US-Senat:Drei gegen Trump

US-Senat: Die drei republikanischen Senatoren, die dagegen gestimmt haben: John McCain, Susan Collins und Lisa Murkowski (von links nach rechts).

Die drei republikanischen Senatoren, die dagegen gestimmt haben: John McCain, Susan Collins und Lisa Murkowski (von links nach rechts).

(Foto: Getty/Reuters/AFP)

Der US-Präsident schäumt: Drei Abgeordnete aus seiner Partei bescheren ihm eine historische Niederlage bei der Abstimmung zur Gesundheitsreform. Es kam zu einem denkwürdigen Auftritt.

Von Veronika Wulf und Sebastian Gierke

Donald Trump hatte sie noch auf Twitter angefeuert. "Auf geht's, republikanische Senatoren, los! Schafft es, nach 7 Jahren warten. Gebt Amerika eine großartige Gesundheitsversorgung!", schrieb der US-Präsident vor der Abstimmung. Es nützte nichts: 51 Senatoren stimmten am Freitagmorgen in Washington dagegen, die unter Barack Obama eingeführte Krankenversicherungsreform teilweise abzuschaffen. Nur 49 votierten dafür. Bis tief in die Nacht hatten die Republikaner um einen Kompromiss gerungen. Doch der Widerstand in den eigenen Reihen war zu groß.

Ebenfalls auf Twitter machte Trump anschließend seinem Frust darüber Luft - und attackierte die vermeintlich Schuldigen. "3 Republikaner und 48 Demokraten haben das amerikanische Volk im Stich gelassen", twitterte er um zwei Uhr morgens Ortszeit in Washington. "Wie ich von Anfang an gesagt habe, lasst Obamacare in sich zusammenbrechen, dann Deal."

Seit sieben Jahren kämpfen die Republikaner gegen Obamacare. Es war eines von Donald Trumps Hauptversprechen im Wahlkampf, das Gesetz zur Gesundheitsversorgung endlich abzuschaffen und durch ein neues zu ersetzen. Doch selbst in den eigenen Reihen mussten die Republikaner um jede Stimme kämpfen. Nach mehreren Abstimmungen blieb nur noch der "Skinny Repeal", eine stark abgeschwächte Variante des neuen Gesetzesvorhabens. Und selbst den lehnten drei republikanische Senatoren ab - mit zwei Gegenstimmen wäre das Vorhaben durchgegangen. Eine historische Niederlage für die Republikaner. Wer sind die Drei, die "nein" sagten?

John McCain

Er war derjenige, der es noch ermöglicht hatte, dass überhaupt über die Abschaffung von "Obamacare" abgestimmt wird: der Senator des Bundesstaats Arizona, John McCain. Obwohl er wenige Tage zuvor wegen eines Tumors am Gehirn operiert wurde, kam er am Dienstagabend nach Washington und gab seine Stimme ab. Diese war ausschlaggebend. Zugleich kündigte der 80-Jährige an, dass er dem vorliegenden Entwurf so nicht zustimmen könne. "Egal, ob wir in derselben Partei sind oder nicht, wir sind nicht die Untergebenen des Präsidenten. Wir sind ihm ebenbürtig", sagte McCain.

Als die Senatoren am frühen Freitagmorgen über den "Skinny Repeal", die wohl minimale Variante der Reform, abstimmten, votierte McCain dann dagegen. Als er den Saal betrat, hatte er Reportern noch zugeraunt: "Watch the show." Und es war eine Show, die folgte. Während der Abstimmung ging McCain im Senat nach vorne, zeigte mit dem Daumen nach unten, sagte "Nein" und kehrte ohne weiteren Kommentar an seinen Platz zurück. Über diese Szene wird noch lange geredet werden. Und wieder war McCains Stimme entscheidend.

Der Senator gilt als einer der schärfsten innerparteilichen Kritiker des Präsidenten - obwohl er ein Hardliner unter den Republikanern ist, der für die Todesstrafe und die Abschaffung des Abtreibungsrechts ist. Zuletzt hatte sich der Veteran, der lange Zeit in der US-Marine diente, gegen Trumps Ankündigung ausgesprochen, Transmenschen vom Militärdienst auszuschließen.

