US-Schuldenstreit:Obama wirft Republikanern "politischen Krieg" vor

Der Präsident spricht von einem "gefährlichen Spiel, das wir nicht spielen dürfen": Den USA bleibt noch eine Woche, bis sie zahlungsunfähig sind. Trotzdem sind die Fronten im Schuldenstreit verhärteter denn je. In einem dramatischen TV-Appell wendet sich Obama an die Opposition - doch die reagiert mit demonstrativer Kühle.

Als Obama vor die Kameras tritt, sind es noch sieben Tage bis zum 2. August - bis zu dem Datum also, an dem den USA vermutlich das Geld ausgehen wird. "Wir sind an einem Stillstand angelangt", sagte der US-Präsident in einer TV-Rede in der Nacht zum Dienstag. Obama sprach zur Hauptfernsehsendezeit, schon das allein macht klar, wie dramatisch die Lage inzwischen geworden ist. Amerikanische TV-Sender haben bereits damit begonnen, Uhren einzublenden: Der Countdown zum Staatsbankrott läuft.

President Barack Obama speaks in a prime-time address to the nation from the East Room of the White House in Washington

TV-Appell zur Primetime: Präsident Barack Obama bei seiner Rede an die Nation in der Nacht auf Dienstag.

(Foto: REUTERS)

Obama warnte vor einer "schweren wirtschaftlichen Krise", falls es nicht innerhalb der kommenden Tage eine Einigung über die Erhöhung des Schuldenlimits geben sollte. Er warf den Republikanern vor, mit ihrer kompromisslosen Haltung einen "politischen Krieg" zu führen. Eindringlich forderte er einen Kompromiss. Wenn am Ende der Gespräche die Zahlungsunfähigkeit stehe, wäre dies unverantwortlich. "Wir würden riskieren, eine tiefe Wirtschaftskrise auszulösen."

Beide Parteien müssten sich in den nächsten Tagen um einen fairen Kompromiss bemühen, der vom Kongress verabschiedet und von ihm unterschrieben werden könne, sagte Obama. Erneut machte er klar, dass beide Seiten Opfer bringen müssen. Neben drastischen Einschnitten bei den Sozialausgaben müsse es auch Steuererhöhungen für Reiche geben. Eine andere Lösung "wäre nicht fair". Beide Seiten hätten Verantwortung, die Krise zu lösen. "Wir befinden uns in einer Pattsituation", fügte Obama hinzu.

Dagegen reagierte der Republikanerführer John Boehner mit demonstrativer Kühle und wies die Kritik zurück. Obama "will einen Blankoscheck und den wird es nicht geben", sagte er unmittelbar nach der Rede Obamas. Erneut betonte er die Forderungen der Republikaner nach massiven Einsparungen und Ablehnungen von Steuererhöhungen. Experten fürchten, dass für eine echte Einigung die Zeit nicht mehr ausreicht.

"Wenn ich heute gefragt werde, ob es einen Kompromiss gibt, muss ich ehrlich sagen, ich weiß es nicht", sagt der demokratische Stratege James Carville. "Vor wenigen Tagen hätte ich das nicht gesagt." Auch ein demokratischer Senator, der anonym bleiben will, zeigt erstmals Unsicherheit. "Die Folgen einer Zahlungsunfähigkeit sind einfach so unvorstellbar, dass es eine Einigung geben muss", meint er. "Aber die Landebahn wird zweifellos immer kürzer."

Zuvor hatte Boehner am Montag einen Plan vorgelegt, der eine Anhebung der Schuldengrenze verbunden mit Einsparungen in zwei Etappen vorsieht - was Obama aber bereits mehrfach abgelehnt hatte. Das Weiße Haus stellte sich dagegen hinter einen Entwurf, den der demokratische Senatsführer Harry Reid präsentierte. Danach soll das Schuldenlimit - ebenfalls verknüpft mit Ausgabenkürzungen - in einem einzelnen Schritt angehoben werden.

Beide Seiten machten aber bereits unmissverständlich klar, dass sie dem Entwurf der Gegenseite nicht zustimmen werden. Der Boehner-Plan sieht nach Medienberichten zunächst ein Paket von Einsparungen in Höhe von 1,2 Billionen Dollar binnen zehn Jahren und eine Erhöhung des Kreditrahmens um etwa eine Billion vor. Anfang 2012 soll dann der Kongress weitere Kürzungen von mindestens 1,8 Billionen Dollar beschließen. Daran gekoppelt würde der Kreditrahmen um weitere 1,6 Billionen Dollar erhöht.

Reid schlägt dagegen Einsparungen von 2,7 Billionen Dollar und eine Anhebung des Schuldenlimits in einem Schritt über 2012 hinaus vor. Damit würde eine Wiederholung des Schuldenstreits im kommenden Jahr vermieden. Im November 2012 finden Präsidentschaftswahlen statt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: