Romney gewinnt Vorwahl der US-Republikaner in Florida:"Treten Sie zur Seite, Mister Obama!"

Lesezeit: 4 Min.

46 Prozent für den Favoriten des Establishments: Mitt Romney präsentiert sich nach seinem klaren Sieg bei der Vorwahl der Republikaner in Florida staatsmännisch mit Familie und Fans. Er wirbt um Geschlossenheit in seiner Partei, um Barack Obama schlagen zu können. Die Zeit des US-Präsidenten sei abgelaufen. Doch Romneys Verfolger Newt Gingrich macht nicht den Eindruck, die Schmutzkampagne beenden zu wollen - im Gegenteil.

Matthias Kolb, Tampa

Den Ort für die Siegesfeier hatten die Berater von Mitt Romney mit Bedacht gewählt. Im Tampa Convention Center, einem ebenso riesigen wie hässlichen Tagungszentrum, findet Ende August der Parteitag der Republikaner statt, auf dem die 2286 Delegierten den Herausforderer für Barack Obama küren werden. Die symbolische Aussage war klar: Die Krönungsmesse sollte nach einem Sieg im swing state Florida schon sieben Monate vorher geprobt werden.

Das Kalkül ging auf: Der 64-jährige Mitt Romney deklassierte mit 46 Prozent der Stimmen seinen schärfsten Verfolger Newt Gingrich, der zehn Tage nach seinem Überraschungserfolg in South Carolina nur auf 31 Prozent kam. Das einzig Überraschende am Sieg des früheren Gouverneurs von Massachusetts war dessen Deutlichkeit. Der New York Times zufolge wird Romney künftig vom Secret Service beschützt, der auch für die Sicherheit des Präsidenten zuständig ist - als einziger Kandidat der Republikaner.

Die meist elegant gekleideten Romney-Anhänger konnten sich ausgiebig auf den Auftritt ihres Hoffnungsträgers vorbereiten. Da die Wahllokale in einigen Stimmbezirken eine Stunde länger geöffnet waren als in den meisten Regionen, begannen die Fernsehstationen früh mit den Hochrechnungen - und der Sieg des Favoriten des Partei-Establishments war nie in Gefahr.

Um sich die Wartezeit zu vertreiben, gab Ann Romney dem Sender CNN ein Interview, in dem sie ihren Ehemann für seine Fähigkeit pries, schwierige Situationen zu lösen. "Er hat die Olympischen Spiele in Utah gerettet und in Massachusetts den Haushalt saniert", schwärmte sie. Wenn es nach ihr gehe, so Ann Romney, sollte der parteiinterne Wahlkampf nicht so schmutzig geführt werden, doch "Politik ist eben so", seufzte sie.

Ehefrau Ann als Geheimwaffe

Die Plauderei mit dem Nachrichtensender sollte nur eine Generalprobe werden für den eigentlichen Auftritt der Ann Romney. Eine knappe halbe Stunde nach der Schließung der Wahllokale übernahm die 61-Jährige vor dem jubelnden Publikum, das begeistert Amerika-Fähnchen schwenkte und "Mitt, Mitt" skandierte, die Rolle des Conferenciers. Mit vier ihrer fünf Söhne und deren Partnerinnen stand sie in einer roten Bluse vor den Anhängern ihres Mannes und dankte den zahlreichen Helfern im Publikum für ihr Engagement.

Spätestens jetzt wurde klar, dass Mitt Romneys Erfolg bei verheirateten Wählerinnen - hier erhielt er 51 Prozent der Stimmen - auch an seinem teenage sweetheart liegt, mit dem er seit 42 Jahren verheiratet ist. Nach drei Minuten holte sie Mitt Romney ans Mikrofon: "Lasst mich meinen Mann vorstellen, den Vater meiner fünf Söhne, den Großvater meiner 16 Enkel - und den nächsten Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika."

Romney gratulierte den "drei Herren, die noch im Rennen sind" zu ihren Ergebnissen. Die Demokraten sollten nicht denken, die hart geführte Kampagne schwäche die Grand Old Party. "Die Debatten, die nun geführt werden, bereiten uns auf den Sieg vor", rief der 64-Jährige. In sieben Monaten, bei der Convention, werde die Partei geeint sein und Obama herausfordern.

In den nächsten Minuten präsentierte sich der strahlende Wahlsieger als Gegenentwurf zu Obama. Seit 35 Monaten liege die Arbeitslosigkeit über acht Prozent und die Amerikaner seien verunsichert: "Ich habe hier in Florida Rentner getroffen, die sich Sorgen um ihren Lebensabend machen und Hispanics, die fürchten, dass der amerikanische Traum vom Wohlstand durch harte Arbeit nicht mehr möglich sei."

