US-Kongress:Warum man Obama beim Atom-Deal mit Iran nicht blind vertrauen sollte

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US-Präsident Obama rechtfertigt das Abkommen mit Iran vor Journalisten. (Foto: AP)

Der US-Kongress will das letzte Wort im Atom-Deal haben. Das ist auch besser so. US-Präsident Obama könnte dazu neigen, auch ein schlechtes Abkommen zu unterschreiben.

Von Hubert Wetzel

Ein bisschen Pathos ist angemessen: Die Entscheidung über ein Atomabkommen mit Iran ist die vielleicht wichtigste, die die USA in dieser Generation zu treffen haben.

Was für den Kalten Krieg galt, gilt auch hier: Die technischen Details eines solchen Rüstungskontrollvertrags sind trocken, sperrig, für Laien unverständlich. Die politischen Folgen aber, die sich an die Frage knüpfen, ob und wann Iran über Atomwaffen verfügen wird oder nicht, sind handfest. Sie betreffen ganze Regionen und Völker, es geht um Leben und Tod von sehr vielen Menschen.

Obama proklamiert gern hart klingende Ziele, weicht sie dann aber auf

Insofern ist es verständlich und angemessen, wenn der US-Kongress darauf beharrt, ein Votum zu dem Abkommen abgeben zu dürfen, das Präsident Barack Obama derzeit im Namen Amerikas und der westlichen Welt mit Teheran aushandelt. Obamas außenpolitische Bilanz ist nicht so beeindruckend, dass man ihm bei diesen Verhandlungen blind vertrauen möchte.

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Der Kongress hält still, dafür dürfen die Sanktionen nicht ohne seine Zustimmung aufgehoben werden: Auf diesen Kompromiss haben sich US-Regierung und Parlament in der Iran-Frage geeinigt.

Denn zum einen proklamiert der Präsident gern hart klingende Ziele, weicht diese dann aber umso mehr auf, je höher der Preis dafür wird, sie zu erreichen. So auch im Falle Irans: "Ich werde verhindern, dass Iran Nuklearwaffen bekommt", versicherte Obama vor drei Jahren kurz und klar in einer Rede und klang dabei, als meinte er es ernst.

Iran wird als nukleare Schwellenmacht anerkannt

Die jüngst in Lausanne mit Teheran geschlossene, von Obama hochgelobte und vehement verteidigte Vereinbarung ist von einer solchen Garantie jedoch weit entfernt. De facto wird darin Iran als nukleare Schwellenmacht anerkannt, zwischen das Regime in Teheran und eine Atombombe wird lediglich ein Zeitpuffer von zehn bis fünfzehn Jahren gelegt. Dass Iran in den Besitz einer Nuklearwaffe gelangen kann, wird durch die Vereinbarung vielleicht erschwert und verzögert, aber beileibe nicht verhindert.

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"Ich plädiere dafür, dass man Sanktionen möglichst geschlossen aufhebt": Bundeskanzlerin Merkel kritisiert Russland für die Aufhebung des Lieferverbots von Luftabwehrraketen an Iran. Auch Israel zeigt sich besorgt.

Zum anderen kann man den Verdacht hegen, dass Obama, der in zwei Jahren in Pension geht, um seines politischen Erbes willen bereit sein könnte, Teheran bei den Verhandlungen über ein endgültiges Abkommen etwas zu viele Zugeständnisse zu machen; dass ihm die feierliche Unterzeichnung eines Vertrags, der dann sicher schnell das Adjektiv "historisch" vorangestellt bekäme, wichtiger sein könnte als das, was in diesem Vertrag steht.

Der Kongress kann als Korrektiv zu Obama wirken. Nach jetzigem Stand soll das Parlament das Recht bekommen, das endgültige Abkommen mit Iran zu prüfen und dann darüber abzustimmen. Gegen eine Ablehnung könnte der Präsident dann sein Veto einlegen. Die Parlamentarier könnten Obama danach zwar ihrerseits überstimmen, jedoch nur mit Zweidrittelmehrheit.

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Die Vereinbarung sei eine "einmalige Chance im Leben": Barack Obama hat das Rahmenabkommen im Atomstreit mit dem Iran gegen israelische Kritik verteidigt. Zugleich sicherte der US-Präsident Unterstützung zu.

Das ist eine hohe Hürde, die parteipolitischen Schindluder ausschließt, gleichzeitig aber eine Art Mindeststandard für die Qualität eines Abkommens darstellt: Wenn der Präsident nicht in der Lage sein sollte, im Senat eine Sperrminorität von 34 Senatoren zusammenzubekommen, die seinen Vertrag davor schützen, gekippt zu werden - dann taugt der Vertrag vermutlich tatsächlich nicht viel.

Nur der Kongress kann die Sanktionen gegen Iran aufheben

Zugleich weiß Obama, dass es rechtlich vielleicht irgendwie möglich, praktisch aber sehr schwierig wäre, einen Atomvertrag mit Iran umzusetzen, der vom Kongress abgelehnt wurde. Nur der Kongress kann die scharfen Wirtschafts- und Finanzsanktionen aufheben, die Teheran so hart treffen und die das Regime so dringend loswerden will. Um seinen Teil einer Abmachung zu erfüllen, braucht Obama daher das Parlament.

Die Verhandlungen mit Iran werden durch die Einmischung des Kongresses komplizierter. Die US-Regierung hat nun deutlich weniger Spielraum. Aber das muss nicht schlecht sein. Denn im Umkehrschluss gilt ja auch: Ein Atomvertrag, der den skeptischen Kongress passiert hat, ist politisch unanfechtbar.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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