US-Demokraten:Wahlkämpfer Obama zerlegt Trump

  • Bei seiner Premiere als Wahlkämpfer für Hillary Clinton legt US-Präsident Obama einen fulminanten Auftritt hin.
  • Während Clinton überaus qualifiziert sei, bezeichnet Obama Donald Trump als völlig ungeeignet.
  • Der Republikaner-Kandidat geht selbst in die Offensive: Dass Clinton wegen der E-Mail-Affäre nicht angeklagt werde, sei ein Skandal und belege, wie "korrupt" das System sei.
  • Das FBI hatte die Ex-Außenministerin zuvor scharf kritisiert, aber keine Anklage empfohlen.

Von Matthias Kolb, Washington

Barack Obama kann es kaum erwarten, bis er loslegen darf. Eine Viertelstunde sitzt er auf einem Hocker auf der Bühne in Charlotte und hört Hillary Clinton zu. "Er hat unsere Wirtschaft gerettet, dafür bekommt er zu wenig Anerkennung", ruft die Demokratin. Sie steht hinter dem schwarzen Pult mit dem Siegel des "President of the United States". Es wird überall aufgebaut, wo Obama auftritt - und wegen ihm standen Tausende stundenlang in der prallen Sonne.

Er sei "fired up", ruft der strahlende Obama. Seit seiner Wiederwahl vor vier Jahren hat der US-Präsident kaum mehr Wahlkampf gemacht (2014 galt er vielen Parteifreunden als Belastung) und umso engagierter wirbt er für seine Wunschnachfolgerin. "Es gab noch nie einen Mann oder eine Frau, die besser für dieses Amt qualifiziert war", schwärmt Obama über die Frau, die er 2008 besiegt hatte.

Neben Obamas großer Popularität macht ihn die gemeinsame Zeit so wertvoll für das "Hillary 2016"-Team: Er ist der Kronzeuge für alle, die Clinton skeptisch sehen. Und obwohl der FBI-Chef seiner Ex-Außenministerin kurze Zeit zuvor "extrem fahrlässiges" Verhalten in der E-Mail-Affäre attestiert hat, schwärmt der US-Präsident minutenlang über seine einstige Rivalin. Sie sei erst zur Partnerin und zur Freundin geworden: "Mein Vertrauen in Hillary ist nie enttäuscht worden."

In Charlotte wiederholt Obama, was er kurz zuvor in einem Wahlkampf-Clip gesagt hat: Er habe Clinton zur Chefdiplomatin gemacht, weil sie "jedes Detail" wisse und so viel Energie habe wie ein "Duracell-Häschen". Die Demokratin lasse sich durch nichts umwerfen und käme jedes Mal stärker zurück. Sie setze sich seit Jahrzehnten für die Schwachen ein und sei daher die beste Präsidentin für die Mittelklasse.

Donald Trump ist nur "der andere Kerl"

Die meiste Zeit verbringt Obama allerdings damit, den mutmaßlichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner zu zerlegen. Den Namen Donald Trump spricht er zwar nie aus, aber allen ist klar, wer mit "the other guy" gemeint sei. Wer wolle, dass es den arbeitenden Amerikanern besser gehe, der habe keine Wahl, ruft der US-Präsident: "Die Gegenseite hat nichts anzubieten."

Egal ob höherer Mindestlohn, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, mehr Einfluss für Gewerkschaften oder Mutterschutz: Der andere Kerl lehne all das ab. Für das Weiße Haus reiche es nicht aus, irgendwelche Ideen via Twitter zu verbreiten, ruft Obama und berichtet von Gesprächen mit konservativen Abgeordneten über Trump: "Selbst die Republikaner wissen nicht, worüber er redet."

Er glaube nicht, dass die US-Amerikaner einen Mann ohne jede politische Erfahrung ins Weiße Haus schicken würden: "Bei Piloten und Chirurgen bestehen wir doch auch auf Ausbildung." Dem ehemaligen Reality-TV-Star Trump spricht Obama jede Eignung ab: "Während einer Krise kann man nicht einfach von der Bühne laufen oder einen Drehbuchschreiber feuern. In so einer Situation musst du dich vorbereitet haben und wissen, worüber du redest."

Obama: Nicht jeder, der twittert, kann Präsident werden

Stolz berichtet Obama von den 14 Millionen Jobs, die seit 2009 geschaffen wurden und zitiert die aktuelle Pew-Studie, wonach sich das Image der USA im Rest der Welt in seiner Amtszeit verbessert habe. Dies liege auch an der Arbeit von Clinton als Außenministerin - ihre Leistung werde nur heute angezweifelt, weil sie fürs Weiße Haus kandidiere.

Anders als Trump wisse die ehemalige First Lady, wie viel Verantwortung der Präsident habe. Es folgt der nächste Seitenhieb: "Jeder hat eine Meinung, aber niemand kennt den Job, wenn er nicht hinter dem Schreibtisch saß. Jeder könne twittern, aber deswegen kennt niemand die Herausforderungen des Amts." Seine Tochter Sasha sei auch bei Twitter aktiv, doch sie denke keineswegs, sie müsse Präsidentin werden. Dass Obama seine 15-jährige Tochter verwendet, um Trump zu verspotten, lässt erahnen, für wie gefährlich er den Republikaner hält und dass noch viele Attacken folgen werden.

Als das Publikum laut buht, als Obama die von Trump geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko erwähnt, ruft der US-Präsident: "Stop! Geht lieber wählen, denn Buhrufe ändern nichts." Diesen Spruch hat der Demokrat schon 2012 oft genutzt, doch der Auftritt in Charlotte zeigt, dass Obama noch immer ein talentierter Wahlkämpfer ist - inklusive Sprüche über die örtlichen College-Basketball-Teams und North Carolinas gutes Barbecue.

Hinflug in der Air Force One

Im Vergleich zu Obama wirkt die Rede von Hillary Clinton eher uninspiriert - sie wiederholt vor allem ihr Wirtschaftsprogramm. Die Bilder von der Ankunft in der Air Force One am Flughafen (das Hillary-Team wird einen Teil der Kosten übernehmen) sind natürlich sehr viel wert und allzu häufig wird die 68-Jährige nicht mehr gemeinsam mit dem sie überstrahlenden US-Präsidenten auftreten. Er ist - ähnlich wie die linke Senatorin Elizabeth Warren - viel wertvoller, wenn er allein auftritt (mehr in dieser SZ.de-Analyse).

US-Demokraten: Gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama steigt die demokratische Kandidatin Hillary Clinton aus dem Präsidentenflugzeug Air Force One aus.

Gemeinsam mit US-Präsident Barack Obama steigt die demokratische Kandidatin Hillary Clinton aus dem Präsidentenflugzeug Air Force One aus.

(Foto: AFP)

Wenig überraschend ist die Reaktion von Donald Trump auf die Ereignisse dieses aufregenden Tages. Auch er macht Wahlkampf in North Carolina und ruft dem Publikum zu: "Ich dachte wie alle anderen, dass sie schuldig ist. Es ist wirklich erstaunlich, dass sie nicht angeklagt wird. Unser System ist so korrupt, Leute."

Der Republikaner wirft Clinton zudem vor, US-Justizministerin Loretta Lynch beeinflusst zu haben und bezieht sich auf einen Bericht der New York Times, wonach Clinton im Falle eines Wahlsiegs Lynch im Amt belassen könnte. "Das ist Bestechung", donnert Trump bei seinem Auftritt.

Trump: Obama verbringt mehr Zeit mit Golf als Profis

Ansonsten reagiert Trump auf die Angriffe der Demokraten mit eigenen Attacken. Über Clintons Rede verliert er wenige Worte, weil diese "so langweilig" gewesen sei. Obama hingegen habe offenbar "viel Spaß" gehabt, sagt Trump: "Das Ganze wirkte auf mich wie eine Faschingsveranstaltung."

Anstatt Wahlkampf für die "Gaunerin Hillary" zu machen, sollte Obama lieber die IS-Terroristen bekämpfen oder dafür sorgen, dass Schwarze und Latinos bessere Jobchancen bekämen: "Um die kümmert er sich überhaupt nicht."

Dass der Präsident mit Clinton in der Air Force One geflogen sei, findet Trump unerhört. Es sei lächerlich, dass Obama so oft über die Gefahren des Klimawandels rede und ständig mit diesem alten Flugzeug unterwegs sei, das enorm viel Kerosin verbrauche. Es folgt eine Lieblingsanekdote des Milliardärs: Der "Umweltschützer" Obama fliege stets nach Hawaii in den Urlaub: "Obama spielt mehr Golf als die Profis. Der IS schneidet Leuten die Köpfe ab und ertränkt Gefangene in Metallkäfigen - und er spielt Golf."

Eines scheint klar: Nur weil sich nun der amtierende Präsident einmischt, geht es keineswegs gemäßigter zu in diesem verrückten Wahlkampf.

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