Süddeutsche Zeitung

US-Vorwahl:Wie die Republikaner Trump verhindern wollen

Die konservative Elite versucht, das Sieger-Image des Präsidentschaftsbewerbers zu zerstören - mit einem Werbespot und sechs Argumenten.

Von Matthias Kolb, Washington

Lange galt der 1. März als wichtigster Tag des US-Vorwahlkampfs. Der Super Tuesday, an dem die meisten Delegierten auf einmal vergeben werden, ist nun vorbei. Donald Trump hat bei den Republikanern seine Favoritenrolle zementiert. Das Entsetzen in der Elite der konservativen Partei ist groß - und es wird immer deutlicher, wie versucht werden soll, eine Kandidatur des Milliardärs zu verhindern.

Das Datum, auf das nun alle starren, ist der 15. März: Dann wird unter anderem in Florida und Ohio gewählt. Dies ist bedeutsam, weil dies die Heimatstaaten von Senator Marco Rubio und Gouverneur John Kasich sind - und der jeweilige Sieger nach dem "winner takes all"-Prinzip 99 beziehungsweise 66 Delegierte erhält. Trump hat momentan 319 Delegierte - bis zur magischen Zahl von 1237 Unterstützern ist es noch weit.

Sieben Millionen Dollar für einen Anti-Trump-Werbespot

Wie die New York Times berichtet, ist dies nun das oberste Ziel der konservativen Strippenzieher: Trump darf nicht mit einer Mehrheit nach Cleveland zum Parteitag reisen. Dann würde er im ersten Wahlgang nicht gewählt werden und irgendwie könnte jemand anders zum Herausforderer von - wahrscheinlich - Hillary Clinton aufsteigen. Wer dies sein sollte, ist offen - aber immerhin wird nun deutlich, welche Schwachstellen aus dem Leben von Donald Trump die Wähler abschrecken sollen.

In Florida werden konservative Gruppen bis zu sieben Millionen Dollar ausgeben, um etwa diesen Werbespot mit dem sprechenden Titel "Unelectable" auszustrahlen.

Der 69-jährige Trump sei aus vielen Gründen "unwählbar" und werde am 8. November keine Chancen gegen den Kandidaten der Demokraten haben. In der letzten TV-Debatte in Houston waren Ted Cruz und Marco Rubio Trump bereits hart angegangen und sie werden ähnliche Argumente wiederholen, wenn sich die vier verbliebenen Kandidaten (Ben Carson ist nicht mehr dabei) heute Nacht in Detroit treffen. Sie werden vor allem sechs Argumente vorbringen.

  • Betrug an der Trump University: Dass es der Milliardär liebt, alle möglichen Dinge mit seinem Namen in Verbindung zu bringen, ist bekannt. Von 2005 bis 2011 betrieb er eine Fernuni mit dem Namen "Trump University". Bereits 2013 hat New Yorks Staatsanwalt Anklage erhoben, weil der Milliardär "durchgehend betrügerisch, illegal und täuschend" agiert habe. Mehr als 5000 Studenten seien um insgesamt mehr als 40 Millionen Dollar (36,8 Millionen Euro) betrogen worden.
  • Einsatz von illegalen Flüchtlingen auf seinen Baustellen: Als The Donald den "Trump Tower" zwischen 1978 und 1980 bauen ließ, setzte er die "polnische Brigade" ein - 200 illegale Einwanderer aus Polen, die sieben Tage pro Woche für vier bis fünf Dollar pro Stunde arbeiteten. Trump wurde später verklagt, weil dadurch zu wenig Geld in den Pensionsfonds der Gewerkschaft eingezahlt worden sei. Er bezahlte eine unbekannte Summe und behauptet seither, dass ihm nichts Illegales nachgewiesen wurde (Details bei Politifact). Auch wenn die Details unklar sind: Es ist nicht sehr glaubwürdig, sich als Verteidiger der amerikanischen Arbeiterklasse zu inszenieren, wenn man selbst aus Kostengründen ausländische Schwarzarbeiter angeheuert hat.
  • Zu große Nähe zu Rassisten und "white supremacists": Das CNN-Interview, in dem Trump sich weigert, sich eindeutig vom Ku-Klux-Klan zu distanzieren, ist - rein aus politischem Kalkül - großartiges Material für die Demokraten und alle Trump-Gegner. Gepaart mit Trumps beleidigenden Aussagen über Mexikaner ("Vergewaltiger") soll hier die klare Botschaft vermittelt werden: Dieser Mann ist gefährlich und unamerikanisch - und die überwältigende Mehrheit der Latinos und Afroamerikaner wird gegen ihn stimmen, weil sie ihn als Anhänger der "weißen Vorherrschaft" empfinden.
  • Kratzen am Image des erfolgreichen Unternehmers: Trump betont gern, dass er kein Politiker sei, sondern super erfolgreich. Außerdem brüstet er sich damit, viele Jobs geschaffen zu haben. "Ich bin der Einzige auf der Bühne, der Leute eingestellt hat", sagte er in der letzten TV-Debatte, um Marco Rubio eins mitzugeben. Dieser hatte das Publikum daran erinnert, dass Trump viel geerbt habe und vier Mal mit seinen Firmen Insolvenz angemeldet habe. Viele Projekte (Trump Vodka!) seien außerdem gescheitert. Diese Argumente werden ständig wiederholt, um klarzumachen, dass Trump längst nicht so geschäftstüchtig sei wie er es gern darstellt.
  • Ausländische Arbeiter in Trumps Club in Florida: Gerade für Floridas Senator Marco Rubio ist eine Recherche der New York Times besonders wertvoll: Demnach beschäftigt Trump in seinem noblen "Mar a Lago"-Club in Palm Beach (hier fand seine Pressekonferenz mit dem bemitleidenswerten Chris Christie statt) vor allem ausländische Saisonarbeiter, etwa aus Rumänien. Nur 17 von 300 US-Amerikanern, die sich um einen Job beworben hatten, wurden eingestellt. Keine gute Quote für jemanden, der im Wahlkampf darüber klagt, dass US-Amerikaner "nicht mehr gewinnen" und nicht genug verdienen.
  • Unterstützung für Abtreibung: Vor allem Ted Cruz wiederholt ständig, dass Trump eigentlich gar nicht konservativ sei - etwa weil er den Staat nicht zusammenschrumpfen, Israel nicht zu 100 Prozent unterstützen oder armen Amerikanern nicht die staatliche Krankenversicherung vorenthalten will. Cruz erinnert immer wieder - auch in eigenen Werbeclips - an ein Interview Trumps aus dem Jahr 1999, in dem er sich als "very pro-choice" bezeichnet - also das Recht von Frauen auf Abtreibung verteidigt.

Viele dieser Interview-Aussagen, Gerichtsprozesse und gescheiterten Geschäftsprojekte sind seit Jahren bekannt und durch eine einfache Internet-Recherche zu finden, doch bis vor einer Woche scheuten sich viele Republikaner davor, Trump direkt damit zu konfrontieren.

Ob diese Attacken nun Wirkung zeigen werden, ist ebenso offen wie die Reaktion des 69-Jährigen. Eines scheint aber klar: Donald Trump wird sicher kontern und sich nicht einfach so geschlagen geben.

Lesen Sie hier die Seite 3 von Nico Richter zur gegenwärtigen Panik bei den Republikanern über eine mögliche Kandidatur Trumps - exklusiv mit SZ Plus.

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