US-Vorwahl:Republikaner-Kandidaten geben Kampf gegen Trump auf

  • Donald Trump wird in der Fernsehdebatte der Republikaner kaum wirklich angegriffen.
  • Der ehemalige Kandidat Ben Carson wird zur Wahl von Trump aufrufen - ein weiterer Rückschlag für die Konkurrenz.
  • Für Marco Rubio ist die Wahl in Florida die letzte Chance, er redet wieder mehr über Außenpolitik.

Von Matthias Kolb, Washington

Fünf Tage vor den womöglich alles entscheidenden Vorwahlen in Florida und Ohio haben sich die drei Konkurrenten von Donald Trump offenbar damit abgefunden, dass der Immobilien-Milliardär nicht mehr zu stoppen ist. Sollten die Umfragen korrekt sein und er einen oder gar beide Staaten gewinnen, dann wird Trump als Kandidat der Republikaner ins Rennen um das Weiße Haus gehen.

Verglichen mit der letzten TV-Debatte wird an diesem Abend nur wenig gebrüllt und beleidigt, sondern relativ viel über echte Themen geredet. Dass Donald Trump keine Details nennen will (oder kann), haben scheinbar alle akzeptiert und sind äußerst tolerant. Bezeichnend ist dieser Satz von Marco Rubio: "Der Vorschlag von Donald ist anti-israelisch. Ich weiß nicht, ob ihm das bewusst ist und vielleicht ist das gar nicht seine Absicht, aber diese Politik wäre anti-israelisch."

Wirklich zur Ruhe kommen die Republikaner aber deswegen noch lange nicht. Wenige Stunden vor der 12. TV-Debatte in Miami beherrschen zwei Themen die Diskussionen: Ex-Kandidat Ben Carson wird am Freitag zur Wahl von Donald Trump aufrufen. Weil sich Carson bei der Basis weiterhin großer Beliebtheit erfreut, ist dies ein Rückschlag für Ted Cruz, John Kasich und Marco Rubio.

Noch mehr wird über einen schockierenden Vorfall bei einer Trump-Veranstaltung geredet: In North Carolina hatte ein weißer Anhänger des Immobilien-Milliardärs einem jungen schwarzen Protestierer den Ellbogen ins Gesicht geschlagen (mehr in diesem SZ.de-Text).

Es dauert lange 92 Minuten, bis CNN-Moderator Jake Tapper Trump auffordert, die Reaktion von Hillary Clinton zu kommentieren. Die Demokratin hatte den Vorfall "verstörend" genannt und Trump daran erinnert, dass dieser für den Tonfall seines Wahlkampfs verantwortlich sei. "Ich hoffe, dass ich nichts dazu beigetragen habe", meint Trump. Zu seinen Events würden Tausende Leute kommen, die "wütend" seien über den Zustand des Landes.

Trump attackiert Medien - und verteidigt Polizisten

Tapper hakt nach und konfrontiert den Milliardär etwa mit dessen Aussage vom 22. Februar, wonach er gern einem Störer "ins Gesicht schlagen" wolle. Trump reagiert nicht darauf, sondern lobt die Polizisten, die seine Veranstaltungen schützen würde und denen überhaupt viel zu wenig gedankt werde. Es folgt eine Anklage gegen die "Mainstream-Medien", die Bilder manipulieren würden, um Ähnlichkeiten zwischen Nazi-Aufmärschen und seinen Events zu konstruieren.

Seine Rivalen kritisieren Trump in dieser Causa nicht: Ted Cruz sieht vielmehr den Schuldigen in Barack Obama. Der Präsident handle wie ein Kaiser und stelle sich über die Gesetze: "Washington hört den Menschen nicht zu. Dies wird sich ändern, wenn ich die linke Hand auf die Bibel lege und den Amtseid ablege." Auch Marco Rubio stellt sich vielmehr hinter die Polizeibeamten (wieso viele konservative Amerikaner an einen "War on Cops", einen "Krieg gegen die Polizisten" glauben, lesen Sie hier).

Für Donald Trump läuft der Abend relativ gut. Er muss nichts riskieren, kann ein wenig die Rolle des Staatsmanns üben und sich dafür loben, Hunderttausende US-Bürger in den politischen Prozess zurück zu bringen, die jahrzehntelang nicht gewählt hätten. Sein Kommentar, der nach 34 Minuten fällt, bilanziert diese TV-Debatte treffend: "Ich kann nicht glauben, wie zivilisiert es zugeht."

Der Milliardär verkündet selbstbewusst, dass er mit einer Mehrheit der Delegierten zum Parteitag fahren und dann Clinton besiegen werde: "Ich habe noch nicht begonnen, sie zu attackieren." Wie zuvor nennt Trump keine Details und bringt in Sachen Kuba-Politik und Iran-Nuklearabkommen sein klassisches Argument: Ein klügerer Präsident (also er selbst) könnte viel bessere Deals erzielen, die den USA nutzen würden. Als Beleg für die Behauptung, "Israels bester Verbündeter" zu sein, führt er an, als Großmarschall bei der "Israel Day Parade" mitmarschiert zu sein.

Marco Rubio kämpft sich zurück - und leugnet den Klimawandel

Kein Kandidat steht mehr unter Druck als Marco Rubio. Wenn der Senator am Dienstag nicht in seiner Heimat Florida siegt und auf einen Schlag 99 Delegierte einsammelt, dann kann er seine Kandidatur kaum mehr rechtfertigen. Nach seinen desaströsen Ergebnissen hat Rubio aufgehört, sich auf das vulgäre Niveau von Trump inklusive Anspielungen auf dessen Manneskraft herabzulassen und redet wieder mehr über Außenpolitik.

Dass er den Klimawandel leugnet, ist traurige Realität im republikanischen Wahlkampf. Ansonsten kann Rubio in der zweiten Stunde an alte Stärke anknüpfen. Er kritisiert Trump lediglich für dessen jüngste Kommentare über Muslime ("Ich denke, der Islam hasst uns"). Es gehe nicht darum, "politisch korrekt" zu sein: "Ich will das Richtige tun. Ohne die Hilfe muslimischer Staaten können wir den IS nicht besiegen."

Dass er Trump weiterhin als unqualifiziert für das Präsidentenamt hält, sagt Rubio nicht auf der Bühne vor Millionenpublikum - sondern kurz vor Mitternacht im Interview. Die harsche Kritik an Obamas anstehendem Havanna-Besuch verwundert nicht: Rubio braucht die Stimmen der kubanischstämmigen Wähler.

Weil die Debatte in Miami stattfindet, betont Ted Cruz, dass sein kubanischer Vater in Florida "das Land der Freien" betreten habe. Der Senator aus Texas gibt überzeugend die Rolle des prinzipientreuen Hardliners: "Hillary Clinton glaubt, dass einzelne Beamten und Bürokraten das Problem sind. Dabei ist doch die Regierung an sich das Problem." Minimale Steuern, keine Regulierung, starkes Militär: Cruz wirbt für die reine konservative Lehre.

Was er an Trump kritisiert? Dieser habe 2004 nicht für die Wiederwahl von George W. Bush geworben, sondern John Kerry unterstützt. Cruz erinnert an Trumps Spenden für Hillary Clinton und hält ihm vor, die Demokratin "eine großartige Außenministerin" genannt zu haben.

Auch Hillary Clinton bereitet sich auf Kandidat Trump vor

All das wirkt sehr routiniert und pflichtbewusst. John Kasich, der als Gouverneur aus Ohio darum kämpft, seinen Heimatstaat nicht gegen Trump zu verlieren, hält sich seit Wochen mit Attacken auf den Milliardär zurück. Auch an diesem Abend wirbt er für Optimismus und Selbstvertrauen, verteidigt den Freihandel und sagt, dass die Republikaner zum Wohle des Landes mit den Demokraten zusammenarbeiten müssen.

Und auch Hillary Clinton, die trotz des jüngsten Überraschungssiegs von Bernie Sanders die besten Chancen auf die Kandidatur bei den Demokraten hat, konzentriert sich schon seit einer Weile auf das Duell mit jenem Mann, dessen dritte Hochzeit sie besuchte. Fast alle Tweets, die sie und ihr Team während der TV-Debatte posteten, kritisierten und verspotteten Donald Trump.

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