Damit hatten sie ihn. Eine Falle, aus der es kein Entrinnen gab, hatten sie dem Präsidenten gestellt. Die Republikaner rieben sich die Hände. Dieser Kniff sei vielleicht nicht entscheidend für den Wahlkampf, aber sie waren sich sicher: Barack Obama könne sich da nicht herauswinden, ohne politisch Schaden zu nehmen.
Barack Obama inszeniert sich, wie hier auf einer Solarfarm in Florida, wieder als Umweltpolitiker. Doch seine Bilanz auf diesem Gebiet ist durchwachsen.
(Foto: REUTERS)Zwei Tage vor Weihnachten hatten die Republikaner sich im vergangenen Jahr ihre Zustimmung im US-Kongress zu einem kurzfristigen Steuerpaket teuer bezahlen lassen. Auf ihr Drängen hin wurde zusammen mit der Fortführung von Lohnsteuererleichterungen eine Klausel in das Gesetzespaket aufgenommen, die Obama verpflichtete, innerhalb von zwei Monaten zu entscheiden, ob die Pipeline Keystone XL gebaut wird - oder nicht.
Obama hat nur 26 Tage für die Antwort gebraucht: Der US-Präsident hat sich gegen die Pipeline entschieden - und das zugleich für einen gut orchestrierten Gegenangriff genutzt, mit dem er seine Gegner überrascht hat. Und der für ihn einen Befreiungsschlag bedeuten könnte.
Die Keystone XL sollte über eine Entfernung von 2700 Kilometern Erdöl von Kanada zum Golf von Mexiko transportieren. 700.000 Barrel Öl aus Teersand, täglich. Obama wollte den Entschluss zum Bau der Pipeline eigentlich vertagen. Bis nach den Präsidentschaftswahlen. Denn er wusste um die Brisanz dieser Entscheidung. Denn das Projekt spaltet die Demokraten.
Vor allem Gewerkschafter und der moderate Parteiflügel wollen den Bau, der zumindest vorübergehend 6500 Arbeitsplätze schaffen würde. Die Partei-Linke und Umweltschützer bekämpfen die Pipeline dagegen mit allem, was sie an politischem Gewicht haben. Für sie ist Keystone XL ein Test: Meint es Obama noch ernst mit der Bekämpfung des Klimawandels? Während seiner ersten Legislaturperiode sind daran Zweifel aufgetaucht, begründete Zweifel. Tausende Öko-Aktivisten drohten, Obama die Unterstützung im Wahlkampf zu verweigern.
Nach seiner Entscheidung werden sie ihn umso euphorischer stützen. Dabei war das eigentlich keine Entscheidung für den Umweltschutz, als vielmehr ein geschickt getimtes politisches Manöver. Obama versuchte die Republikaner zu überrumpeln. Als Grund für die Ablehnung führte er nicht den Umweltschutz an, sondern ganz profan: Zeitmangel. Die Republikaner hätten der Regierung nicht genügend Zeit für eine Prüfung des Projekts gegeben. Außerdem hätte man genauere Erkenntnisse über mögliche Auswirkungen auf die Gesundheit der Anwohner und die Umwelt gebraucht, erklärte Obama am Mittwoch. Es sei ihm gar nichts anderes übriggeblieben, als das Projekt abzulehnen.
Gleichzeitig versucht der Präsident, die Initiative an sich zu reißen: Denn passend zu der Entscheidung präsentierte das Wahlkampfteam Obamas den ersten Werbespot für dessen Wiederwahl. TV-Spots sind in Amerika ein bedeutendes Wahlkampfinstrument, viele Millionen Dollar werden investiert - und der erste Spot des Präsidenten wird von der Nation als wichtige Positionierung wahrgenommen. "Secretive oli billionaires attacking President Obama", sagt eine warme Stimme zu Beginn des 30-Sekunden-Spots. "Anonyme Öl-Milliardäre greifen Präsident Obama an." Anschließend sieht man den Präsidenten auf eine Solarfarm und Windräder im Sonnenuntergang. Saubere Energie steht im Mittelpunkt des Werbefilmchens.