US-Präsident:Ist Trump ein Rassist?

Gerade erst zog der US-Präsident über "Drecksloch-Staaten" in Afrika und Zentralamerika her. Das ist ein heftiger Ausfall. Aber längst nicht sein erster.

Von Thorsten Denkler, New York

Kip Brown hatte vor zwei Jahren eine Geschichte zu erzählen über Donald Trump. Er war Busfahrer. Aber als er noch ein junger Mann war, ein Teenager in der 80er Jahren, da arbeitete in Atlantic City, New Jersey, auch im Luxus Casino-Hotel Trump Castle, heute das Golden Nugget. In einer Geschichte für das Magazin The New Yorker erinnerte er sich 2015 an diese Zeit. Und Trumps Umgang mit Schwarzen. Wenn Trump und seine damalige Frau Ivana in das Casino kamen, "dann haben die Bosse alle schwarzen Mitarbeiter entfernt". - "Sie haben uns alle hinter die Kulissen verfrachtet."

Geschichten wie diese gibt es unzählige über den heutigen US-Präsidenten. Weshalb es kaum wundert, dass er am Donnerstag bei einem Treffen mit Demokraten und Republikanern zu einer Einwanderungsreform Medienberichten zufolge die Frage stellte: "Warum kommen immer noch Leute aus Drecksloch-Staaten zu uns?" Gemeint waren wohl vornehmlich afrikanische und mittelamerikanische Staaten. Er sähe lieber mehr Menschen zum Beispiel aus Norwegen in den USA. Also lieber weiße und blonde, so wie ihn, statt dunkelhäutige? Das wäre rassistisch.

Am nächsten Tag aber dementierte Trump in einem Tweet, das sei "nicht meine Sprache". Einem Vertrauten soll er aber angeblich in einem Telefonat am Donnerstagabend bestätigt haben, dass das Wort gefallen sei. Und dass er nichts zurückzunehmen habe.

So macht Trump es oft. Erst provozieren, dann nichts gesagt haben wollen und sich doch mit den Provokationen brüsten. Anwesende wie der demokratische Senator Dick Durbin aus Illinois halten fest: Wenn Trump behaupte, dass er das Wort "Drecksloch" so nicht gesagt habe, dann sei das schlicht "nicht wahr". Er habe sogar mehrfach "abscheuliche und rassistische" Bemerkungen gemacht. 54 afrikanische Staaten fordern jetzt über ihre Botschafter an den Vereinten Nationen in New York eine Entschuldigung. Sie werden sie wohl eher nicht bekommen.

Die meisten, über die Trump spricht, sind völlig legal in den USA

Es nicht der erste Ausfall von Trump im Amt. Im Juni hat er Haitianern unterstellt, sie hätten "alle Aids". Über etwa 40 000 Nigerianer, die in den USA lebten, sagte er im gleichen Treffen: Hätten diese einmal "ihre Hütten verlassen", würden sie nie wieder zurückgehen.

Die allermeisten Menschen, über die Trump da spricht, sind übrigens völlig legal in den USA. Sie haben gültige Visa, sind im strengen Greencard-Verfahren ausgewählt worden. Oder stehen unter dem Schutz des TPS, des Temporary Protected Status. Einem Programm, dass der frühere Präsident George H.W. Bush 1990 eingeführt hat. Er wollte damit Menschen in den USA Zuflucht geben, in deren Heimat sich schlimme Naturkatastrophen ereignet haben oder Bürgerkriege ein sicheres Leben unmöglich machen.

Trump scheint mit seinem "Drecksloch"-Kommentar einen wichtigen Grundsatz US-amerikanischer Einwanderungspolitik missverstanden zu haben. Es geht um die Bewertung des individuellen Schicksals. Der individuellen Fähigkeiten. Nicht um den Zustand bestimmter Staaten.

Trump aber würde gerne etwa die Greencard-Lotterie gleich vollständig abschaffen. Weil daran ja auch Afrikaner teilnehmen können. Er verkennt aber, dass mit der Lotterie weltweit die besten Köpfe eine Chance haben, dauerhaft in den USA zu leben und zu arbeiten. Wer ausgelost wird, der muss sich noch einem aufwändigen Prüfungsverfahren unterziehen. Erst wenn er das besteht, kann er die Greencard bekommen - und dann auch weite Teile seiner Familie ins Land bringen. Die eigentliche Debatte wird - anders als Trump glaubt - über den Familiennachzug geführt. Diesen will die Trump-Regierung jetzt begrenzen.

"Ich habe Schwarze, die mein Geld zählen! Ich hasse das."

Erstmals öffentlich unter Rassismus-Verdacht gefallen ist die Trump-Familie 1973. Damals hat das Justizministerium die Immobilienfirma von Donald Trumps Vater Fred verklagt, weil diese angeblich Menschen wegen "ihrer Rasse und Hautfarbe" keine Wohnungen vermieten wollte. Donald Trump hat das damals scharf zurückgewiesen. Das Gericht ist ihm gefolgt.

Im Jahr 1991 erschien das Trump-kritische Buch "Trumped!". Darin erinnert sich ein Ex-Casino-Manager von Trump, John R. O'Donnell, wie Trump sich über die Zustände in den Finanzabteilungen seiner Casinos "Plaza" und "Castle" in Atlantic City beschwert: "Ich habe Schwarze, die mein Geld im Trump Castle und im Trump Plaza zählen! Ich hasse das."

Trump zieht über einen Mitarbeiter besonders her. "Ich glaube, der Typ ist faul. Und das ist wahrscheinlich nicht sein Fehler, weil Faulheit gehört zum Charakter der Schwarzen. Das ist so. Ich glaube das. Es ist nichts, was sie kontrollieren könnten."

Das ist lange her, sicher. Und es ist nicht zweifelsfrei belegt, dass diese Aussagen so gefallen sind. Trump hatte damals zunächst erklärt, was O'Donnell schreibe, sei "wahrscheinlich richtig". Später nahm er das zurück.

Aber Trump erlaubt wenig Zweifel, dass er bis heute so tickt.

Die politische Ausrichtung der Trump-Regierung ist ebenfalls eindeutig. Über 300 000 Menschen aus Haiti, El Salvador, Nicaragua und Honduras sollen bis zum Sommer ihren Schutz unter den TPS-Programm verlieren. Obwohl ihre Heimat-Länder alles andere als sicher sind.

Dass es heute immer noch keinen "Muslim Ban" gibt, den Trump im Wahlkampf versprochen hatte, liegt allein an den Gerichten, die jede Diskriminierung aus religiösen Gründen untersagt haben.

Und das Daca-Programm, das etwa 800 000 Menschen vor Abschiebung schützt, die als Kinder in die USA gebracht wurden, hat Trump im Herbst beenden lassen. Jetzt will er das Programm angeblich mit einem "Gesetz der Liebe" retten. Er verknüpft dies mit den kaum annehmbaren Bedingungen, dass seine Mauer zu Mexiko finanziert, die Greencard-Lotterie abgeschafft und Familiennachzug beendet wird.

Im jüngsten Wahlkampf in Alabama hat Trump den erbitterten Einwanderungsgegner Roy Moore unterstützt. Der hat die Wahl zum Senator dann knapp verloren.

Einer der wichtigsten Treiber hinter dieser Politik ist sein hartrechter Berater Stephen Miller, der wie Trump sehr gut mit dem ebenfalls ultrarechten Populisten Steve Bannon konnte. Dass das jetzt nicht mehr so ist, liegt nicht daran, dass Miller und Trump der politische Ansatz von Bannon zu radikal geworden wäre. Sondern daran, dass Bannon in einem jüngsten Buch Trumps Tochter Ivanka als "dumm wie ein Ziegelstein" bezeichnet hatte.

Die offene Frage bleibt: Ist Trump ein Rassist? Die republikanische Kongressabgeordnete Ileana Ros-Lehtinen aus Florida hat da nach Trumps "Drecksloch"-Kommentar eine klare Haltung: "Wenn das kein Rassismus ist, dann weiß ich nicht, wie Rassismus definiert werden kann."

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