Süddeutsche Zeitung

US-Umweltpolitik:Trumps Klimadekret - ein Symbol, das Unheil stiftet

Die Vorstellungen des US-Präsidenten zu Klima und Kohle stammen aus der Hochphase des Industriezeitalters. Marktkräfte weisen in eine ganz andere Richtung.

Kommentar von Stefan Kornelius

Wenn der US-Präsident nach seiner herben Niederlage in der Gesundheitspolitik nach Ablenkung sucht, dann bietet sich die Umwelt an. Hier hat sein Vorgänger Barack Obama vor allem mit Verordnungen gearbeitet, weil ihm die gesetzgeberische Mehrheit im Kongress fehlte.

Diese Dekrete lassen sich ebenso leicht revidieren, wie sie erlassen wurden. Und darin liegt auch schon der größte Effekt aus Sicht Trumps. Er will Obamas Spuren tilgen, er will sich die Vorgängerpräsidentschaft von der Haut waschen wie einen schmutzigen, verschwitzten Film.

Trump ist kein gestaltender Präsident, er ist ein zerstörerischer Präsident. Weil er über eine politische Mehrheit im Kongress verfügt, die ebenfalls nur das Handwerk der Zerstörung kennt, bleiben die USA standhaft auf dem Pfad der Destruktion. Wenn sich die Dekonstruktionisten wechselseitig überbieten, wie gerade in der Gesundheitspolitik, dann wirkt die Zerstörungskraft auch schon mal gegen den Zerstörer selbst. Wäre es nicht so unendlich traurig und geistlos, könnte man der Regierung Trump für den erfrischend neuen Blick auf politische Mechanik danken.

In der Umweltpolitik hat Trump nun die behutsam dosierte Attacke gewählt. Er sucht - noch - nicht die große Auseinandersetzung mit dem Gesetzgeber und der Klimalobby, die auch in den USA stark ist. Auch im Kongress könnte er Schwierigkeiten bekommen, wenn er nach einer gesetzgeberischen Mehrheit sucht.

Zwar gibt es in der amerikanischen Politik mehr Klimaleugner als im Rest der aufgeklärten Welt, aber sie sind, wenn auch lautstark, auf dem Rückzug. Das Klimaabkommen von Paris steht also nicht zur Debatte. Fraglich ist aber, wie Trump die darin festgelegten Ziele erreichen will.

Wie fast alle Entscheidungen seiner Präsidentschaft ist Trumps Anordnung zum Klimaschutz zunächst eher symbolischer Natur. Wer die US-Klimapolitik wirklich verändern will, der muss Gesetze ändern und Geduld aufbringen. Außerdem sollte er die Marktkräfte studieren. Diese Kräfte sprechen eine einfache Sprache - wie übrigens fast überall auf der Welt. Wer sein Geschäft retten will, der muss das Klima retten und in den Klimaschutz investieren.

Schon das Symbol stiftet Unheil in der Klimapolitik

Trump geht es indes um die Einlösung eines Versprechens aus dem Wahlkampf, er will der Kohleindustrie helfen. Das passt zu seinen industriepolitischen Vorstellungen, die irgendwann in seiner Kindheit geprägt worden sein müssen und die sich seitdem nicht mehr verändert haben: Kohle, Eisen, Stahl, schwitzende Arbeiter und harte Burschen im Stollen.

Freilich: Diese Industrie stirbt auch in den USA, weil sie automatisiert wird und weil etwa Kohle als Brennstoff zum Fossil wurde: zu teuer, zu aufwendig. Es gibt billigere Energieträger, auch im amerikanischen Boden oder noch besser an der frischen Luft. Deswegen wird das Dekret Trumps zugunsten der Kohleindustrie nicht notwendigerweise einen Kohleboom im Land auslösen.

Auch das Argument, Amerika müsse in seiner Energieversorgung autark werden, weckt seltsam altbackene Reflexe. Nein, die USA müssen sich nicht abschotten von einer feindseligen Welt; und ja, die USA sind dank Fracking bereits unabhängig und könnten ihre Autarkie vor allem mit Wind- und Sonnenenergie bequem absichern.

In der Klimapolitik reicht indes auch schon das Symbol, um Unheil zu stiften. Allein das sich nun abzeichnende rechtliche Gerangel um Direktiven und ihre Abwicklung wirft die USA zurück. Barack Obama war ein revolutionärer Klimapräsident, der sein Land ein Stück weit überforderte. Trump hat nun die Gegenrevolution ausgerufen. Der Weg ist typisch amerikanisch. Der Rest der Welt wäre dankbar für etwas weniger Schwankungsbreite.

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Quelle:
SZ vom 29.03.2017/gal
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