Lisa Murkowski

Am Mittwoch klingelte bei Lisa Murkowski das Telefon. Ryan Zinke war dran: Der US-Innenminister drohte mit Vergeltung. Und auch der US-Präsident attackierte die Senatorin. "Senatorin Lisa Murkowski aus dem großartigen Staat Alaska hat die Republikaner und unser Land wirklich im Stich gelassen. Wie schade!", schrieb Trump auf Twitter.

Es waren brutale und verzweifelte Versuche, Druck auszuüben. Murkowski hatte bereits am Dienstag dagegen gestimmt, überhaupt eine Debatte über den Gesetzesentwurf zur Gesundheitsvorsorge im Senat zuzulassen. Bei dieser Abstimmung konnte der republikanische Mehrheitsführer Mitch McConnell noch einen kleinen Sieg feiern. Schlussendlich scheiterten die Republikaner doch - und Lisa Murkowski ist eine der Hauptverantwortlichen dafür. Sie hat den Drohungen offensichtlich nicht nachgegeben.

"Es war kein besonders angenehmes Telefonat"

Wie groß die Verzweiflung bei Trump war, das zeigt der Anruf des Innenministers. Dessen Ministerium ist gar nicht direkt in die Verhandlungen über das Gesundheitssystem involviert. In US-Medien war davon die Rede, Trump schicke einen "Hitman" vor. Doch Murkowski wandte sich kurz nach dem Gespräch gänzlich unbeeindruckt an die Medien. "Es war kein besonders angenehmes Telefonat", erklärte sie in einem Interview mit E&E News. Zinke habe ihr gesagt, dass der Präsident "wirklich enttäuscht" von ihr sei. Trotzdem stimmte Murkowski wieder anders, als die überwältigende Mehrheit ihrer republikanischen Kollegen im Senat.

Dabei ist Murkowski auch der Meinung, dass am Gesundheitssystem etwas geändert werden muss. Sie befürchtet allerdings, dass viele Einwohner Alaskas ihre Gesundheitsvorsorge verlieren könnten, wenn Obamacare ohne eine Alternative abgeschafft wird. Die Menschen in Alaska scheinen ihre Politik gutzuheißen. Als Gouverneurin Sarah Palin im Jahr 2010 offiziell einen Kandidaten der radikalkonservativen Tea Party bei der Senatswahl in Alaska unterstützte, trat Murkowski, seit 2002 im Amt, trotzdem wieder an - und gewann zur Überraschung vieler.

Susan Collins

Die Senatorin aus Maine war die erste, die gegen den "Skinny Repeal" votierte, bevor ihr Murkowski und McCain folgten. Bei Susan Collins war die Überraschung nicht groß, denn sie hatte sich bisher stets ablehnend gegenüber Vorschlägen und Reformen der Trump-Regierung gezeigt.

Collins, die den Bundesstaat Maine seit 20 Jahren als Senatorin vertritt, befürchtet, dass sozial schwache Menschen benachteiligt würden, sollte Obamacare auch nur in Teilen abgeschafft werden. Insbesondere eine Abschaffung des "Medicaid"-Systems, das eine Grundversorgung für Arme bietet, sehen sie und Lisa Murkowski kritisch, wie sie bereits in der vergangenen Woche mitteilten. Collins bezeichnete es als nicht konstruktiv, ein Gesetz zurückzunehmen, das so stark mit dem Gesundheitswesen verwoben sei, ohne dass es bereits ein Ersatz gäbe. An dem "Skinny Repeal" störte sie, dass er finanzielle Hilfen gestrichen hätte für die Organisation "Planned Parenthood", die in vielen ländlichen Gebieten medizinische Dienste hauptsächlich für schwangere Frauen anbietet.

Collins hatte bereits vor der Präsidentschaftswahl angekündigt, dass sie Trump nicht unterstützen werde. Im Februar stimmten sie und Murkowski dagegen, dass die von Trump nominierte Betsy DeVos Bildungsministerin wird. Nur durch die Stimme von Mike Pence, dem damaligen Vizepräsidenten und Vorsitzenden des Senats, wurde DeVos ins Amt gehoben - ein einmaliger Vorgang in der Geschichte der USA.

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