwei erfahrene Wahlkampf-Strategen angeheuert und damit seinen Intimus Corey Lewandowski entmachtet. Loyalität ist eigentlich wichtig für Trump - aber offensichtlich nicht so wichtig wie ein Sieg beim Parteitag in Cleveland.

Mit dem neuen "Momentum" scheint es nicht ausgeschlossen, dass der Milliardär die magische Zahl von 1237 Delegierten doch noch rechtzeitig erreicht. Zwei Dinge könnten dazu beitragen: Es gibt keine weiteren TV-Debatten mehr (Trump wird sie boykottieren, da er auch so genug mediale Aufmerksamkeit erhält), und Ohios Gouverneur John Kasich und der Texaner Ted Cruz spalten weiter das Anti-Trump-Lager, kooperieren nicht.

Wie es weitergeht und worauf Donald Trump und seine Fans hoffen

April: Problem Pennsylvania

Kommenden Dienstag stimmen die Wähler in den Ostküstenstaaten Maryland, Rhode Island, Delaware, Connecticut und Pennsylvania ab und vergeben 172 Delegierte. In allen Staaten liegt der 69-Jährige vorn und dürfte seinen Vorsprung weiter ausbauen. Problematisch ist nur Pennsylvania - nicht etwa, weil seine Botschaft "Ich sage, was ich denke und bin gegen das Establishment" hier nicht ankommen würde.

Pennsylvania hat vielmehr eine besondere Art, die Delegierten zu vergeben. Der Sieger erhält nur 17 der 71 Vertreter, während die übrigen 54 Delegierten nicht an das Votum gebunden sind. Hier dürfte sich zeigen, ob Trumps neue Berater effizient arbeiten, während ihr Chef vor den Kameras weiter über die "korrupte Kandidatenkür" schimpft.

Mai: Alle Augen auf Indiana

Im kommenden Monat werden 199 der 2472 Delegierten vergeben. West Virginia (10. Mai) hat ein ähnlich undurchschaubares Vergabesystem wie Pennsylvania, Kasich und Cruz dürften viele Delegierte einsammeln. Der Texaner wird wahrscheinlich im konservativen Nebraska gut abschneiden; in Washington und Oregon entscheiden Wahlversammlungen. Fazit: Trump wird hier keinen entscheidenden Vorsprung erreichen.

Umso wichtiger die Vorwahl am 3. Mai in Indiana: Hier sammelt der Gesamtsieger 30 Delegierte und kann in neun Wahlbezirken bis zu 27 weitere Unterstützer einsammeln. Nate Cohn, der smarte Statistiker von The Upshot, hält Indiana gar für die wichtigste aller Vorwahlen für Donald Trump.

Juni: Entscheidung in Kalifornien

Am 7. Juni ist Indiana längst vergessen: In den letzten fünf primaries vergeben die Wähler in Kalifornien und vier anderen Staaten 303 Delegierte. In New Jersey, South Dakota und Montana hat Trump gute Siegchancen - und bekäme wegen des "Winner-takes-it-all"-Prinzips alle Vertreter. Wenn der Milliardär in New Mexico verliert, dann muss er in Kalifornien (172 delegates) gut abschneiden, um es über die 1237-Delegierten-Hürde zu schaffen. Hier entscheidet jeder der 53 Wahlbezirke. Kalifornien wird zur Prüfung, ob Trumps Wahlkampforganisation wirklich professioneller geworden ist.

Donald Trump hat noch immer eine realistische Chance, beim Parteitag Mitte Juli in Cleveland im ersten Wahlgang gewählt zu werden. Dafür braucht er Glück und Disziplin. Glück hatte er in den vergangenen zehn Monaten häufiger; dass er die nötige Disziplin - und Gelassenheit - länger als ein paar Tage aufbringt, muss Trump noch beweisen.

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