US-Präsident Trump:Reaktion auf Trump: Iran stoppt Vergabe von Visa an US-Bürger

US-Präsident Trump: Die Freiheitsstatue in New York steht auch für das Einwanderungsland USA.

Die Freiheitsstatue in New York steht auch für das Einwanderungsland USA.

(Foto: AFP)
  • In Ägypten sind die ersten Betroffenen des jüngst von Donald Trump verhängten Einreiseverbots gestrandet.
  • Menschen aus sieben vorwiegend muslimischen Ländern dürfen nicht mehr in die USA einreisen.
  • Die Reaktionen auf den Schritt des US-Präsidenten im In- und Ausland fallen überwiegend negativ aus.
  • Das Entsetzen vor allen in muslimischen Ländern ist riesig.

Ernst nehmen müsse man Donald Trump. Aber nicht wörtlich. So lautet nach dem Wahlsieg des Republikaners im November vergangenen Jahres eine viel geäußerte Meinung. Keine Sorge, er werde schon keine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen, das sei nur ein populistisches Wahlkampfinstrument gewesen. Genau wie die Drohung, Muslime nicht mehr in die USA einreisen zu lassen.

Doch jetzt, nach der erste Woche seiner Präsidentschaft, zeigt sich bereits überdeutlich: Man muss Trump ernst und wörtlich nehmen.

Trump baut die Mauer. Und Trump schränkt die Einreise von Flüchtlingen und Migranten in die Vereinigten Staaten massiv ein. Der US-Präsident unterzeichnete einen Erlass, der die Visa-Vergabe an Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern für 90 Tage untersagt. Das Flüchtlingsprogramm der USA wird für 120 Tage ausgesetzt, syrische Flüchtlinge dürfen vorerst gar nicht mehr einreisen.

Damit hat Trump bereits jetzt die US-Flüchtlingspolitik fundamental verändert. Und die Grundlage dafür gelegt, die Einwanderungspolitik auf Jahre hinaus völlig neu zu gestalten.

In Ägypten sind bereits erste Flüchtlinge als Konsequenz aus dem Einreiseverbot auf einem Flughafen gestrandet. Sieben Menschen aus dem Irak und dem Jemen seien am Samstag in Kairo daran gehindert worden, eine Maschine der EgyptAir mit Flugziel New York zu besteigen, sagten Flughafenmitarbeiter.

Die sieben Personen, sechs Iraker und ein Passagier aus dem Jemen, seien von Mitarbeitern des UN-Flüchtlingshilfswerkes begleitet worden, hieß es weiter. Nach einem Anruf im New Yorker Flughafen John F. Kennedy habe die Flughafenbehörde die Gruppe gestoppt. Weitere Einzelheiten waren zunächst nicht bekannt.

"Das ist ein großes Ding", sagte Trump selbst nach der Unterzeichnung des Dekrets mit dem Titel "Schutz der Nation vor der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten" im Pentagon. Dem Dekret zufolge sollen Bürger der Länder Irak, Iran, Jemen, Libyen, Somalia, Sudan und Syrien für drei Monate nicht mehr in die USA einreisen dürfen - ausgenommen sind nur Besitzer von Diplomaten-Visa und Mitarbeiter internationaler Organisationen.

Die Reaktionen aus dem In- und Ausland auf diesen radikalen Schritt sind entsprechend heftig.

"Über die Wangen der Freiheitsstatue rollen Tränen", sagte der demokratische Oppositionsführer im Senat, Charles Schumer. Es sei eine der schlimmsten Entscheidungen, die Trump bisher gefällt habe. Auch andere Vertreter der Demokraten verurteilten den Erlass. Er sei Ausdruck einer extremen Fremdenfeindlichkeit, sagte Senator Edward Markey.

Von den Republikanern erhielt Trump dagegen Unterstützung. Die Extremistenmiliz IS habe damit gedroht, das Einwanderungssystem zu missbrauchen, um Attentäter einzuschleusen, sagte der Abgeordnete Bob Goodlatte, Vorsitzender des Justizausschusses im Repräsentantenhaus. Auch der Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, signalisierte Zustimmung. "Präsident Trump hat recht, alles Mögliche zu tun, damit wir genau wissen, wer ins Land kommt."

Mehrere US-Bürgerrechtsgruppen haben bereits Klage eingereicht. Das Vorgehen der mächtigen US-Bürgerrechtsorganisation ACLU sowie weiterer Gruppen richtet sich gegen Trump selbst sowie gegen das Heimatschutzministerium und wurde am Samstag vor einem Bundesgericht in New York eingereicht. Konkret fordern die Kläger unter anderem die Freilassung von zwei Irakern, die am Freitag in New York am Flughafen festgenommen worden waren. Sie beantragten auch, dass die Klage als Sammelklage behandelt wird, damit sie weitere von der Anordnung betroffene Reisende und Flüchtlinge vertreten können.

Tausende führende Akademiker der USA, darunter zwölf Nobelpreisträger, haben außerdem eine Petition unterzeichnet, die sich gegen den Einreisestopp wendet. Einer der Organisatoren sagte der Washington Post, dass im Moment etwas zehn Emails pro Minute mit neuen Unterzeichnern eingehen. Die Petition ist hier einzusehen.

Google hat als Reaktion sogar seine Mitarbeiter aus dem Ausland zurückgerufen. "Es ist schmerzlich zu sehen, wie sich diese Anordnung persönlich auf unsere Kollegen auswirkt", schrieb Google-Chef Sundar Pichai in einer Nachricht an seine Mitarbeiter, aus der die Nachrichtenagentur Bloomberg zitierte. Die Aufforderung, vor dem Inkrafttreten der Anordnung in die USA zurückzukehren, betrifft demnach mehr als 100 Google-Mitarbeiter, die sich derzeit beruflich oder privat im Ausland aufhalten und aus muslimischen Ländern stammen."Wir sind besorgt über die Auswirkungen dieser Anordnung und über alle Vorschläge, die Einschränkungen für Google-Mitarbeiter und ihre Familien mit sich bringen könnten, oder die Schranken aufbauen, die große Talente an der Einreise in die USA hindern könnten", sagte eine Google-Sprecherin später in einer Stellungnahme. Auch Facebook-Chef Mark Zuckerberg hatte sich "besorgt" über eine Beschränkung der Einwanderung in die USA geäußert.

"Besorgt" über die Maßnahmen zeigten sich auch Deutschland und Frankreich, wie der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault nach dem Antrittsbesuch von Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) in Paris sagte. Es sei "unsere Pflicht", Flüchtlinge aus Kriegsgebieten aufzunehmen.

Entsetzen in der muslimischen Welt

Besonders groß ist das Entsetzen über Trump in muslimischen Ländern. Der iranische Präsident Hassan Ruhani kritisierte: "Wir sind in der Zeit der Globalisierung, die alle Völker zu Nachbarn gemacht hat". Besonders Reisen sorgten für ein besseres Verständnis für andere Kulturen und damit für mehr Toleranz.

Der Nachrichtenagentur Tasnim zufolge hat Iran angekündigt, seinerseits die Vergabe von Visa an US-Bürger zu stoppen. Teheran werde als Reaktion auf die "beleidigende Entscheidung der USA" das Prinzip der Gegenseitigkeit walten lassen, bis die Maßnahme wieder aufgehoben werde, erklärte das iranische Außenministerium. Trumps Erlass verstoße gegen internationales Recht. Das Ministerium wies seine Botschaften und Konsulate in der Welt außerdem an, iranische Bürger zu unterstützen, die Probleme bei der Einreise in die USA hätten.

Millionen Iraner sind nach der islamischen Revolution 1979 in die USA ausgewandert, besonders nach Kalifornien. Reisen aus Iran in die USA waren schon in der Vergangenheit mit viel bürokratischem Aufwand verbunden. Viele befürchten nun, dass sie während der Präsidentschaft Trumps ihre Familienangehörigen aus Iran überhaupt nicht mehr besuchen können.

"Ängste werden bestärkt"

Ibrahim Fraihat, Professor für Konfliktlösungen am Doha Institut, sagte der Schritt Trumps werde "die Ängste bestärken, die viele in der muslimischen Welt in Bezug auf Trump haben". Mit diesem Dekret werde klar, dass Trump seine Drohungen aus dem Wahlkampf tatsächlich wahr mache, so Fraihat. Extremisten würden den Einreisebann als Rekrutierungsinstrument einsetzen. Er fördere ihr Argument, die USA seien gegenüber allen Muslimen feindlich eingestellt, glaubt Fraihat.

Amir Handjani, Mitarbeiter der Denkfabrik Atlantic Council in Dubai, sagt, der Erlass werde Terrorismus kaum verhindern. Wahrscheinlicher sei es, dass dadurch die Zusammenarbeit bei der Terrorbekämpfung erschwert werde. "Wenn die betroffenen Länder das Gefühl haben, die US-Regierung sperre ihre Bürger aus, haben sie weniger Grund zur Zusammenarbeit", sagte Handjani.

Doch nicht nur Politiker und Anti-Terrorexperten melden sich zu Wort. Die pakistanische Kinderrechtsaktivistin Malala Yousafzai sagte, der Erlass breche ihr das Herz. Die Friedensnobelpreisträgerin rief Trump auf, die "schutzlosesten Kinder und Familien" in der Welt nicht im Stich zu lassen.

Der iranische Star-Regisseur und diesjährige Oscar-Kandidat Asghar Farhadi erwägt aus Protest gegen die neue US-Einwanderungspolitik einen Boykott der Oscar-Zeremonie. Er werde seine Entscheidung in den nächsten Tagen bekanntgeben, hieß es am Samstag von seinem Büroleiter.

Die Iranerin Sheyda Monshizadeh-Azar erklärte im Guardian, sie sei entsetzt: "Der pauschale Bann für alle Iraner ist diskriminierend und wird Familien auseinanderreißen. Ich bin eine optimistische Person, doch heute fühle ich mich zerschlagen."

Und Trump? Sorge vor wütenden Reaktionen in muslimischen Ländern hat er nicht. Sein Argument: Die Welt sei ohnehin schon voller Wut.

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