Großbritannien:Aus Mangel an Rückendeckung

Lesezeit: 2 min

Kim Darroch hält Trumps Regierung für unfähig, der US-Präsident bezeichnet ihn wiederum als "sehr dumm". (Foto: Alex Wong/AFP)
  • Der britische Botschafter reagiert mit seinem Rücktritt auf die Veröffentlichung von internen Depeschen, in denen er ein wenig vorteilhaftes Bild der Regierung von US-Präsident Donald Trump gezeichnet hatte.
  • Es ist üblich, dass Botschafter in solchen Berichten kein Blatt vor den Mund nehmen und ihre ehrliche Einschätzung der Situation an ihrem Dienstort abgeben.
  • Die britische Premierministerin Theresa May reagierte mit Bedauern auf den Rücktritt.

Von Christian Zaschke, New York

Der britische Botschafter in Washington, Kim Darroch, ist von seinem Posten zurückgetreten. Damit reagierte er auf die Veröffentlichung von internen Depeschen, in denen er ein wenig vorteilhaftes Bild der Regierung von US-Präsident Donald Trump gezeichnet hatte. Trump hatte auf die Veröffentlichung mit wütenden Tweets reagiert, in denen er Premierministerin Theresa May kritisierte, den Botschafter als "sehr dumm" bezeichnete und verkündete, man werde die Zusammenarbeit einstellen.

Die britische Zeitung Mail on Sunday hatte die rein zum Dienstgebrauch bestimmten Berichte des Botschafters aus dem Jahr 2017 veröffentlicht. Es ist üblich, dass Botschafter in solchen Berichten kein Blatt vor den Mund nehmen und ihre ehrliche Einschätzung der Situation an ihrem Dienstort abgeben. Darroch hatte damals unter anderem geschrieben, dass man nicht daran glaube, dass Trumps Regierung mit der Zeit weniger "unbeholfen und unfähig" werde. In seinen Darstellungen erschien das Weiße Haus als ein Ort der Konfusion. Die Gerüchte über "Grabenkämpfe und Chaos", schrieb Darroch, seien "überwiegend wahr".

Nach Trump-Kritik
:Britischer Botschafter in den USA legt Amt nieder

Kim Darroch bezeichnete Trumps Regierung als "unfähig", was den US-Präsidenten mehr als erzürnte. Nun zieht sich der Botschafter zurück.

Die persönlichen Beleidigungen waren ungewöhnlich, aber nicht das Kernproblem

Trump setzte nach Bekanntwerden der Depeschen eine Serie von zornigen Tweets ab. Unter anderem schrieb er: "Der bekloppte Botschafter, den Großbritannien den USA untergeschoben hat, ist nicht jemand, über den wir sonderlich begeistert sind, ein sehr dummer Typ." Er habe gehört, dass es sich bei Darroch um einen "aufgeblasenen Trottel" handele. Diese persönlichen Beleidigungen mögen in der Welt der Diplomatie äußerst ungewöhnlich sein, sie waren aber nicht das Kernproblem. Was es für Darroch kaum möglich machte, auf seinem Posten zu bleiben, war die Tatsache, dass Trump geschrieben hatte, man werde nicht mehr mit dem Botschafter zusammenarbeiten, und dass er diesen Worten Taten folgen ließ.

Am Montag war Darroch von einem Abendessen zu Ehren des Emirs von Katar im Weißen Haus ausgeladen worden. Am Dienstag weilte der britische Handelsminister Liam Fox in Washington. Eigentlich war geplant, dass Darroch gemeinsam mit Fox einige Termine wahrnimmt, unter anderem stand ein Treffen mit der Präsidententochter Ivanka Trump auf dem Programm. Dieses wurde abgesagt.

In einem Brief an das britische Außenministerium schrieb Darroch: "Obwohl meine Entsendung erst am Ende des Jahres hätte enden sollen, glaube ich, dass es unter den gegebenen Umständen verantwortungsvoll ist, die Ernennung eines neuen Botschafters zu ermöglichen." Der angesehene Darroch stand seit 42 Jahren im diplomatischen Dienst, unter anderem war er Nationaler Sicherheitsberater unter David Cameron. Seinen Posten als Botschafter in Washington trat er im Januar 2016 an.

Die britische Premierministerin May reagierte mit Bedauern auf den Rücktritt. Regierungen seien darauf angewiesen, dass ihre Botschafter in ihren Berichten frank und frei schrieben, wie sie die jeweilige Lage einschätzten. Viele weitere britische Politiker äußerten sich ähnlich. Mays designierter Nachfolger Boris Johnson hatte es hingegen am Dienstag in einer TV-Debatte vermieden, sich hinter den Botschafter zu stellen. In London heißt es, die fehlende Rückendeckung seines mutmaßlichen neuen Chefs habe Darroch letztlich dazu bewogen, seinen Posten aufzugeben.

© SZ vom 11.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

USA und Großbritannien
:Krise mit dem engsten Verbündeten

Der britische Botschafter beschreibt das Weiße Haus als Ort des Chaos. Die geheimen Berichte gelangen an die Öffentlichkeit und vor lauter Wut attackiert Präsident Trump auch Premierministerin May.

Von Christian Zaschke

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: