US-Präsident:Trump bereut Ernennung von Sessions zum Justizminister

Lesezeit: 3 Min.

  • Donald Trump fühlt sich von seinem Justizminister Jeff Sessions verraten. Dieser habe sich nicht aus der Russland-Affäre zurückziehen dürfen.
  • Sessions hatte sich für befangen erklärt. Seit Mai überwacht Ex-FBI-Chef Robert Mueller die Ermittlungen in der Sache.
  • Im Interview mit der New York Times sagt Trump: "Wenn er sich für befangen erklärt, dann hätte er mir das sagen müssen, bevor er den Job annimmt, und ich hätte jemand anders ausgesucht."

Von Johanna Bruckner, New York

Loyalität ist Donald Trump bei seinem politischen Personal wichtig. Wichtiger sogar als korrektes Verhalten im Amt. Das bekommt jetzt Justizminister Jeff Sessions zu spüren, eigentlich ein früher Unterstützer des amerikanischen Präsidenten. Nachdem der Immobilienmilliardär 2015 seine Kandidatur bekanntgegeben hatte, war Sessions der erste republikanische Senator, der Trump seine Unterstützung zusicherte. Dafür bekam er später einen der prestigeträchtigsten Jobs in Trumps Kabinett: den Posten des Justizministers. Trump boxte seinen Kandidaten gegen erbitterten Widerstand der Demokraten durch. Und wie revanchierte sich Sessions? Mit Verrat - so sieht das zumindest Trump.

In einem Interview mit der New York Times sagte er jetzt: "Sessions hätte sich niemals für befangen erklären sollen (in der Russland-Affäre; Anm. d. Red.), und wenn er sich für befangen erklärt, dann hätte er mir das sagen müssen, bevor er den Job annimmt, und ich hätte jemand anders ausgesucht." Der Justizminister hatte sich im März aus den Ermittlungen um mögliche Verbindungen von Trumps Wahlkampfteam zur russischen Regierung zurückgezogen. Bei der Untersuchung geht es letztendlich auch um die Frage, ob Moskau Einfluss auf die US-Wahl im vergangenen November genommen hat. Sessions Entscheidung habe überhaupt erst zur Ernennung eines Sonderermittlers geführt, so Trump, dies hätte nicht passieren dürfen. Seit Mai überwacht der ehemalige FBI-Chef Robert Mueller die Ermittlungen in der Sache.

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Kommentar von Marc Beise

So sehr Trump seinem Weggefährten grollt - von Amts wegen dürfte Sessions alles richtig gemacht haben. Zumindest bei dieser Entscheidung. Denn Sessions unterhielt selbst Beziehungen zu russischen Diplomaten, die bis heute nicht richtig aufgeklärt sind. So war im Frühjahr bekannt geworden, dass sich der 70-Jährige im Wahlkampf zweimal mit dem russischen Botschafter in Washington, Sergej Kisljak, getroffen hatte. Einen besseren Grund, um Befangenheit geltend zu machen, gibt es wohl kaum. Zumal Sessions bei seiner obligatorischen Anhörung im Senat vor der Wahl zum Justizminister noch behauptet hatte, nicht mit Russen kommuniziert zu haben.

"Sehr unfair gegenüber dem Präsidenten"

Auch diese Lüge tadelte Trump jetzt im Interview ("Jeff Sessions hat ein paar schlechte Antworten gegeben") - härter aber trifft den Präsidenten offenkundig der (empfundene) Vertrauensbruch. "Jeff Sessions übernimmt den Posten, tritt den Job an, zieht sich aus Befangenheit zurück, das finde ich, offen gestanden, sehr unfair gegenüber dem Präsidenten."

Nicht nur von Sessions fühlt sich Trump schlecht behandelt: Er teilt auch aus gegen Ex-FBI-Chef James Comey (soll Trump quasi erpresst haben, um seinen Job zu sichern) und Sonderermittler Mueller (bekommt eine präsidiale Warnung, die Finanzen der Familie Trump in Ruhe zu lassen). Und der US-Präsident berichtet von seinem informellen Gespräch mit Russlands Machthaber Wladimir Putin beim G-20-Gipfel in Hamburg (es sei vor allem um "Nettigkeiten" gegangen). Doch bemerkenswert ist vor allem die öffentliche Abrechnung mit einem ehemaligen politischen Freund - zumal in der New York Times.

Zwar hat der Präsident der Zeitung auch schon in der Vergangenheit Interviews gegeben. Aber dass er im 50-minütigen, intimen Gespräch mit seinem Justizminister bricht und einem Blatt so eine aufmerksamsstarke Schlagzeile beschert, das er gerne mal als "fake news media" schmäht? Das ist doch außergewöhnlich. Zwischenzeitlich war der New York Times und anderen Medien sogar der Zutritt zu einer Fragerunde im Weißen Haus verwehrt worden. Doch nun, so mutmaßt die Times selbst, sei der Regierung offenbar mehr daran gelegen, die Russland-Affäre hinter sich zu lassen und nach dem Fiasko um die vorerst gescheiterte Gesundheitsreform vorwärts zu kommen.

Nachdem klar ist, dass Trumps eigener Gesundheitsplan keine Mehrheit im Senat bekommt, hat der Präsident verfügt, dass zumindest "Obamacare" weg muss. Darüber soll in der kommenden Woche abgestimmt werden. Ob der Präsident damit allerdings Sympathien gewinnt, ist fraglich: Der Haushaltsbehörde des Kongresses zufolge droht bei einer ersatzlosen Rücknahme des Patient Protection and Affordable Care Act bis 2026 32 Millionen Amerikanern der Verlust ihrer Krankenversicherung.

Angesichts dessen dürfte es kaum reichen, dass sich Trump gegenüber Journalisten ausnahmsweise entgegenkommend zeigt, statt gegen sie zu hetzen. Und auch die mit ihrer Tochter Arabella ins Interview platzende Ivanka Trump ist am Ende des Tages nur eine Randnotiz, die den mächtigsten Mann der Welt als netten Großvater zeigt. Beziehungsweise: zeigen soll. Denn kurz bevor die New York Times ihren Interview-Scoop veröffentlichte, wurde bekannt, dass in der kommenden Woche Trumps engster Zirkel in der Russland-Affäre vor Gremien des Senats aussagen muss.

Der Justizausschuss hat für den kommenden Mittwoch Trumps Sohn Donald Jr. und Ex-Wahlkampfmanager Paul Manafort geladen. Bereits am Montag macht Schwiegersohn Jared Kushner seine Aussage vor dem Geheimdienstausschuss des Senats - allerdings hinter verschlossenen Türen. Unangenehme Aussichten für die First Family.

Belastende Informationen über Clinton? Brauchte Trump nicht

Trump versucht deshalb schon mal vorab das Treffen seines Sohnes mit einer russischen Anwältin im Wahlkampf herunterzuspielen (damals ebenfalls anwesend: Manafort und Kushner). Die Anwältin soll Donald Trump Jr. belastende Informationen über Hillary Clinton in Aussicht gestellt haben.

Der New York Times erklärte er: "Es gab nicht viel, das ich über Hillary Clinton hätte sagen können, das schlimmer gewesen wäre als das, was ich ohnehin schon gesagt habe. Wenn nicht jemand gesagt hätte, dass sie jemanden in den Rücken geschossen hat, hätte es nicht viel gegeben, das ich in mein Repertoire hätte aufnehmen können."

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