Süddeutsche Zeitung

US-Senator Craig:Rückzug eines Heuchlers

Die US-Republikaner haben die Sexaffäre um den langjährigen Senator Larry Craig aus Idaho rasch beendet. Doch der Fall enthüllt mehr: Politische Heuchelei.

Reymer Klüver

Es ist ein Fall von an sich begrenzter Tragweite. Da wird ein alternder, mutmaßlich schwuler Senator aus dem Wilden Westen der Vereinigten Staaten auf dem Männerklo erwischt auf der Suche nach schnellem Sex. Eine zugegeben etwas unappetitlich anmutende Geschichte, zumal für die Konservativen Amerikas, bei denen Homosexualität noch weitgehend tabuisiert ist.

Larry Craigs Verfehlung ist nach juristischen Maßstäben denkbar gering: Er musste eine Strafe von gut 500 Dollar bezahlen und erhielt ein Jahr Haft auf Bewährung.

Der gewaltige Aufruhr aber, den seine Eskapaden gemacht haben, offenbart, wie schlecht es um die Republikaner wirklich steht im siebten Jahr der Präsidentschaft von George W. Bush. Unangenehm ist die Angelegenheit für die Republikaner, weil sie politische Heuchelei schlaglichtartig enthüllt.

Craig war im Senat lange einer der Wortführer der moralischen Erneuerung der Nation, in deren Namen die Republikaner in den neunziger Jahren angetreten waren. Er geißelte lautstark die Sex-Eskapaden von Präsident Bill Clinton, sprach sich vehement gegen Schwulenrechte aus. Das alles hätten die Demokraten in peinlichen öffentlichen Anhörungen genüsslich ausgebreitet. Craigs Affäre ist zudem nicht der einzige Skandal, in den republikanische Kongress-Abgeordnete in den vergangenen Monaten verwickelt waren.

Doch wichtiger sind ohne Zweifel taktische Erwägungen: Idaho ist ein eigentlich sicherer Senatssitz für die Republikaner. Das hätte eine sich dahinschleppende Affäre Craig vielleicht geändert. Einen weiteren Mandatsverlust im Senat aber können sich die Republikaner nicht leisten. Craigs Rücktritt war also unvermeidlich.

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Quelle:
SZ vom 3.9.2007
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