US-Regierung:Trumps erste 14 Tage: Rumoren hinter der Kulisse

Donald Trump, Mike Pence, Orrin Hatch, Jared Kushner, Wilbur Ross

Donald Trump bei einem Treffen im Roosevelt Room im Weißen Haus.

(Foto: AP)
  • Donald Trump macht derzeit die Erfahrung, dass die USA sich nicht wie eine Firma führen lassen.
  • Im Weißen Haus herrscht Misstrauen gegenüber den Regierungsbehörden, in denen es tatsächlich Widerstand gegen den Präsidenten gibt.
  • In den Kreisen der Trump-Berater und -Vertrauten finden offenbar Lagerkämpfe statt. Und selbst das Militär sticht Interna durch.

Von Johannes Kuhn, New Orleans

Der 45. Präsident hat angekündigt, die USA wie eine Firma führen zu wollen. Doch in den ersten beiden Wochen seiner Amtszeit muss Donald Trump erkennen, dass eine Regierung kein Unternehmen ist.

Nicht, dass er aus Sicht seiner Anhänger einen schlechten Job machen würde. Mit Nominierungen und Erlassen hat er zwar die Opposition gegen sich aufgebracht, aber auch einige Wahlversprechen eingelöst. Unter Republikanern sind seine Beliebtheitswerte stabil hoch und dürften nach der Nominierung des konservativen Richters Neil Gorsuch für den Supreme Court noch steigen.

Allerdings scheinen abgesehen von den undisziplinierten Auftritten des Präsidenten drei Probleme bereits deutlicher ausgeprägt zu sein als in Frühphasen anderer US-Regierungen: Die große Zahl durchgestochener, wenig schmeichelhafter Interna.

So kritisierten jüngst einige Militärs anonym die erste vom Präsidenten genehmigte Militäroperation: Bei dem Einsatz im Jemen waren ein US-Soldat und etliche Zivilisten getötet worden. Dazu kommt ein großes Misstrauen zwischen Angehörigen des erweiterten Machtzirkels. Und schließlich stößt der Präsident auf Widerstand innerhalb der eigenen Regierungsbehörden.

Republikaner: Obama-Leute torpedieren Bemühungen der Regierung

Bei näherer Betrachtung hängt dies alles miteinander zusammen. Wie US-Medien übereinstimmend berichten, misstraut das Trump-Team den Behörden, die ihre Anweisungen umsetzen und Pläne prüfen sollen. "Jedes Mal, wenn etwas an die Behörden rausging, wurde es kurz darauf öffentlich", zitiert das Online-Magazin Politico einen namentlich nicht genannten Gesprächspartner aus Trumps Umfeld.

Der Vorwurf, der als Mem schon länger unter Republikanern kursiert, wird seit der Entlassung der kommissarischen Justizministerin Sally Yates von rechten Medien wie Breitbart wieder in Dauerschleife wiederholt: Regierungsapparat und Behörden sind voll von Demokraten und Obama-Loyalisten, die nun die Bemühungen der Trump-Regierung torpedieren.

Viele politische Posten in den Ministerien und Behörden sind noch nicht mit Gewährsleuten des neuen Präsidenten besetzt. Deshalb verfasste das Kernteam im Weißen Haus um Berater Steve Bannon etwa das umstrittene Dekret zur Einreisesperre aus mehreren muslimischen Ländern nicht nur selbst - Grenzschutzbehörde sowie Heimatschutz- und Außenministerium wurden darüber auch im Dunkeln gelassen.

Es folgten ein Chaos an den Flughäfen und Proteste auf den Straßen. Darüber hinaus trieb das Dekret etliche US-Diplomaten auf die Barrikaden: Fast tausend Mitarbeiter des Außenministeriums unterschrieben am Montag ein Memorandum, in dem sie ihre Ablehnung des neuen Visa-Dekrets zum Ausdruck brachten. Obwohl solche Dissens-Bekundungen ausdrücklich erlaubt sind, kommentierte Trumps Pressesprecher Sean Spicer: "Sie sollen mitmachen oder sie können verschwinden."

In der Bürokratie geht die Angst um

Es gab einige solcher Äußerungen, es gab einige schnelle Entlassungen von Karrierediplomaten und es wurden Behördenleiter nominiert, die ausgerechnet zu den größten Kritikern der Einrichtung gehören, für die sie nun verantwortlich sein werden. All dies lässt in der Bürokratie die Angst umgehen - und den Widerstand wachsen.

Im Arbeitsministerium werden Unterschriften gegen den designierten Chef Andrew Puzder gesammelt; der Fast-Food-Unternehmer lehnt Mindestlohn und Regulierungen zum Arbeitnehmerschutz ab.

In der Umweltbehörde EPA koordinieren sich Mitarbeiter über private E-Mails und Chat-Apps (eine rechtliche Grauzone), um ein "Netzwerk in der Behörde" zu spinnen, über das Gesetzesverstöße von Trump-Gesandten entdeckt und gemeldet werden können. In Washington ist am Wochenende ein Workshop über Rechte und Möglichkeiten des Widerstands geplant.

Unklar ist, wie groß diese von CNN "Koalition der Bescheidenen" genannte Gruppe wirklich ist - und wie sich die Verhältnisse ändern, wenn das Trump-Team alle Schlüsselposten mit eigenen Leuten besetzt hat.

