US-Präsident Obama in Ghana:Besuch von Bruder Barack

Umjubelte Ankunft in Ghana: US-Präsident Obama reist in das Land, um den Erfolg einer afrikanischen Demokratie zu würdigen - in Kenia ist die Enttäuschung groß.

Arne Perras, Accra

Kenia murrt, Nigeria ist beleidigt - und Ghana jubelt: Auf seiner ersten Reise in ein Land südlich der Sahara als US-Präsident kommt Barack Obama nach Accra. Das ghanaische Volk wird Obama feiern wie keinen anderen amerikanischen Staatschef zuvor.

US-Präsident Obama in Ghana: Obama-Fieber in Ghana: Tausende Bürger machten sich auf den Weg zum Flughafen in Accra, um den US-Präsidenten zu begrüßen.

Obama-Fieber in Ghana: Tausende Bürger machten sich auf den Weg zum Flughafen in Accra, um den US-Präsidenten zu begrüßen.

(Foto: Foto: AP)

Der Afro-Amerikaner Obama, dessen Vater aus Kenia stammt, gilt auf dem Kontinent als "einer von uns". Sein Besuch ruft Sehnsüchte und Hoffnungen wach, und an diesem Wochenende wird ganz Afrika auf Ghana blicken, das stolz ist auf den Besuch des fernen Bruders, der das große Amerika regiert.

Warum aber hat Obama ausgerechnet Ghana gewählt? Es ist keines der Schwergewichte des Kontinents, die Regionalmächte heißen Nigeria, Kenia und Südafrika. Zwar hat es reiche Ölfunde vor der Küste Ghanas gegeben, aber noch macht der Staat damit keinen Profit wie die anderen westafrikanischen Staaten, die reichlich Öl in die USA exportieren und aus dem strategischen Blickfeld der Supermacht nicht mehr wegzudenken sind.

Ökonomisch ist Ghana ein Zwerg, aber das macht nichts. Denn Präsident Obama reist aus einem anderen Grund dorthin. Er weiß um die symbolische Bedeutung dieses Besuchs, seine Botschaft ist klar: Er will die Erfolge einer afrikanischen Demokratie würdigen. Wiederholt hat es hier seit den neunziger Jahren friedliche Machtwechsel gegeben.

Dem Rechtsstaat verpflichtet

Präsident John Atta Mills, der im Januar sein Amt antrat, "ist dem Rechtsstaat verpflichtet", erklärt Obama. "Das wollen wir hervorheben." Johnnie Carson, Chef der Afrikapolitik in Obamas Team, hofft darauf, dass die Unterstützung Ghanas andere Staaten dazu bewegen wird, auch auf demokratische Regeln zu setzen.

Ist Accra also ein politischer Leuchtturm für den ganzen Kontinent? Der ghanaische Rechtswissenschaftler Kojo Asante vom Centre for Democratic Development stimmt Obama einerseits zu. Andererseits warnt er davor, die demokratischen Fortschritte des Landes als Allheilmittel zu betrachten. "Wir sind immer noch arm", sagt er, "und wir müssen unsere ganze Ökonomie umbauen, wenn wir das Elend überwinden wollen."

Zwar habe Ghana die Armut in fünfzehn Jahren von 52 Prozent auf 28 Prozent reduziert - ein beachtlicher Erfolg. Aber die Perspektivlosigkeit vieler Jugendlicher bleibe dennoch ein drängendes Problem. Asante sagt, dass sein Land die Landwirtschaft weiter ausbauen müsse, aber auch dringend neue Wirtschaftszweige brauche, um zu bestehen.

Das Öl, das Ghana künftig fördern soll, dürfte die Staatskassen füllen, aber darin liegt auch ein Risiko, das anderen afrikanischen Staaten zum Verhängnis wurde. Denn es ist schwer, die Ölmilliarden sauber zu verwalten und Diebstahl zu verhindern. Zudem zieht das Ölgeschäft mit seinen Milliardeneinkünften so viel Aufmerksamkeit auf sich, dass ein Staat leicht alle anderen Wirtschaftszweige aus dem Auge verliert. Das macht Asante Sorgen - trotz der Chancen, die das Öl für Ghana eröffnet.

Nigeria ist ein Beispiel dafür, wie tief ein Land in Korruption und Missmanagement versinken kann, wenn sich seine Führung über Jahrzehnte an den Ressourcen bereichert. Obama umgeht nun Nigeria bei seinem ersten Afrika-Besuch, weil er ein Zeichen für den Wandel setzen will. Dennoch ist offenkundig, dass die USA auf einen Staat wie Nigeria schwerlich verzichten können, wenn sie ihren Bedarf an Öl decken wollen. Schon jetzt kommen 15 Prozent der US-Importe aus Westafrika, in wenigen Jahren wollen die Amerikaner ein Viertel ihres Öls aus dieser Region beziehen.

Mächtige Symbole prägen die Reise

Auch auf der Ostseite des Kontinents, in Kenia, ist die Enttäuschung groß, dass "der Sohn" Barack Obama nicht kommt. Doch der US-Präsident hätte sich mit diesem Reiseziel doch sehr angreifbar gemacht: Sofort wäre der Vorwurf laut geworden, Obama wolle die Heimat seines Vaters bevorzugen, er stelle eigene Interessen über die des Staates. Ohnehin gibt Nairobi kein leuchtendes Beispiel ab. Dort mündete die Wahl in Gewalt, abgesehen davon, dass auch in Kenia ein Korruptionsskandal den nächsten jagt, ohne dass Schuldige bestraft würden.

Mit seinem Besuch in Ghana kann Obama also nicht viel falsch machen. Es werden die mächtigen Symbole sein, die diese Reise prägen: Vor allem wenn er mit seiner Frau Michelle hinunter an die Küste fliegt und durch die Keller von Cape Coast Castle geht. Mehr als dreißig solcher "Sklavenburgen" haben die Europäer einst am Küstenstrich des heutigen Staates Ghana errichtet, um Afrikaner wie Ware nach Amerika zu verschiffen.

Millionen Menschen wurde entwurzelt und in die neue Welt verfrachtet, wenn sie überhaupt überlebten. Zwar hat Obama selbst keine Sklaven als Vorfahren, aber seine Frau Michelle und damit seine Kinder. In den finsteren Kammern am Atlantik werden die Obamas die Erinnerung wachhalten an eines der größten Menschheitsverbrechen der Geschichte.

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