TV-Debatte der US-Republikaner:Gentleman Bush ist als Angreifer gefordert

Lesezeit: 3 Min.

US-Republikaner Jeb Bush (Zweiter von rechts) muss gegen seinen Kontrahenten Donald Trump (Zweiter von links) austeilen - aber nicht zu aggressiv. (Foto: AFP)
  • Die zweite Fernsehdebatte der Republikaner steht an.
  • Jeb Bush fällt seit dem Sommer in Umfragen immer weiter hinter den prahlenden Geschäftsmann Donald Trump zurück.
  • Sollte er schlicht bei seiner vornehmen Zurückhaltung bleiben, könnte er scheitern.

Von Nicolas Richter, Washington

Jeb Bush hat lange gezögert, sich auf das Niveau einer republikanischen Vorwahl herabzulassen. Er werde sich nur für das Weiße Haus bewerben, wenn ein positiver, konstruktiver Wahlkampf Erfolg verspreche, ließ er im vergangenen Jahr wissen. Seit er nun im Juni seine Kandidatur erklärt hat, gibt er sich als Versöhner, der Weiße und Latinos eint, der "Menschen zusammenbringt mit einer hoffnungsfrohen, optimistischen Botschaft". Damit grenzt er sich ziemlich von der republikanischen Partei ab, die er eigentlich erobern will, und die seit Jahren für Polemik, Paranoia und Negativität steht. Bush möchte in diesem Wahlkampf der bessere Republikaner sein, gemäßigt im Ton, überlegen in der Sachkenntnis.

Doch seit dem Sommer fällt er in den Umfragen immer weiter hinter den prahlenden Geschäftsmann Donald Trump zurück, der Stimmung gegen Ausländer macht und verheißt, "Amerika wieder großartig zu machen". Im Schnitt sprechen Umfragen Bush jetzt acht Prozent der Stimmen zu, während Trump mehr als 30 abräumt. Derzeit also hätte der einstige Favorit, der Präsidentensohn und -bruder Jeb Bush, keine Chance, die Vorwahlen zu gewinnen und damit die Nominierung seiner Partei. Die Hoffnung, Trumps Erfolg sei nur eine flüchtige Romanze mit den Wählern, scheint sich nicht zu erfüllen, und längst fragen Beobachter, warum Bush seinen Konkurrenten nicht härter angreift.

In der ersten Debatte war der Ton noch höflich

Jetzt immerhin bietet sich eine Gelegenheit: An diesem Mittwoch begegnen sich beide Männer bei der zweiten republikanischen TV-Debatte. Bush steht damit vor der bislang größten Herausforderung in diesem Wahlkampf: Er muss Trump unmittelbar herausfordern, er muss spontan Worte finden, die Trump die Aura des Unbesiegbaren nehmen, ohne sich dabei aber selbst zu beschädigen. "Jeb Bush ist jemand, der Leute mag. Er ist kein echter Kämpfer. Er tritt an gegen Donald Trump, der ein großer Raufbold ist. Und irgendwie muss er es schaffen, im Ring gleich stark zu sein", sagt der einstige republikanische Anführer Newt Gingrich.

Als beide Männer bei der ersten TV-Debatte Anfang August nebeneinander standen, war der Ton noch höflich. Die Moderatorin fragte nach einem Bericht, wonach Bush über Trump gesagt habe, der sei ein "Clown" und "Arschloch". Bush bestritt dies und sagte, er störe sich nur an Trumps "spalterischer Sprache". Trump wiederum nannte Bush einen "Gentleman".

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Doch in den vergangenen Wochen hat Bush, dessen Erfolgsaussichten zunehmend schwinden, Trump immer öfter infrage gestellt. In einem Werbespot zeigt er Trump in dessen eigenen Worten, wie der sich für Abtreibungen ausspricht oder die Demokratin Hillary Clinton lobt. Die Botschaft: Trump ist ein Wendehals und Opportunist. "Dieser Kerl ist kein Konservativer", sagt Bush, und immer wieder geißelt er auch Trumps Pöbeleien gegen Ausländer, Rivalen, Journalisten oder überhaupt Politiker in der Hauptstadt. "Man kann sich den Weg ins Weiße Haus nicht mit Beschimpfungen ebnen", sagt Bush. Trump wiederum wirft Bush vor, er stehe für "niedrige Energie" und sei allzu abhängig vom Geld großer Spender.

Jeb Bush und Donald Trump gehören beide zum reichen, weißen Establishment, aber ihr Temperament und Charakter unterscheiden sich erheblich. Trump ist ein Instinktmensch und gibt sich als furchtloser Macher, der die Details den Experten überlässt - so gesehen ähnelt er Jebs großem Bruder George W., dem Ex-Präsidenten.

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Jeb Bush dagegen ist ein Kopfmensch, belesen, detailversessen, ein Streber und Liebhaber endloser "Brainstormings". Er hat sich als der einzige Erwachsene positioniert in der heterogenen Bewerberschar seiner Partei, kann zwei Amtszeiten als Gouverneur von Florida vorweisen, internationale Erfahrung als Geschäftsmann, den Rückhalt bei Parteielite und Geldgebern. In Europa hat man ihn jüngst wie einen Staatsmann empfangen.

Bush ist in Steuer- und Gesellschaftsfragen sehr konservativ; als Gouverneur hat er so oft sein Veto gegen Budgetpläne aus dem Parlament eingelegt, dass man ihn Vito (Veto) Corleone nannte. Von den Hardlinern in seiner Partei aber setzt er sich ab, indem er für hohe Bildungsstandards wirbt und Mitgefühl einfordert mit Einwanderern ohne Papieren. Betrachtet man also nur Bushs Bewerbungsunterlagen, so ist er zweifellos der seriöseste und solideste Kandidat, der zudem in einer Hauptwahl Stimmen aus der Mitte gewinnen könnte.

Zurückhaltung birgt die Gefahr zu scheitern

Aber die Gesetze der US-Vorwahlen sind ungeschrieben und unberechenbar, und gegen diese Gesetze kann Bush kein Veto einlegen. Sollte er schlicht bei seiner vornehmen Zurückhaltung bleiben, könnte er scheitern in einer Partei, die ausgleichende Karrierepolitiker derzeit nicht besonders mag und die sich nach einem Mann der Tat und der starken Worte sehnt, der in Washington mal richtig aufräumt.

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Für Bush liegt die Schwierigkeit dieser zweiten Fernsehdebatte nun darin, Trump anzugreifen, ohne sich selbst untreu zu werden. Klingt er zu aggressiv, wirkt er unglaubwürdig. Klingt er zu rechthaberisch, wirkt er wie der arrogante Bildungsbürger. Auf jeden Fall ist Bush in einer solchen Konfrontation im Nachteil: Knappe, polemische Pointen sind nicht seine Spezialität, sondern die von Trump, der diese Kunst unter anderem in seiner Fernsehsendung "The Apprentice" verfeinert hat. Bush hat in früheren Wahlkämpfen bewiesen, dass ihm diese Art der Auseinandersetzung nicht liegt. Und in jedem seiner Angriffe läge das Risiko, dass Trump mit einem seiner gefürchteten Einzeiler kontert und Bush auf seinen Platz verweist - den Platz der netten, seriösen Herren, auf die gerade niemand hören mag.

© SZ vom 16.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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