Süddeutsche Zeitung

US-Vorwahl:08/15-Attacken können Donald Trump nicht stoppen

Lesezeit: 2 min

Analyse von Matthias Kolb, Columbia

Alle vier Jahre wählen die USA einen neuen Präsidenten und alle vier Jahre gibt es neue Herausforderungen. 2016 muss jeder Kandidat stundenlang für Selfies posieren und alle tüfteln, wie sie Snapchat am besten einsetzen.

Dass sich die Bewerber gefühlt alle drei Tage zu TV-Debatten treffen, ist nicht neu - doch in diesem Jahr versuchen alle, die Redeschlachten in GIFs zu bilanzieren. Die zehnte Republikaner-Debatte, die fünf Tage vor dem Super Tuesday in Houston stattfand, ist am besten mit diesem GIF beschrieben:

Fünf Tage vor dem Super Tuesday mit Vorwahlen in 13 Staaten haben Marco Rubio und Ted Cruz, die Senatoren aus Florida und Texas, Donald Trump hart angegriffen. Rubio wirft dem Geschäftsmann vor, illegale polnische Arbeiter für den Bau des Trump Tower eingesetzt zu haben ( Details hier) und keine Ahnung von Außenpolitik zu haben. Cruz beklagt für dessen fehlende Unterstützung für Israel und unterstellt Trump, keinen "echten Konservativen" als Nachfolger des toten Verfassungsrichter Antonin Scalia nominieren zu können.

Für Rubio war dies eine Premiere: Der Liebling des Partei-Establishments hatte die Auseinandersetzung mit dem Sieger der vergangenen drei Vorwahlen bisher gescheut. Und obwohl er - wie so oft - gut vorbereitet war und gute Sprüche hatte ("Wenn Donald nicht 200 Millionen Dollar geerbt hätte, würde er heute Uhren in Manhattan verkaufen"): Es waren 08/15-Attacken, die gegen einen konventionellen Kandidaten Wirkung zeigen würden.

Doch Donald Trump ist eben alles anders als ein konventioneller Kandidat und es spricht wenig dafür, dass seine Fans nach dieser Debatte ihre Meinung ändern werden. Natürlich hat Trump von Polit-Details keine Ahnung (das gilt auch für Ben Carson), doch das stört seine Wähler nicht. Sie werden gejubelt haben, als Trump Rubio entgegen hielt: "Ich bin der Einzige auf der Bühne, der Leute eingestellt und ihnen Jobs gegeben hat."

Die Trump-Fans scheren sich nicht um konservative Glaubenssätze

Der 69-jährige sagt auch den Satz dieses Abends: "Wir bauen eine neue republikanische Partei auf: Sehr viele neue Leute machen mit." Bei jeder der vier Vorwahlen der Republikaner wurden die bisherigen Teilnehmer-Rekorde gebrochen - und die meisten Neuwähler kommen wegen Trump. Sie erwarten von ihm, dass er in Washington aufräumt und Wandel bringt.

Ob dies genügt, um am 8. November gewählt zu werden und auch den Zuspruch von Latinos zu gewinnen ( 80% der hispanics verachten Trump), ist offen. Aber der Wunsch, die Eliten in der Hauptstadt zu schockieren und den absoluten Anti-Politiker zum Präsidenten zu küren, ist viel stärker als die Rücksicht auf konservative Glaubensätze.

Trump hat schon früher gesagt, dass die Organisation Planned Parenthood, die wegen der Durchführung von Abtreibungen im konservativen Lager verhasst ist, etwa in der Krebserkennung "gute Dinge für Frauen" tut. Seine Spenden an die Clinton-Stiftung sind ebenso bekannt wie seine deutliche Sprache (Rubio nennt er in der Debatte am Donnerstag einen "Versager" und Cruz erneut einen "Lügner") und die Tatsache, dass er zum dritten Mal verheiratet ist.

Umfragen sagen Trump viele Siege am Super Tuesday voraus

All das hat die Mehrheit der strenggläubigen Evangelikalen nicht gehindert, Trump dem Vorzug vor dem erzkonservativen Predigersohn Ted Cruz zu geben. Und wenn dieser versucht, den Milliardär wie ein Generalstaatsanwalt (das war der Senator einst in Texas) vorzuführen, dann wirkt das auf viele - und vor allem die Trump-Anhänger - überheblich und belehrend. Deshalb gilt weiterhin, was eine wenige Stunden vor Debattenbeginn veröffentlichte Umfrage von Bloomberg Politics prognostizierte: Donald Trump wird am Super Tuesday aller Wahrscheinlichkeit nach sehr viele Stimmen - und sehr viele Delegierte - erhalten.

Für die verbliebenen Herausforderer hat sich die Aufgabe deshalb nicht geändert: ein wirksames Mittel zu finden, die vielen überzeugten Trump-Fans zum Zweifeln zu bringen. Viel Zeit bleibt ihnen nicht mehr.

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