US-Russland-Affäre:Michael Flynn will seine "Story" erzählen

Michael Flynn

Trumps Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn will plötzlich Immunität, bevor er öffentlich aussagt.

(Foto: REUTERS)
  • Trumps Ex-Sicherheitsberater Michael Flynn will sich Immunität zusichern lassen, bevor er öffentlich aussagt.
  • Flynn musste sein Amt niederlegen, weil er über den Inhalt seiner Gespräche mit russischen Regierungsvertretern gelogen hatte.
  • Während Hillary Clintons vermeintlicher E-Mail-Affäre hatte er für den Wunsch einiger Beteiligter nach Immunität nur Spott übrig.

Von Thorsten Denkler, New York

Im September hatte Michael Flynn in einem Fernseh-Interview noch gespottet: "Wenn man ihnen (Personen in Clintons Umfeld) Immunität zusichert, dann bedeutet das, dass sie wahrscheinlich eine Straftat begangen haben." Aber da ging es ja auch um die vermeintliche E-Mail-Affäre von Hillary Clinton. Jetzt plötzlich ist es Flynn selbst, der gerne Immunität zugesichert bekommen würde. Was immer das heißen mag für seine Straffälligkeit.

Der hochdekorierte Ex-General war bis vor Kurzem noch der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Donald Trump. Zum Verhängnis wurde ihm dann, dass er in der hochsensiblen Übergangsphase zwischen der Wahl des Präsidenten und dessen Amtsantritt Kontakte zu russischen Regierungsvertretern hatte.

Entlarvt wurde Flynn durch Mitschnitte des FBI

Das ist an sich nicht das Problem. Nur hat Flynn über den Inhalt der Gespräche offenbar nicht die Wahrheit gesagt. Er hatte mit dem russischen Botschafter keinen Smalltalk gehalten, sondern mit ihm über die gegen Russland verhängten US-Sanktionen gesprochen. Entlarvt wurden seine Falschangaben durch Mitschnitte des FBI, das routinemäßig den Botschafter abhört. Trump musste Flynn feuern.

Jetzt will Flynn auspacken, das macht sein Anwalt Robert Kelner in einer über Twitter verbreiteten Stellungnahme klar. Flynn habe "eine Story zu erzählen", schreibt er. Und er werde sie "sehr gerne" erzählen.

Aber "aus Respekt vor dem Ausschuss" könne Flynn leider gerade keine Aussage machen. Denn: "Keine vernünftige Person" würde sich unter diesen "hoch politisierten", einer "Hexenjagd" ähnelnden Umständen einer öffentlichen Befragung stellen. Zumindest nicht "ohne die Zusicherung, keiner unfairen Strafverfolgung ausgesetzt zu werden".

Mit anderen Worten: Flynn will Immunität. Sonst sagt er nicht aus. Noch mal zur Erinnerung, Flynn selbst hat erst vor einem halben Jahr gesagt: Wer Immunität haben will, der habe sich wohl einer Straftat schuldig gemacht.

Russland hat Einfluss auf die US-Wahl genommen, so viel ist klar

Dies ist nur die neueste Volte einer Affäre, die das Land seit Wochen umtreibt. Im US-Senat untersucht derzeit der zuständige Geheimdienstausschuss die Russland-Affäre. Klar ist inzwischen: Russland hat versucht, die Wahl zu beeinflussen, um die Glaubwürdigkeit von Hillary Clinton und damit das Vertrauen in die Demokratie zu schwächen.

Die offene Frage ist, ob es direkte Absprachen zwischen den Russen und Donald Trump beziehungsweise dessen Team gab. Dazu gibt es bisher keine handfesten Beweise. Es gibt aber erstaunlich viele Personen aus dem engsten Umfeld von Trump, die Kontakte zu russischen Regierungsvertretern hatten.

Erst diese Woche kam heraus, dass sich Trumps Schwiegersohn und enger Berater Jared Kushner in der Übergangsphase nicht nur mit dem russischen Botschafter im New Yorker Trump Tower getroffen hat. Sondern auch mit dem Chef der mächtigen russischen Bank für Außenwirtschaft. Eine staatliche Bank mit besten Beziehungen zum russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Außerdem auf der Liste mit merkwürdigen Kontakten zu Russland:

  • Justizminister Jeff Sessions, der sich erst kürzlich wieder daran erinnern konnte, in der Wahlkampfphase Kontakte zum russischen Botschafter gehabt zu haben - vor dem Senat hatte er solche Kontakte verneint.
  • Paul Manafort, bis Sommer 2016 Trumps Kampagnen-Chef;
  • Carter Page, einer von Trumps ehemaligen Beratern;
  • Jeffrey D. Gordon, ein ehemaliger Trump-Berater;
  • Roger Stone, Verschwörungstheoretiker und Trump-Berater im Wahlkampf;
  • Michael Cohen, Trumps langjähriger Anwalt.

Und: Zufall oder nicht, unter US-Sicherheitsleuten gilt als ausgemacht, dass die Russen kurz vor der Wahl dem Portal Wikileaks Dokumente zugeschanzt haben, die den privaten E-Mail-Server von Hillary Clinton in ihrer Zeit als US-Außenministerin betrafen.

Die Russen haben bekommen, was sie mit ihren Machenschaften vermutlich erreichen wollten: Trump als Präsidenten der Vereinigten Staaten. Ob sie auch direkten Einfluss auf ihn und sein Team genommen haben, ist die große ungeklärte Frage. Viele Amerikaner hätten darauf gerne bald eine Antwort.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: