Süddeutsche Zeitung

US-Politik:Trumps giftige Großzügigkeit

Lesezeit: 3 min

Von Thorsten Denkler, New York

US-Präsident Donald Trump will seine Mauer zu Mexiko. Und zwar so sehr, dass er jetzt bereit zu sein scheint, im Gegenzug bis zu 1,8 Millionen sogenannten Dreamern einen dauerhaften, legalen Aufenthalt in den USA zu ermöglichen. Bis hin zur Staatsbürgerschaft.

Als "Dreamer" werden Menschen bezeichnet, die als unter 16-Jährige größtenteils aus Lateinamerika illegal in die USA gebracht wurden. Trumps Vorgänger Barack Obama hatte mit einem Dekret das Daca-Programm ins Leben gerufen, das diese Menschen vor Abschiebung schützt und ihnen eine Arbeitserlaubnis gibt. Derzeit stehen noch etwa 700 000 Menschen unter dem Schutz von Daca. Nach Berechnungen des Weißen Hauses könnten mehr als doppelt so viele von den Eckpunkten profitieren, die Trump jetzt dem Senat vorgeschlagen hat. Allerdings soll demnach eine vollwertige Staatsbürgerschaft erst nach zehn- bis zwölfjähriger Wartezeit und nur für höchstens 690 000 Menschen ermöglicht werden.

Die Teilnahme am Daca-Programm ist an strenge Regeln geknüpft und muss regelmäßig erneuert werden. Die Teilnehmer dürften sich etwa nicht strafbar machen. Trump hatte das Programm im Herbst von seinem Justizminister Jeff Sessions mit Wirkung zum März dieses Jahres beenden lassen. Den Schritt aber mit dem Versprechen verbunden, dass es im Kongress eine gesetzliche Lösung für die bisherigen Daca-Teilnehmer geben werde.

Komplett abgewichen ist Trump von seinem Versprechen noch nicht. Aber er verlangt im Gegenzug, dass der Kongress viel Geld für seine Mauer zu Mexiko bewilligt. In dem Vorschlag, den er nach Medienberichten jetzt dem Senat unterbreitet hat, fordert er einen Mauer-Fonds, der mit 25 Milliarden Dollar ausgestattet werden soll. Das würde die vermuteten Kosten des Baus wohl im Kern decken. Die Mauer ist eines der Kernversprechen von Trump an seine immigrationsfeindliche Wählerbasis.

Mit seinem Vorschlag erhöht Trump den Druck auf die Demokraten, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Die berufen sich noch immer auf das ursprüngliche Versprechen des US-Präsidenten, Daca losgelöst von anderen Forderungen zu verhandeln. Der Hebel der Demokraten ist der US-Bundeshaushalt für das laufende Jahr, der immer noch nicht verabschiedet ist. Dafür braucht es vor allem im Senat die Unterstützung der Demokraten. Die sind dazu aber eben nur bereit, wenn es für das Daca-Programm eine Lösung gibt.

Für Breitbart ist Trump nur noch "Amnesty Don"

Bereits mehrfach wurde wegen des Streits um die "Dreamer" eine drohende Schließung der Bundesregierung und ihrer Behörden erst in letzter Minute mit kurzfristigen Finanzierungen des Bundeshaushaltes abgewendet. Vergangenen Freitag verstrich eine weitere Frist. Über das Wochenende kam es erstmals in Trumps Amtszeit zum sogenannten Shutdown, der am Montag mit einer Übergangsfinanzierung bis zum 8. Februar beendet wurde.

Daca wird von einer großen Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung unterstützt. Die Programmteilnehmer gelten als hervorragend integriert, haben in der Regel ein eigenes Einkommen, sind gut ausgebildet und besitzen Eigentum. Viele arbeiten als Lehrer oder leisten Dienst im US-Militär.

Unklar ist, ob konservative und rechte Republikaner in Senat und Abgeordnetenhaus bereit sein werden, Trumps Vorschlag zu unterstützen. In konservativen Kreisen fährt Trump schon für seine prinzipielle Bereitschaft, das Daca-Programm fortzuführen, deutliche Kritik ein. Auf der stramm rechten Internetplattform Breitbart News werden Trumps Pläne bereits als "Don's Amnesty Bonanza" gebrandmarkt. "Bonanza" bedeutet so viel "Goldgrube". Und Trumps Vorschlag ist aus Breitbart-Sicht wohl eine Goldgrube für Immigranten.

Warum Trumps Angebot vergiftet ist

Das Weiße Haus verkauft Trumps Vorschlag selbst als überaus "großzügig". Was den Daca-Teil angeht, mag das stimmen. Der Vorschlag geht weit über das hinaus, was die Demokraten bisher gefordert haben. Sie würden sich damit zufriedengeben, wenn kein Daca-Teilnehmer ab März mit Abschiebung rechnen muss.

Aber Trumps Vorschlag ist nicht umsonst zu einem großen Teil das Werk seines Beraters Stephen Miller, der für seine immigrations- und islamfeindlichen Ausbrüche bekannt ist. Er macht aus der Großzügigkeit ein vergiftetes Angebot. Teil des Vorschlages ist etwa, den Familiennachzug stark zu begrenzen und neben dem Geld für die Mauer auch grundsätzlich mehr Geld für die Grenzsicherung bereitzustellen.

Für die Dreamer hat der Vorschlag einen dicken Haken: Ihre Eltern sollen nicht das Recht bekommen, mit ihnen in den USA bleiben zu dürfen. Umstritten sein dürfte auch Trumps Forderung, die Greencard-Lotterie stark zu beschränken. Bürger aus bestimmten afrikanischen Staaten sollen daran nicht mehr teilnehmen können. Trump hatte einige afrikanische Staaten kürzlich nach Medienberichten als "Drecksloch"- , respektive "Scheißhaus"-Staaten bezeichnet. Diese Haltung unterstreicht er jetzt mit seinem Vorschlag.

Es wird sogar erwartet, dass zumindest die Republikaner im Repräsentantenhaus mit einem deutlich konservativeren Vorschlag für den Daca-Teil in die kommenden Verhandlungen gehen. Dort haben die Republikaner eine satte Mehrheit, anders als im Senat, wo sie nur knapp führen und die Zustimmung von mindestens neun Demokraten benötigen. Am Ende müssen beide Häuser einem gleichlautenden Gesetz zustimmen, das nur dann in Kraft treten kann, wenn Trump es unterzeichnet.

Immigranten-Organisationen wie "America's Voice" lehnen Trumps Vorschlag rundweg ab. Deren Chef Frank Sharry sagte, er erwarte "von jedem Demokraten", dass er gegen den Trump-Vorschlag opponiere. Es könne nicht sein, dass Trump die Verzweiflung der Dreamer nutze, um die Grundwerte zu zerstören, die mit der Freiheitsstatue in Verbindung stünden.

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