Süddeutsche Zeitung

US-Republikaner:Was für Donald Trump beim Parteitag auf dem Spiel steht

Der Druck vor der großen Show in Cleveland ist groß: Sponsoren und Parteigrößen sagen ab, ein antisemitischer Tweet wirft Fragen auf. Helfen sollen Trump seine Kinder - und vielleicht ein Box-Promoter.

Von Matthias Kolb, Washington

"Ziemlich cool" findet Donald Trump die Idee, per Helikopter auf der Bühne eines Stadions zu landen, um die Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Republikaner anzunehmen. Doch aus Kostengründen habe er den Vorschlag abgelehnt, sagt Trump der New York Times. Der Parteitag ist entscheidend für Trump, um sein Image (sieben von zehn Amerikanern mögen ihn nicht) zu korrigieren - und so versichert er, dass in Cleveland alles "geschmackvoll, ernst und on message" sein werde.

Sich an die vorgegebene Botschaft zu halten, das fällt Donald Trump weiter schwer. In seiner Rede über die "Gefahren des Globalismus" versprach er, Freihandel in aller Form zu bekämpfen. Es ist eine Attacke auf die Grundwerte der Republikaner: Für Trump ist der transpazifische TPP-Deal eine "Vergewaltigung unseres Landes" (mehr hier). Beim Auftritt in Pennsylvania las Trump vom Teleprompter ab. Weil die Rede viele Details enthielt, mutmaßten Beobachter mal wieder über Trumps neue Ernsthaftigkeit.

Doch die Zweifel überwiegen, denn der 70-Jährige schadet sich weiter selbst. Probleme gibt es zwar auch bei den Demokraten: Zuletzt rätselten US-Analysten, wieso Bill Clinton zum "Privatgespräch" ins Flugzeug von Justizministerin Loretta Lynch kletterte (Lynch beaufsichtigt das FBI, das gegen Hillary Clinton wegen ihres privaten E-Mail-Servers ermittelt). Das Medienecho ist verheerend ("alle sehen nun schlecht aus"). Doch zugleich ist Trump mit einem antisemitischen Tweet in den Schlagzeilen.

All das - und sein Rückstand in allen seriösen Umfragen - erhöht den Druck auf den Milliardär und seine engsten Berater, mit dem Parteitag das Ruder herumzureißen. Mindestens 30 Millionen US-Amerikaner sahen zu, als Mitt Romney zum Obama-Herausforderer gekürt wurde: Dank Social Media und Trumps Image dürften am 21. Juli noch mehr potenzielle Wähler zugucken. Die Idee, dass Vater Trump an allen drei Abenden auftritt, ist vom Tisch. Stattdessen soll unter anderen seine Familie den großen Auftritt flankieren.

Was bisher an Plänen für den Republikaner-Parteitag bekannt ist:

Wichtige Aufgaben für Trumps Kinder. Politico meldet, dass neben "Lieblingstochter" Ivanka auch Eric und Donald jr. Reden halten sollen. Alle drei haben enormen Einfluss und erzwangen zuletzt den Rücktritt von Wahlkampfmanager Lewandowski. Während die Söhne wohl über Außenpolitik, Clintons Verantwortung für die Bengasi-Attacke und das Recht auf Waffenbesitz reden, soll Ivanka die weiche, private oder gar unbekannte Seite ihres Vaters betonen. Normalerweise ist dies der Job der Ehefrau, doch über die Rolle von Melania Trump herrscht noch Unklarheit. Die erwachsenen Kinder sollen zudem die Delegationen der wichtigsten Bundesstaaten bei Laune halten.

Vizepräsident im Rampenlicht. Es spricht viel dafür, dass Trump ganz konventionell seinen running mate bereits vor dem Parteitag benennt. Zurzeit werden drei Favoriten genannt: New Jerseys Gouverneur Chris Christie, der selbst Präsident werden wollte und seit Ende Februar unermüdlich und zum Gespött des Internets für Trump wirbt. Für Newt Gingrich, Ex-Kandidat 2012 und in den Neunzigern Speaker im Repräsentantenhaus, spricht, dass er Washingtons Polit-Betrieb bestens kennt. Diese Erfahrung hat auch Mike Pence, momentan Gouverneur in Indiana, populär unter sozialkonservativen Republikanern. Wen auch immer Trump auswählt: Er (oder sie) wird in Cleveland eine enorm wichtige Rolle haben.

Langeweile soll es nicht geben. Als Star der Reality-TV-Show "The Apprentice" weiß der Republikaner, wie Bilder wirken. Er entscheidet persönlich, wie die Bühne aussehen wird und er möchte dem Publikum ein Spektakel bieten. "Es gibt oft das Gleiche bei den Parteitagen, aber zugleich muss man das Rad nicht neu erfinden", sagt Trump der NYT. Neben einer anderen Inszenierung könnte das Trump-Lager versuchen, außergewöhnliche Gäste einzuladen. Gerüchte, wonach Krawall-Boxer Mike Tyson reden solle, wies Trump zurück - er erwägt aber, Tennis-Superstar Serena Williams oder Box-Promoter Don King einzuladen. An diesem Mittwoch wird Trump bekannt geben, wer wann in der Quicken Loans Arena reden darf.

Unterstützung durch Partei-Establishment. Die Rednerliste für das Treffen in Cleveland wird sehr genau studiert werden, um den Rückhalt Trumps in der Partei einordnen zu können. Viele prominente Republikaner haben schon ihren Boykott angekündigt: Neben den ehemaligen Kandidaten Mitt Romney und John McCain wird auch der Bush-Clan (Jeb sowie die beiden Altpräsidenten) fehlen. Mehrere Senatoren (mehr bei der Washington Post), die um ihre Wiederwahl bangen, ziehen es vor, sich lieber mit Wählern zu treffen. Paul Ryan und Mitch McConnell, die Top-Republikaner im Kongress, reisen nach Ohio, doch bei ihnen ist es ebenso unklar wie bei Floridas Senator Marco Rubio, ob sie an prominenter Stelle reden werden.

Wegen des kontroversen Kandidaten Donald Trump haben neben dem IT-Konzern Apple auch traditionelle Sponsoren wie Ford, General Electric oder die Bank JP Morgan Chase abgesagt - dies passt zu den Meldungen über Trumps leere Wahlkampfkassen und die Aufregung, dass seine Spenden-E-Mails sogar an ausländische Politiker geschickt wurden, was nach US-Recht strafbar ist.

Was es mit Sicherheit rund um die Sporthalle von Cleveland geben wird, sind Proteste und Anti-Trump-Demonstrationen mit Zehntausenden Teilnehmern. Sehr unwahrscheinlich ist es hingegen, dass es einen Putsch gegen Trump geben wird. Egal wie groß der Unmut über Trumps Auftreten und wie beharrlich die Zweifel an seiner "konservativen Glaubwürdigkeit" sind: Die Mehrheit der 2472 Delegierten akzeptiert, dass der Immobilien-Mogul mehr Stimmen als alle anderen erhalten hat und daher als Kandidat nominiert werden muss.

Für Donald Trump kommt es also nicht nur darauf an, sich und seine Familie (und den möglichen Vizepräsidenten) möglichst fernsehtauglich zu präsentieren. Er muss seine treuen Anhänger bei Laune halten und zudem versuchen, sich den vielen trumpkritischen Wählern auf eine neue, unbekannte Art zu präsentieren. Dies ist ziemlich schwer bei einem Mann, über den sich fast jeder US-Amerikaner bereits eine Meinung gebildet hat.

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