Süddeutsche Zeitung

US-Einwanderungspolitik:Trumps "Null Toleranz"-Politik und die Kinder

Tausende Heranwachsende und sogar Babys werden nach dem illegalen Grenzübertritt in die USA von ihren Eltern getrennt und kommen in Auffanglager. Wie sieht es dort aus?

Dieses Bild ging um die Welt: Ein zweijähriges Mädchen aus Honduras weint, als seine Mutter durchsucht und festgenommen wird. Die Aufnahme ist zum Symbol für die Verschärfung der US-amerikanischen Einwanderungspolitik geworden. Zwischen dem 5. Mai und dem 9. Juni wurden laut US-Heimatministerium 2342 Kinder illegaler Migranten an der Grenze zu Mexiko von ihren Eltern getrennt.

Bis zum Frühjahr brachten die Behörden Familien nach dem illegalen Grenzübertritt gemeinsam unter. Da seit Trumps "Null Toleranz"-Politik illegale Einwanderer aber sofort inhaftiert werden, kommen ihre Kinder in Lager wie dieses im texanischen Tornillo. Sie dürfen laut US-Gesetz nicht mit ihren Eltern eingesperrt werden und gelten daher als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.

Das Gesetz, demzufolge unbegleitete minderjährige Flüchtlinge umgehend in Obhut genommen werden müssen, stammt aus der Zeit von Präsident Barack Obama. Dieser wollte damit gegen den Menschenhandel vorgehen und Kinder schützen, die alleine in die USA kommen. Trump nimmt dies zum Anlass, die Demokraten für das aktuelle Vorgehen verantwortlich zu machen.

Kritik an der Praxis kommt von unterschiedlichen Seiten: Von Mexikos Außenminister über die Kirchen bis hin zur First Lady Melania Trump haben alle die Unmenschlichkeit der Trennungen angeprangert. Auch in Trumps eigener Partei ist sie umstritten. Das Bild zeigt Betten in einem Zelt in Tornillo.

US-Demokraten sprechen von "Käfigen", in denen die Kinder schlafen. Hier ein Lager in McAllen, Texas.

Entsetzen rief eine Tonaufnahme aus einer der Einrichtungen hervor, die eine Bürgerrechtsanwältin der Non-Profit-Organisation für investigativen Journalismus "ProPublica" übergeben hat. Darauf sind weinende Kinder zu hören.

US-Heimatministerin Kirstjen Nielsen verteidigte das Vorgehen anschließend trotzdem: "Wir kümmern uns um die Kinder. Wir haben hohe Standards. Wir geben ihnen Essen, Bildung, medizinische Versorgung. Es gibt Fernseher und Filme." Das kann anhand dieser Aufnahme aus McAllen jedoch bezweifelt werden.

Im "Casa Padre" im texanischen Brownsville leben fast 1500 unbegleitete oder von ihren Eltern getrennte Flüchtlingskinder in einem ehemaligen Walmart-Einkaufszentrum. Neben dem Namen der Unterkunft besonders zynisch: Das spanische Wort "Familia" (Familie) findet sich an der Wand eines Aufenthaltsraums.

An einer weiteren Wand prangt das Konterfei des US-Präsidenten. Auf Englisch und Spanisch steht daneben: "Manchmal findet man durch eine verlorene Schlacht den Weg, den Krieg zu gewinnen."

Die USA haben als einziges Land der Welt die UN-Kinderrechtskonvention nicht ratifiziert. Dort heißt es in Artikel 9, dass ein Kind nicht von seinen Eltern getrennt werden darf, außer es geschieht zu seinem Wohl im Rahmen einer gerichtlich nachprüfbaren Entscheidung.

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