Süddeutsche Zeitung

US-Präsidentschaftswahl:Tierische Partei-Symbole

Die Idee dafür stammt aus Karikaturen einer New Yorker Zeitung des 19. Jahrhunderts: Für die Republikaner steht der Elefant, für die Demokraten der Esel. Aber warum eigentlich?

Markus C. Schulte von Drach

Wenn es um Wahlkampf in den USA geht, begegnet man in den Medien und auch auf offiziellen Dokumenten der großen Parteien regelmäßig zwei Tieren:

So schmückt zum Beispiel ein auskeilender Esel in den Nationalfarben die Online-Seite der Demokratischen Partei. An anderer Stelle tritt ein Stiefel einem Elefanten in ebendiesen Farben in den Hintern.

Auf der Seite der Republikanischen Partei dagegen kündigt ein Dickhäuter - zusammen mit der Freiheitsstatue - den kommenden Wahlparteitag in New York an.

Tatsächlich handelt es sich bei den Tieren um die Parteisymbole - der Esel ist das Maskottchen der Demokraten, der Elefant steht offiziell für die Republikaner.

Warum aber haben die Parteien ausgerechnet einen Esel und einen Elefanten zu ihrem Symbol gemacht?

Die tierischen Partei-Vertreter existieren bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts. Allerdings hatten sich damals nicht die Politiker ausgerechnet den Esel und den Elefanten ausgesucht.

Die - nicht unbedingt positiv besetzten - Parteisymbole gehen auf Karikaturen des deutschstämmigen Zeichners Thomas Nast (1840-1902) zurück.

Der demokratische Esel

Nast, ein erbitterter Gegner der Sklaverei, war während des Bürgerkriegs mit patriotischen Zeichnungen in den Nordstaaten-Zeitungen bekannt geworden. Abraham Lincoln hatte ihn sogar als "unseren besten Rekrutierungsoffizier" bezeichnet.

1870 veröffentlichte Nast einen Cartoon in Harper's Weekly, in dem ein Esel einen toten Löwen trat. Der Esel stand für die "Copperhead Press", jene Zeitungen in den Nordstaaten, die Präsident Lincoln kritisch gegenübergestanden hatten. Zugleich symbolisierte das Tier damit die nordamerikanischen Demokraten, die gegen den Krieg gewesen waren.

Der tote Löwe wiederum repräsentierte Lincolns Kriegsminister Edwin M. Stanton, der kurz zuvor gestorben war, und den die demokratische Presse heftig kritisierte.

Nast benutzte nach dem Erfolg, den er mit diesem Cartoon hatte, den Esel weiterhin als Symbol für die den Demokraten wohlgesonnene Presse.

Bis 1880 hatte sich das Tier als Maskottchen der demokratischen Partei durchgesetzt.

So zeigte in diesem Jahr zum Beispiel ein Cartoon im New York Daily Graphic den Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Winfield Hancock, wie er einen Zug von Partei-Kreuzrittern in die Wahlschlacht anführte - auf einem Esel reitend.

Was Nast selbst nicht wusste: Er war nicht der erste, der die Demokraten mit einem Esel in Verbindung gebracht hatte.

Andrew Jackson als Esel

Bereits 1828, lange vor der Geburt des Zeichners hatte der demokratische Präsidentschaftskandidat Andrew Jackson das Tier als Symbol adoptiert. Seine Gegner hatten ihn wegen seines populistischen Slogans "Let the people rule" als Jackass (Esel) bezeichnet. Jackson machte das Beste daraus und druckte das Tier sogar auf seine Wahlplakate.

Während seiner anschließenden Präsidentschaft stand der Maulesel für Jacksons Sturheit. Selbst im Ruhestand galt Jackson als Führer der Demokraten - die sich allerdings nicht führen lassen wollte. Ein Cartoon aus dem Jahre 1837 zeigte Jackson, wie er sich mit einem störrischen Esel - seiner Partei - abmüht.

Die Demokraten konnten sich jedoch zu dieser Zeit noch nicht mit dem Tier als Maskottchen anfreunden. Für sie kam damals eher der Hahn in Frage.

Erst nach der Veröffentlichung der Nast-Cartoons über dreißig Jahre später begann der Esel seinen Siegeszug als Symbol für die Demokraten - auch wenn er von der Partei bislang nicht offiziell übernommen wurde.

Sie hat das Tier jedoch in den unterschiedlichsten Versionen verwendet, um ihre Publikationen zu schmücken. Auch das Logo des gegenwärtigen Democratic National Committee schmückt das Tier.

Für die Demokraten steht der Esel nach eigenen Angaben für Bescheidenheit, Gemütlichkeit, Tüchtigkeit, Mut und Liebenswürdigkeit. Die Republikaner betrachten das Tier dagegen als störrisch, dumm und lächerlich.

Der republikanische Elefant

Nast war auch derjenige, der den Elefanten zum Symbol der Republikaner machte. Zwar hatten schon 1860 in Railsplitter und 1872 in Harper's Weekly andere Zeichner die Partei in Zusammenhang mit dem Elefanten gebracht, doch der Durchbruch kam 1874 mit den Nast-Karikaturen.

In diesem Jahr reagierte der Harper's-Weekly-Zeichner auf Kritik gegen die Pläne des amtierenden republikanischen Präsidenten Ulysses S. Grant, für eine dritte Amtszeit anzutreten. Insbesondere die Zeitung New York Herald startete eine Kampagne, in der vor einem "Caesarentum" des Präsidenten gewarnt wurde.

In dieser Zeit brachte der Herald auch wissentlich eine Falschmeldung heraus, derzufolge alle Tiere aus dem Central Park Zoo geflohen waren und nun New Yorks Straßen auf der Suche nach Beute durchstreiften.

Angst vor Grants dritter Amtszeit

Nast kombinierte die zwei Themen für Harper's Weekly in dem Cartoon "Third Term Panic": Die Zeichnung zeigte einen Esel in einer Löwenhaut, der für den Herald stand und alle anderen Tiere in die Flucht schlug. Unter den flüchtenden Tieren befand sich auch ein Elefant, der abtrünnige Wähler der Republikaner repräsentieren sollte.

Der Dickhäuters drohte dabei in eine Grube aus Inflation, Chaos und Ablehnung zu stürzen - eine Falle der Demokraten. Nachdem die Republikanische Partei in der Wählergunst weiter sank, zeichnete Nast den Elefanten schließlich in genau dieser Falle.

Andere Zeichner übernahmen den Elefanten als Repräsentanten der Wähler - und dann auch der Partei der Republikaner.

Diese hat das Tier inzwischen offiziell zum Maskottchen erklärt. Die Parteimitglieder sehen im Elefanten Würde, Stärke, Intelligenz und ein gutes Gedächtnis, während die Demokraten ihn als aufgeblasen, dumm und konservativ betrachten.

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