US-Politik:Sein letzter Kampf

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Der republikanische Senator Jeff Flake hört im Januar auf. Bis dahin will er noch ein wenig Trump ärgern. (Foto: AFP)
  • Jeff Flake ist der letzte verbliebene Trump-Kritiker unter den Republikanern im Senat.
  • Aber nicht mehr lange, Anfang Januar hört er auf.
  • Bis dahin will er Trump das Leben so schwer wie möglich machen.

Von Thorsten Denkler, New York

Den ganz großen Kampf, den will sich Jeff Flake offenbar nicht antun: als Republikaner gegen Trump anzutreten, wenn 2020 die nächste Präsidentschaftswahl ansteht. Das hat er diese Woche verkündet. Und damit diejenigen Republikaner enttäuscht, die Donald Trump für einen der größten Irrtümer in der US-Geschichte halten.

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Flake, 55, sitzt noch bis Jahresende im Senat. Er vertritt dort den Bundestaat Arizona. Anfang Januar 2019 wird er regulär aus dem Senat ausscheiden, wenn die neue Legislaturperiode beginnt. Die paar Wochen bis dahin sind nicht viel Zeit, aber genug Zeit, um Donald Trump das Leben schwerer zu machen. Und genau das hat sich Flake offenbar vorgenommen. Flake kann Trump nicht aufhalten, aber er besitzt noch genau die Macht, die es braucht, um jene zu stärken, die Trump stürzen könnten: etwa Robert Mueller, den Sonderermittler in der Russland-Affäre.

Flake mag Trump nicht. Er hält ihn für gefährlich. Wie Trump gegen die Medien als die "Feinde des Volkes" poltert, die Institutionen der USA verächtlich und sich über Richter lustig macht, das alles ist Flake zuwider.

Als kurz vor der Präsidentschaftswahl Anfang November 2016 ein Tonband auftauchte, auf dem Trump damit prahlte, jeder Frau an die Genitalien fassen zu können, nur weil er ein Prominenter sei, da gehörte Flake zu denen, die Trump zum Rücktritt von der Kandidatur aufforderten. Was Trump ihm bis heute übel nimmt. Flake schrieb später ein Buch über das " Gewissen eines Konservativen". Er wirft Trump darin eine destruktive Politik vor. Und als Flake im Oktober 2017 ankündigte, nicht erneut kandidieren zu wollen, da hielt er eine viel beachtete Rede im Senat, die als Generalabrechnung mit dem eigenen Präsidenten in die Geschichte eingehen wird.

Dass da keine Missverständnisse aufkommen: Flake ist dennoch ein Konservativer. Der Republikaner sitzt seit 18 Jahren im Kongress, die vergangenen sechs davon im Senat. Er hat unter George W. Bush für den Irakkrieg gestimmt. Und unter Trump für die Abschaffung der als Obamacare bekannten Gesundheitsreformen von Barack Obama. Aber er ist prinzipientreu. Er stimmte gegen Trumps Steuerreform, die die Neuverschuldung der USA um mehr als eine Billion Dollar ansteigen lassen wird.

Flake ist der letzte seiner Art im Kongress. Er wurde zum "NeverTrumper" in dem Moment, in dem Trump seine Kandidatur erklärte. Und blieb es bis heute. Offene Trump-Kritiker gibt es unter den Republikanern nicht mehr. John McCain gehörte bis zu seinem Tod dazu. Flake ist jetzt alleine. Und er hat nichts mehr zu verlieren.

Muellers Arbeit ist in Gefahr, das liegt auf der Hand: Trump hatte im Frühjahr 2017 FBI-Chef James Comey gefeuert, der bis dahin die Ermittlungen geführt hat. Im Aufsicht führenden Justizministerium hat dann der stellvertretende Justizminister Rod Rosenstein den Ex-FBI-Chef Mueller als Sonderermittler eingesetzt. Schon im Juli 2017 wollte Trump auch ihn schon wieder feuern - wovon ihn seine juristischen Berater im Weißen Haus gerade noch abhalten konnten.

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Am Tag nach den Zwischenwahlen hat Trump Justizminister Jeff Sessions gefeuert. Trump hat stattdessen mit Matthew Whitaker einen Mann zum Interims-Justizminister gemacht, der mehrfach öffentlich die Mueller-Ermittlungen kritisiert und sie unter anderem als "Hexenjagd" auf Trump bezeichnet hat. Whitaker könnte jederzeit und mit Trumps Segen Mueller entlassen und die Ermittlungen beenden. Womöglich noch bevor der seine Ermittlungsergebnisse vorlegen kann. Mueller untersucht unter anderem, ob und wenn ja in welchem Umfang Trump oder seine Leute mit der russischen Regierung zusammengearbeitet haben, um die Präsidentschaftswahl 2016 zu gewinnen.

Flake hat die Macht, neue Richter zu verhindern

Jeff Flake will verhindern, dass Muellers Ermittlungen einfach begraben werden. Er hat dazu ein Mueller-Schutz-Gesetz entworfen, das im Frühjahr bereits im Justizausschuss des Senates mit überparteilicher Mehrheit von 14 zu sieben Stimmen beschlossen wurde. Das Gesetz würde es Trump verbieten, den Sonderermittler in der Russland-Affäre einfach zu feuern.

Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell weigert sich aber bis heute, es dem Senat zur Abstimmung vorzulegen. Wo das Gesetz nach heutigem Stand wohl mit großer Mehrheit verabschiedet werden würde. Da von Januar an die Demokraten mit dem Repräsentantenhaus die Zweite Kammer im Kongress dominieren, wäre auch dort die Zustimmung sicher. Trump könnte noch sein Veto dagegen einlegen. Aber der öffentliche Druck wäre enorm, genau das nicht zu tun.

Flakes Trumpf: Er sitzt im Justizausschuss des Senates, in dem die Republikaner nur eine knappe Mehrheit von elf zu zehn Stimmen haben. Normalerweise passiert zwischen einer Wahl und dem Beginn der neuen Legislaturperiode nicht mehr viel. Die republikanische Führung aber will bis Jahresende unbedingt so viele Bundesrichterposten nachbesetzen, wie irgend möglich. Etwa zwei Dutzend von Trump nominierte Richter warten noch darauf, vom Justizausschuss empfohlen zu werden, damit im Senat über sie abgestimmt werden kann.

Ohne Flake dürfte das kaum gelingen. Wenn sein Gesetz nicht zur Abstimmung freigegeben wird, dann werde er jede weitere Bestätigung von Richtern verhindern, so Flake.

Macht Flake ernst, träfe das die Republikaner und besonders Trump an einer empfindlichen Stelle. Trump hat nicht nur die Politik in den USA auf den Kopf gestellt. Er will auch, dass über Jahrzehnte hinweg die Judikative auf Bundesebene von möglichst vielen republikanisch gesinnten Richtern geprägt wird. Solchen Richtern, die keinen Ärger machen, wenn Trump mit seinen Vorhaben mal wieder die Grenzen des rechtlich Machbaren sprengt.

Erst diese Woche hat Trump sich darüber beschwert, dass angebliche "Obama-Richter" seine neuen Asylregeln gestoppt hätten. So wie Gerichte auch seinen "Travel Ban", die Trennung von illegal eingereisten Einwandererfamilien und das Ende von Abschiebeschutz-Programmen, zunächst gestoppt hätten.

Nicht immer waren es von demokratischen Präsidenten nominierte Richter, die gegen Trumps Allmachts-Dekrete vorgegangen sind. Aber doch recht häufig. Trump sieht auch deshalb ein großes Ungleichgewicht auf den Richterbänken zugunsten demokratisch gesinnter Richter. John Roberts, Vorsitzender Richter am Obersten Gerichtshof, dem Supreme Court, fühlte sich diese Woche daher sogar genötigt, Trump daran zu erinnern, dass es keine Obama-Richter und auch keine Trump-Richter gebe - nur eine unabhängige Justiz.

Was die Republikaner nicht daran hindert, ihr Projekt "Republikaner auf Richterbänke" massiv voranzutreiben. Unter Trump haben sie bisher 29 neue Bundesberufungsrichter eingesetzt, so viele wie unter keinem Präsidenten seit 1891. Das so viele Vakanzen entstanden sind, liegt vor allem daran, dass die Republikaner unter Obama mit ihrer Senatsmehrheit praktisch jede Bestätigung unterbunden haben.

Und selbst jetzt spielen die Republikaner noch Foul. Wie eilig sie es haben, zeigt, dass sie sich vor der Wahl mit den Demokraten im Senat darauf geeinigt hatten, 15 Richter im Schnellverfahren zu bestätigen. Damit sollten die Senatoren Zeit für ihre Wahlkämpfe bekommen. Als dann alle weg waren, haben eine Handvoll republikanischer Senatoren, die nicht zur Wahl standen, die Pausen-Vereinbarung ignoriert. In Abwesenheit der demokratischen Kollegen haben sie weitere Nominierungsverfahren für Richter vorangetrieben.

Jeff Flake kann die Bestätigungsverfahren jetzt zum Ärger seiner Parteifreunde deutlich entschleunigen. Verhindert er die Bestätigungen, dann kann es Monate dauern, bis der neu zusammengesetzte Senat die Verfahren wieder aufnimmt. "Es lohnt sich, ein wenig Druck aufzubauen, um mein Gesetz zur Abstimmung zu bringen", sagt er.

Mitch McConnell hat jetzt also die Wahl: Er kann auf die Unterstützung der Demokraten im Justizausschuss hoffen, was unwahrscheinlich ist. Er bringt Flakes Schutzgesetz für Mueller zur Abstimmung - was ihm sehr großen Ärger mit Trump einbringen würde. Oder er verschiebt die Nominierungsverfahren. Was Trump auch nicht freuen dürfte.

Flakes Erpressungsversuch bringt die Trump-hörigen Republikaner im Senat ganz schön in Bedrängnis. Die Chance, dass es ein Schutzgesetz für Mueller geben wird, sind trotz allem nicht gerade riesig. Und niemand weiß, ob es wirklich notwendig werden könnte. Whitaker kann schon jetzt großen Einfluss auf Inhalt und Umfang der Ermittlungen nehmen. Er kann Mueller auch einfach das Budget so weit kürzen, dass alle Ermittlungen zum Erliegen kommen, wie Whitaker selbst im vergangenen Jahr mal skizziert hat.

Darauf hat Flake keinen Einfluss. Aber er kann für sein Gesetz kämpfen. Das macht er. Die moderaten Republikaner sollten es ihm danken.

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