Nach tödlichem Nato-Angriff:Pakistan droht mit Vergeltung

Die ohnehin gespannten Beziehungen zwischen Washington und Islamabad sind nach dem Tod von 24 pakistanischen Soldaten nach einem Luftangriff der Nato auf einen Tiefpunkt gefallen: Inzwischen droht Pakistan mit Vergeltung - falls es noch einmal zu solch einem verheerenden Angriff kommen sollte. Doch der Fall wird immer vertrackter.

Der Tod der 24 pakistanischen Soldaten im Grenzgebiet zu Afghanistan wird immer undurchsichtiger: Laut einem US-Zeitungsbericht war das pakistanische Militär vor dem irrtümlichen Nato-Luftangriff am 26. November auf pakistanische Soldaten im Grenzgebiet zu Afghanistan über die Lage informiert. Wie das Wall Street Journal unter Berufung auf US-Regierungskreise berichtet, stimmten pakistanische Vertreter in einer gemeinsam mit dem afghanischen und dem US-Militär gebildeten Grenzkoordinationsstelle dem Angriff der US-Kampfflugzeuge sogar zu. Allerdings ohne zu wissen, dass sich in dem betreffenden Gebiet pakistanische Soldaten aufhielten.

Anti-amerikanische Proteste in Pakistan

Demonstranten zünden Bilder von US-Außenministerin Clinton und US-Präsident Obama an - der Nato-Luftangriff auf pakistanische Soldaten hat massive Proteste ausgelöst.

(Foto: REUTERS)

Wie die namentlich nicht genannten Regierungsvertreter der Zeitung weiter sagten, hätten amerikanische und afghanische Kommandoeinheiten unter afghanischer Führung im Grenzgebiet Taliban-Kämpfer verfolgt, als man aus einem Camp heraus beschossen worden sei. Da sie zunächst davon ausgegangen seien, dass es sich bei den Angreifern um Taliban handelte, hätten sie Luftunterstützung angefordert.

Tatsächlich habe es sich aber um pakistanische Einheiten gehandelt, die dort ein Lager aufgeschlagen hatten. Vor dem Luftangriff sei aber bei der Grenzkoordinationsstelle nachgefragt worden, ob pakistanische Soldaten im Zielgebiet operierten. Die Pakistaner hätten angegeben, dass keine eigenen Truppen in der Region seien, und damit den Weg für den Angriff freigemacht. Allerdings sei der Einsatz der amerikanischen und afghanischen Truppen im Grenzgebiet der Koordinationsstelle vorab nicht mitgeteilt worden.

Nach Angaben des Wall Street Journals war von pakistanischer Seite zunächst keine Stellungnahme zu der US-Darstellung zu erhalten. Bislang hat die Regierung in Islamabad aber bestritten, dass ihre Truppen zuerst das Feuer eröffneten.

Pakistan gibt örtlichen Kommandeuren mehr Macht

US-Regierungskreise räumten dem Bericht zufolge ein, dass auf beiden Seiten "viele Fehler" gemacht wurden, und nannten den Tod der pakistanischen Soldaten einen schrecklichen Unfall. Der Vorfall hat zu schweren Verstimmungen zwischen Islamabad und Washington geführt. Pakistan hatte deshalb auch seine Teilnahme an der am Montag in Bonn beginnenden Afghanistan-Konferenz abgesagt.

Pakistanische Medien berichten unterdessen, dass die Armeeführung des Landes für den Wiederholungsfall mit Vergeltungsmaßnahmen droht. Armeechef Ashfaq Parvez Kayani habe den Kommandeuren im Grenzgebiet zu Afghanistan die Erlaubnis erteilt, im Fall eines erneuten Nato-Angriffs das Feuer zu erwidern, berichtete die Zeitung Express Tribune unter Berufung auf ranghohe Militärkreise.

Nach Ansicht eines von der Zeitung zitierten Militärexperten bedeutet die Direktive, dass die örtlichen Kommandeure selbstständig auf "feindliche Bewegungen" auf pakistanischem Staatsgebiet reagieren können, ohne vorher eine höhere Dienststelle konsultieren zu müssen.

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