Harte Kritik an missglücktem Anti-Terror-Einsatz

Allerdings kursieren bereits jetzt nicht nur zahlreiche Entwürfe für Dekrete, sondern auch eine Reihe unvorteilhafter Augenzeugenberichte rund um den Präsidenten, die aus dem Weißen Haus selbst oder aus der eigentlich als diszipliniert geltenden Exekutive stammen müssen.

So kritisierten drei nicht namentlich genannte Militärangehörige Reuters zufolge den ersten Militäreinsatz, den Trump in seiner Amtszeit abgesegnet hatte. Am Sonntag waren bei einer Mission von US-Elitesoldaten gegen einen Al-Qaida-Stützpunkt im Jemen ein amerikanischer Soldat und bis zu 30 Zivilisten, darunter Kinder, getötet worden.

Trump habe den Einsatz bei einem Abendessen abgesegnet, obwohl weder ausreichend Geheimdienstinformationen, noch Bodenunterstützung, noch genügend Sicherheitsvorkehrungen vorhanden gewesen seien.

Trumps Pressesprecher erklärte dagegen, der "erfolgreiche" Einsatz sei bereits in der Obama-Zeit geplant worden. Das aber wurde von einem der ehemaligen Sicherheitsberater Obamas, Colin Kahl, dementiert.

"Sie stechen sich gegenseitig ab"

Berichte über derartige Spontan-Entscheidungen, Trumps Desinteresse an Details oder kurios-kontroverse Telefonate mit anderen Staats- und Regierungschefs sickern beinahe täglich in die Medien ein. "Sie stechen sich gegenseitig ab", berichtete ein schockierter Trump-Mitarbeiter des Weißen Hauses Politico über das Klima im engeren Machtzirkel des Präsidenten. Bereits jetzt streiten unterschiedliche Fraktionen um die Aufmerksamkeit des 70-Jährigen, dazu sucht der Präsident weiterhin in seinem Bekanntenkreis außerhalb des Weißen Hauses Rat. Einige Berater begleiten Trump inzwischen auf Veranstaltungen, wo sie eigentlich nichts zu suchen hätten - um "nah am Machtzentrum und auf den Fotos zu sein", wie es auf Politico süffisant heißt.

Derzeit sieht es so aus, als hätten besonders Hardliner Steve Bannon und sein Vertrauter Stephen Miller, ebenfalls ein wichtiger Berater des Präsidenten, dessen Ohr. Miller und Bannon wiederum sind im Lager von Stabschef Reince Priebus, einem Vertreter des politischen Establishments der Republikaner, nicht gut gelitten - was aber derzeit offenbar keine besonders große Rolle spielt.

Donald Trump im Gespräch mit Jared Kushner und Steve Bannon.

Donald Trump im Gespräch mit seinem Schwiegersohn und Berater Jared Kushner (Mi.) und Steve Bannon.

(Foto: Carlos Barria/Reuters)

Trumps Schwiegersohn Jared Kushner, ebenfalls Berater des Präsidenten, soll bereits zwei Mal von Bannon ausmanövriert worden sein: Der von ihm eingefädelte Staatsbesuch des mexikanischen Präsidenten platzte.

Zudem ließ Bannon Trump das Dekret zum Einreisestopp ausgerechnet an einem Freitagnachmittag kurz vor Sonnenuntergang unterschreiben, berichtet Vanity Fair. Zu diesem Zeitpunkt sei der praktizierende orthodoxe Jude Kushner bereits auf dem Weg in den Sabbat gewesen. Das bedeutet für ihn und seine Frau Ivanka: Keine Arbeit, Verzicht auf technische Geräte - und 24 Stunden keine Informationen über das Dekret, die scharfe Kritik daran und die Probleme an den Flughäfen.

Bannon soll von Trump inzwischen angewiesen worden sein, sich auf innenpolitische Fragen zu konzentrieren, während Kushner für Außenpolitisches zuständig ist. Vor einigen Tagen wurde der Trump-Schwiegersohn beim Abendessen mit dem Top-Republikaner Paul Ryan gesehen, dem Sprecher des Repräsentantenhauses. Auch auf dem Kapitol fühlen sich viele Konservative nicht ausreichend über die Pläne der Regierung informiert.

Das Team austauschen "ohne mit der Wimper zu zucken"

Was vom Weißen Haus als Teil einer Strategie verkauft wird, deutet bei näherer Betrachtung eher auf ein strukturelles Disziplin- und Organisationsproblem hin. Natürlich lässt sich alles auch mit der Unerfahrenheit Trumps und vieler seiner Mitstreiter erklären. Auch andere US-Präsidenten mussten erst lernen, Behördenapparat und Umfeld so zu steuern, dass letztlich alle für das gleiche Ziel arbeiteten. Vielleicht dauert das bei Trump nur etwas länger.

Roger Stone, ein Trump-Vertrauter ohne Regierungsposten, sieht jedoch eine einfachere Lösung für den Unternehmer im Weißen Haus: "Wenn sein erstes Team den Job nicht hinbekommt, kann er ohne mit der Wimper zu zucken die Mannschaft austauschen. Das hat er schon während des Wahlkampfs drei Mal gemacht."

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