US-Politik:Steht ein grüner Soldat in der afghanischen Wüste

US-Politik: Ein afghanischer Soldat - in Waldgrün. Nicht sehr sinnvoll in einem Land, das fast keinen Wald kennt.

Ein afghanischer Soldat - in Waldgrün. Nicht sehr sinnvoll in einem Land, das fast keinen Wald kennt.

(Foto: AP)
  • Vor zehn Jahren soll der afghanische Verteidigungsminister Wardak danach verlangt haben, dass seine Soldaten eine einheitliche Uniform bekommen.
  • Auf der Suche nach geeigneter Bekleidung ist Wardak, der 2012 das Amt aufgab, dann auf waldgrüne Tarnanzüge gestoßen.
  • Die Kosten von 28 Millionen Dollar übernahmen die USA, nun untersucht das Pentagon, wie es dazu kommen konnte.

Von Thorsten Denkler, New York

Wald ist in Afghanistan so etwas wie Frieden: sehr, sehr selten anzutreffen. Das Land ist trocken. Gräser, Büsche, Salzsteppensträucher - mehr wächst da kaum. Nur in wenigen Tälern gibt es vereinzelt ein paar grüne Haine. Um genau zu sein: 2,1 Prozent der Fläche Afghanistans ist von Wald bedeckt.

Nicht genug Bäume jedenfalls, die es rechtfertigen würden, die komplette afghanische Armee mit Tarnanzügen in Waldgrün einzukleiden. Auf so eine Idee käme ja auch niemand. Fast niemand. Eigentlich kam nur einer auf diese Idee: der frühere afghanische Verteidigungsminister Abdul Rahim Wardak.

Vor zehn Jahren soll er danach verlangt haben, dass seine Soldaten eine einheitliche Uniform bekommen. Bis dahin haben die alliierten Streitkräfte, die am Hindukusch unter anderem eine funktionierende afghanische Armee aufbauen sollten, den Afghanen Kontingente aus ihren Kleiderkammern zur Verfügung gestellt. Was zu einem ziemlichen Uniformen-Mischmasch in der afghanischen Armee geführt hat.

Auf der Suche nach geeigneter Bekleidung ist Wardak, der 2012 das Amt aufgab, dann auf waldgrüne Tarnanzüge gestoßen. Und "er mochte, was er sah", heißt es jetzt in dem Bericht eines US-Sonderinspektors, der untersuchen soll, wie die USA Steuergeld in Afghanistan eingesetzt haben.

Wie wäre es mit pinken Uniformen? Oder violetten?

John Sopko heißt der Inspektor. Und es lässt sich ohne Übertreibung festhalten, dass er den Geschmack des afghanischen Verteidigungsministers nicht gerade teilt. Die Kosten von 28 Millionen Dollar hat nämlich der US-Steuerzahler übernommen. Dafür gab es 1,4 Millionen Uniformen. Und 88 010 Hosen extra. In einer für Afghanistan eher ungünstigen Farbe.

Bestellt, geliefert und bezahlt wurde offenbar dennoch. Und ohne, dass von US-Seite mal jemand gefragt hätte, ob es sinnvoll sein kann, Wald-Tarnung für eine - nun ja - Wüstengegend zu bestellen. Mehr oder weniger kostenlos hätte das afghanische Militär übrigens sandfarbene Tarnanzüge von US-Truppen übernehmen können.

Sopko reagiert entsprechend verschnupft. Der Tageszeitung USA Today sagte er: "Was wäre, wenn der Verteidigungsminister Violett mögen würde? Oder Pink?" - "Hätten wir auch pinke Uniformen gekauft, ohne Fragen zu stellen? Das ist doch irre!"

Die USA hätten 28 Millionen Dollar zum Fenster rausgeworfen "weil der Verteidigungsminister dachte, grün gemustert sei doch ganz schön", sagt Sopko. Er kriegt sich gar nicht mehr ein: "Wenn der gedacht hätte, Pink sei doch was, oder sagen wir Chartreuse, hätten wir das dann auch bezahlt?" Für die weniger Farbkundigen unter uns: Chartreuse ist eine Mischung aus Grün und Gelb, benannt nach dem gleichnamigen Likör aus Frankreich.

Das Pentagon bestreitet das Offensichtliche nicht und will jetzt untersuchen, wie es dazu kommen konnte. Mitgefühl hat Inspektor Sopko vor allem mit den afghanischen Soldaten. Die liefen jetzt als grün gemusterte Zielscheiben in den sandigen wie feindlichen Gebieten herum. Aber vielleicht konnte Verteidigungsminister Wardak die Farbe "Sand" auch einfach nicht mehr sehen.

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