US-Justizirrtum:101 Millionen Dollar für unschuldig Verurteilte

Rund 30 Jahre sind vier Männer in den USA im Gefängnis gesessen. Für einen Mord, den sie nicht begangen haben. Das FBI wusste davon, hielt es aber nicht für nötig, die Justiz zu informieren.

Vier US-Amerikaner saßen wegen eines 1965 verübten Mordes jahrzehntelang unschuldig im Gefängnis - und das FBI wusste von dem Justizirrtum. Am Donnerstag erhielten die beiden noch lebenden Verurteilten, Peter Limone und Joseph Salvati, und die Familien ihrer zwei verstorbenen Schicksalsgenossen von einem Bundesgericht in Boston eine Entschädigung von 101 Millionen Dollar (74 Millionen Euro) zugesprochen.

Richterin Nancy Gertner nannte die Argumentation der US-Bundesbehörden absurd. Ein Anwalt des Justizministeriums sagte, dass das FBI nicht verpflichtet war, Informationen mit den Justitzbehörden zu teilen. Die Anwälte der Kläger argumentierten, der damalige Hauptbelastungszeuge, Mafia-Killer Joseph "Das Tier" Barboza, habe die vier Unschuldigen als Täter genannt, um einen kriminellen FBI-Informanten zu schützen. Ihre Mandanten seien vom FBI als "akzeptabler Kollateralschaden" eingestuft worden.

Damals ging es der Bundespolizei vor allem darum, die Mafia mit Hilfe von Informanten zur Strecke zu bringen. Die Unschuld der Männer kam ans Licht, nachdem 2001 FBI-Unterlagen zu dem Mordfall öffentlich gemacht wurden.

"Will ich das Geld?"

Laut cnn.com saß der 73 Jahre alte Limone 33 Jahre im Gefängnis. "Ich hoffe, dass niemand mehr das durchmachen muss, was ich durchgemacht habe", sagte er nach dem Urteil. Er wurde 2001 freigesprochen. Ex-Mithäftling Salvati verbrachte 29 Jahre hinter Gitter, 1997 kam er frei.

Die Anwälte der Männer hatten in dem Prozess keine bestimmte Summe als Schadensersatz gefordert. Sie wiesen lediglich auf andere Gerichtsurteile in ähnlichen Fällen hin, in denen eine Million US-Dollar pro Gefängnisjahr gezahlt wurde.

"Will ich das Geld?", fragte Salvati nach dem Prozess. "Ja, ich will dass sich meine Kinder und meine Enkel Dinge leisten können, die ich mir nicht leisten konnte. Aber nichts kann das wiedergutmachen, was sie mir angetan haben."

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