Romney warnte seine Zuhörer vor einem Wahlsieg des Demokraten: Obama wolle das Land so transformieren, dass die Bürger es nicht mehr wiedererkennen. Er hingegen wolle dafür sorgen, dass Amerika weiter die Hoffnung der Welt bleibe. "Ich will, dass Hoffnung für alle Bürger bedeutet, einen Job mit einem Gehaltsscheck zu haben und nicht ein Wort auf einem verblichenen Sticker an der Stoßstange", gab sich der Multimillionär bürgernah.

Obama warf er vor, die Finanzkrise als Ausrede für sein Versagen anzuführen. "Ein amerikanischer Präsident entschuldigt sich nicht, er führt", polterte Romney, der oft von "leadership" sprach. "Ich stehe bereit, um die Partei und unsere Nation zu führen", rief er unter dem Applaus seiner Anhänger. An Obama gerichtet fügte er hinzu: "Jetzt ist es Zeit für Sie, zur Seite zu treten." Wie so oft in den letzten Wochen pries sich Romney als Außenseiter in Washingtoner Machtzirkeln und betonte seine Erfahrung in der Privatwirtschaft, die ihm helfen werde, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen und so "Amerikas Seele" zu retten.

Das übliche Europa-Bashing konnte sich Romney trotz seines staatsmännischen Auftretens nicht verkneifen: "Das Weiße Haus sollte wieder für das Beste stehen, was dieses Land zu bieten hat - und nicht für all das Schlechte, zu dem Europa geworden ist." Er werbe um die Stimmen jener Amerikaner, die nach drei Obama-Jahren keine Versprechen mehr hören wollten, sondern sich jeden Tag anstrengten, um voranzukommen. Mit den Worten "Let's fight for the America we love. Believe in America" endete Romneys Rede und es begann ein minutenlanges Händeschütteln.

Doch noch während sich der Wahlsieger von Handykameras fotografieren ließ und Autogramme gab, schlugen die verbliebenen Bewerber das Angebot, sich in den Dienst der Partei zu stellen, innerhalb von Minuten aus. Der kauzige Ron Paul verfügt über eine breite Basis an Anhängern und ihm geht es vor allem darum, möglichst öffentlichkeitswirksam für seine marktradikalen Überzeugungen zu werben.

Rick Santorum, der in Florida 13 Prozent der Stimmen erhielt und bereits in Nevada um Stimmen wirbt, präsentierte sich als "der einzige wählbare konservative Kandidat". Er gehe optimistisch in die kommenden Wochen, sagte der Liebling vieler Evangelikaler: Allein an diesem Tag habe er 200.000 Dollar an Spenden über das Internet bekommen und da Newt Gingrich den Schwung von South Carolina verloren habe, würden sich die wertkonservativen Wähler nach Alternativen umsehen.

"Die Macht des Volkes wird die Macht des Geldes besiegen"

Und was sagte Newt Gingrich, der eindeutige Verlierer des Abends? Er denke gar nicht ans Aufgeben, dröhnte der 68-Jährige und erklärte in Orlando vor halbleeren Rängen seine Sicht der Welt. Die Wähler von Florida hätten entschieden, dass Amerika in den kommenden Wochen einen Zweikampf zwischen "dem konservativen Anführer Newt Gingrich und Mitt Romney, dem Moderaten aus Massachusetts" sehen werde.

Seine neben ihm platzierten Fans trugen Schilder mit der Aufschrift "46 States to go". Er habe diese für die Elite-Medien vorbereiten lassen, die ihn schon mehrmals für chancenlos und gescheitert erklärt hätten, ätzte der frühere Sprecher des Repräsentantenhauses unter dem Jubel seiner Getreuen. "Wir werden zurückkommen, wie wir es in South Carolina getan haben", rief Gingrich.

Der Weg zur Nominierung Ende August in Tampa sei leicht, erklärte er. Der Multimillionär Romney verfüge zwar über mehr Geld, doch er und seine Anhänger hätten die besseren Ideen: "Die Macht des Volkes wird die Macht des Geldes besiegen", rief Gingrich, bevor er am gleichen Abend nach Nevada weiterreiste, wo an diesem Samstag eine Vorwahl stattfindet.

Das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur wird also noch ein paar Wochen weitergehen, bis sich einer der vier Bewerber an die staatsmännischen Appelle von Mitt Romney erinnert - und bis die Republikaner ihre Kräfte bündeln, um Barack Obama stärker in die Enge zu treiben. Denn der US-Präsident ist auch einer der Wahlsieger von Florida.

© Süddeutsche.de/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: