US-Präsidentschaftswahlkampf:Bloomberg, der Unvollendete

US-Präsidentschaftswahlkampf: Michael Bloomberg auf einer Veranstaltung in Washington (Archivbild).

Michael Bloomberg auf einer Veranstaltung in Washington (Archivbild).

(Foto: Jim Watson/AFP)
  • Der Milliardär Michael Bloomberg will nicht zur US-Präsidentschaftswahl antreten.
  • Der ehemalige Bürgermeister New Yorks galt seit 2008 regelmäßig als möglicher Kandidat - und sagte stets ab.
  • Der 77-Jährige könnte nun zum Königsmacher hinter den Kulissen werden.

Von Johannes Kuhn, Austin

Michael Bloomberg ließ die Entscheidung wie einen Akt des gesunden Menschenverstands erscheinen. "Mir ist klar geworden, dass ich weniger daran interessiert bin, zu reden. Sondern mehr daran, etwas zu tun." Reden, das wäre demnach der 20-monatige Präsidentschaftswahlkampf gewesen. Tun, das heißt für den Milliardär Bloomberg: Geld und Zeit in seine Projekte zu Klimaschutz, Waffenkontrolle und Schulreform investieren.

Der 77-jährige Medienunternehmer hat inzwischen Routine in solchen Absagen. Doch seine Ankündigung, die er auf seiner eigenen Nachrichtenseite Bloomberg.com veröffentlichte, enthielt dieses Mal eine Warnung an die Demokraten: "Wir können uns nicht erlauben, dass die Vorwahlen die Partei in ein Extrem treiben, das unsere Chancen in den Wahlen mindert und zu 'vier weiteren Jahren' führt." Vier weitere Jahre für Donald Trump.

Der ehemalige New Yorker Bürgermeister spielt damit auf den Weg nach links an, den mehrere aussichtsreiche Präsidentschaftsanwärter, allen voran Bernie Sanders und Elizabeth Warren, eingeschlagen haben. Bloomberg wurde einst 2002 als Republikaner ins Rathaus gewählt, war am Ende seiner Amtszeit 2013 bereits länger parteilos und ist seit Oktober 2018 wieder eingetragener Demokrat. Aus seiner Abneigung gegen Donald Trump machte er keinen Hehl und gerierte sich vor den letzten Zwischenwahlen 2018 mit Wahlkampfspenden von mehr als 100 Millionen US-Dollar zum Königsmacher der Partei.

Doch derzeit zirkulierende Forderungen wie eine stärkere Bankenregulierung bis hin zur Zerschlagung von Geldinstituten, eine allgemeine Gesundheitsversicherung oder eine Reichensteuer lehnt Bloomberg ebenso ab wie unternehmenskritische Rhetorik. Genau dies hätte ihn aber in den Vorwahlen zum Außenseiter gemacht. Er sei sich sicher, dass er Trump schlagen würde, schrieb der Unternehmer in seinem Beitrag. Dass er die Vorwahlen der Demokraten gewinnen könne, dagegen nicht.

55 Milliarden US-Dollar Vermögen

Wie stark zudem die Abneigung gegen Milliardärskandidaten in der Partei ist, zeigt das Beispiel des ehemaligen Starbucks-Chefs Howard Schultz. Der signalisierte, als parteiloser Kandidat 2020 antreten zu wollen und kassierte dafür heftige Kritik. Einerseits, weil er damit dem demokratischen Lager entscheidende Stimmen gegen Trump wegnehmen könnte. Andererseits, weil Milliardäre sich mit ihrem Privatvermögen quasi in die Politik "einkaufen" können.

Bloomberg, dessen Vermögen Schätzungen zufolge 55 Milliarden US-Dollar beträgt, war für die Präsidentschaftskandidatur bereit, einen dreistelligen Millionenbetrag zu investieren. Ein Berater hatte im Januar das finanzielle Limit einer möglichen Kampagne mit "Was auch immer nötig sein wird" beschrieben. Nun dürften er und sein Geld einmal mehr die Rolle des Königsmachers einnehmen.

Bloombergs politische Biografie bleibt damit die Erzählung eines Unvollendeten. In vier Jahren wäre er 81 Jahre alt, was selbst im oft gerontokratisch gefärbten Präsidentschaftsgeschäft nicht mehr vermittelbar wäre.

Rituelle Spekulationen

Damit enden auch die fast schon rituellen Spekulationen darüber, ob der Unternehmer Kurs aufs Weiße Haus nimmt. Nachdem er New York City im Stile einer Firma geführt hatte, hatte er hinter den Kulissen bereits 2008 Ambitionen auf die Präsidentschaft deutlich gemacht. Bloomberg entschied sich schließlich für eine weitere Amtszeit als Bürgermeister.

2016 dann steckte er zurück, weil Hillary Clinton antrat. In beiden Fällen wäre er parteilos ins Rennen gegangen. Und in beiden Fällen arbeiteten bereits im Hintergrund Dutzende Mitarbeiter an einer Kampagne, deren Startschuss letztlich ausblieb, weil Bloomberg keine Siegeschance sah. 2016 lagen sogar schon Drehbücher für Werbespots vor.

Bloomberg plante einen Daten-Wahlkampf

Auch für 2020 liefen bereits Vorbereitungen, dieses Mal für einen Hochtechnologie-Wahlkampf. So arbeitete ein Team an einem Projekt, dessen Ziel Medienberichten zufolge in einer Präsentation so formuliert wurde: "Alle Daten".

Gemeint ist damit ein Großverzeichnis möglicher Demokraten-Wähler, das aus unterschiedlichsten Quellen Informationen bezieht, sie einer detaillierten Analyse unterzieht und dann durch personalisierte Online-Werbung Anhänger mobilisieren soll. An einer ähnlichen Datensammlung arbeitet Berichten zufolge auch der LinkedIn-Gründer Reid Hoffman, der bei den Demokraten an Einfluss gewinnen möchte.

Die Nutzung von "Big Data" ist seit dem Cambridge-Analytica-Skandal aus dem Wahlkampf 2016 umstritten, dürfte aber 2020 als Werkzeug sehr begehrt sein. Dass Bloomberg das Projekt aufgibt, gilt als ausgeschlossen, vielmehr dürfte er damit bevorzugte Kandidaten im Wahlkampf unterstützen.

Gescheiterte New Yorker Ambitionen

Ein möglicher Trump-Konkurrent, der Bloombergs Vorstellungen entsprechen würde, wäre Joe Biden. Intern hatte es im Bloomberg-Team offenbar geheißen, dass nur für einen von beiden Platz sei, um das Lager der Moderaten zu führen. Der ehemalige Vizepräsident hat sich aber noch nicht entschieden, ob er antreten wird.

Bislang wurde in der amerikanischen Geschichte noch kein Bürgermeister einer Großstadt zum US-Präsidenten gewählt. Dabei mangelte es gerade den New Yorkern Stadtoberhäuptern zuletzt nicht an Ehrgeiz.

Bloombergs Vorgänger Rudy Giuliani scheiterte 2006 trotz großer Hoffnungen früh in den Vorwahlen der Republikaner. Inzwischen verteidigt er Donald Trump im TV und bei den Russland-Ermittlungen - einen New Yorker, der es zum Präsidenten schaffte, aber in seiner Heimatstadt nie gewählt worden wäre.

Auch Bloombergs Nachfolger Bill de Blasio, obwohl noch bis Ende 2021 gewählt, liebäugelt mit dem Weißen Haus. Eine Erkundungsreise des Demokraten in den Vorwahl-Staat Iowa fand jüngst wenig Interesse. Wie CNN berichtete, seien so wenige Besucher zu de Blasios Veranstaltungen gekommen, dass sie leicht in einem New Yorker U-Bahn-Waggon Platz gehabt hätten.

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