Süddeutsche Zeitung

US-Demokraten:Ein Land, das man lieben muss

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Patriotismus Pflicht: Michelle Obama liebt Amerika. Nach ihrer Rede ist klar, dass es noch etwas werden kann mit der Präsidentenkampagne ihres Mannes.

Hans-Jürgen Jakobs

Familie, Gott und Vaterland - nichts zählt mehr in dem Land, das in wenigen Wochen einen neuen politischen Leader sucht. Wer kein Patriot ist, kann kein Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika werden.

Barack Obama will Präsident werden, und am ersten Tag des Krönungs-Parteitags seiner Demokraten in Denver hat er eine ihm sehr nahestehende Person über Familie, Gott und Vaterland reden lassen. Michelle Obama trat auf, eine 44-jährige Ehefrau, die immer wieder mal durch lästerliche, ketzerische Bemerkungen aufgefallen war. Zum Beispiel jener, dass sie im Wahlkampf ihres Mannes "zum ersten Mal" stolz sei, "eine Amerikanerin zu sein".

Nun aber versicherte Michelle Obama: "Ich liebe dieses Land". Sie schilderte ihren Aufstieg und den ihres Mannes aus dem Arbeitermilieu von Chicago als Geschichte des amerikanischen Traums. Barack Obama werde von dem "einfachen Glauben" angetrieben, dass "die Welt, so wie sie ist, nicht ausreicht". Sie sei gekommen, so Michelle, "als Ehefrau, die ihren Mann liebt und überzeugt ist, dass er ein außerordentlicher Präsident wird".

Die Frau an seiner Seite redete kaum von Politik. Sie pries Hillary Clinton und Martin Luther King, vor allem aber die Familienvaterqualitäten des Mannes, der für die Demokraten ins Rennen um die US-Präsidentschaft geht. Zu viel Intellektualität, zu viel Nachdenken kann man sich da nicht erlauben, auch wenn das Publikum in den Metropolen die unkonventionelle Art Michelles geschätzt hat.

Dem amerikanischen TV-Publikum aber präsentierte sich Michelle Obama als starke, Amerika liebende Frontfrau eines Teams. Ihr Bruder erzählte von früher - und beide waren sich sicher, dass ihr Vater vom Himmel stolz herunterschaue auf das, was nun passiere. Auch der liebe Gott hat also wahrscheinlich seine Freude an Michelle und Barack Obama und ihren beiden Töchtern Malia, 10, und Sasha, 7.

Die beiden Kinder kamen nach Michelles Rede auf die Bühne, zur Live-Schaltung nach Kansas City, wo sich Barack Obama gerade zu Besuch bei einer - weißen - amerikanischen Durchschnittsfamilie aufhielt. "Hello Daddy", sagte sie und fanden, dass Mama Michelle gut geredet habe. Sie hat an diesem ersten Tag des Demokraten-Konvents nachgewiesen, eine gute First Lady sein zu können. Es ging nicht mehr um die Hautfarbe oder den sozialen Status, es ging nur um Amerikas Verheißung, um die "Zukunft unserer Kinder" und darum, "uns als eine Nation zusammenzuhalten, auch wenn wir verschiedener Meinung sind".

Solche Sätze kommen an. Die Choreographie rund um den Rühr-Faktor stimmte, es gab keinen Patzer.

Für noch mehr Emotion hatte nur der Parteipatriarch Edward ("Ted") Kennedy gesorgt. Der Mann ging ans Herz. Einige Medien berichteten, der 76-Jährige könne aufgrund seiner Krebserkrankung nicht kommen, doch dann stand er da auf der Bühne mit lichten Haaren unter dem tosenden Beifall der mehr als 4000 Delegierten. "Nichts, nichts konnte mich davon abhalten, zu diesem ganz speziellen Parteitag heute Abend zu kommen", sagte er: "Barack Obama steht für den Wandel, den wir brauchen."

Der Senator sah ein "Zeichen der Hoffnung" - und die Parteitagsregie hatte Bilder seiner ermordeten Brüder John F. Kennedy und Robert Kennedy eingespielt, die in den sechziger Jahren ebenfalls gesellschaftliche Aufbruchsstimmung symbolisiert hatten.

Obama als der neue Kennedy, das ist die Strategie, um gegen den Republikaner John McCain zu mobilisieren, den alten Helden des Vietnam-Krieges, der unpatriotischer Gefühle nie verdächtig war.

Von den Clintons reden die Kennedys nicht mehr. Sie haben sich festgelegt - und die Menschen in Denver jubelten. Die erste Runde haben die Demokraten plangemäß gut bewältigt. Nun muss Barack Obama nur noch zeigen, dass er nicht nur ein guter Daddy ist, sondern ein starker Präsident für alle sein kann.

Und das geht nur, wenn er die innerparteiliche Gegenkandidatin Hillary Clinton und ihre Getreuen gewinnt. Die famose Michelle hat - in der Rolle der All-American-Woman - jedenfalls ihren Beitrag geleistet. Sie hat oft genug an diesem Abend gesagt: Ich liebe dieses Land.

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