Francisco Gutierrez, 21, New York: "Wir kommen nicht von einem anderen Stern"
Ich bin als Zweijähriger aus Mexiko in die USA gekommen. Wir waren kurz in Kalifornien und sind dann nach New York gezogen, wo wir Verwandte hatten. Ich habe in der High School erfahren, dass ich keine Papiere habe. Wie meine Freunde habe ich zu 'N Sync und Britney Spears vor dem Spiegel getanzt und wie sie wollte ich im Sommer ein Praktikum in Boston machen. Ich sollte in das Formular meine Sozialversicherungsnummer eintragen. Also habe ich meine Mutter danach gefragt. 'Du hast keine', sagte sie. 'Wo krieg ich eine?' wollte ich wissen. So kam alles raus.
Es war damals wirklich hart für mich, weil ich von einem Studium in Harvard träumte. Ich dachte nur: Was passiert jetzt? Und meine Eltern waren auch am Boden zerstört, weil sie ja in die USA gekommen waren, damit ich eine gute Bildung und die damit verbundenen Chancen kriege. Ich habe mich einem Lehrer anvertraut, der mir half, einen Weg zu finden, um mich ohne Sozialversicherungsnummer bei Hochschulen bewerben. Nun studiere ich an der Georgetown-Universität Marketing - es ist eine katholische Institution, die Leuten wie mir Stipendien gibt.
Ich habe "Hoyas for Immigration Rights" gegründet, damit möglichst viele merken, wie viele wir sind - und dass wir ganz normale Menschen sind. Allein in New York gibt es 150.000 Dreamers. Ich erinnere mich gut an den 15. Juni 2012, als Barack Obama erklärte, dass er einen zweijährigen Abschiebestopp für junge Migranten erlässt. Ich war sehr erleichtert, weil damit die Angst vor einer Abschiebung nach Mexiko gebannt war.
Ich spreche zwar Spanisch und mag das Essen, aber ich war eben noch nie bewusst dort. Im Herbst bin ich das erste Mal geflogen - nach Kalifornien, wo meine Schwester lebt. Meine Eltern haben sich bis zuletzt Sorgen gemacht, dass ich verhaftet werde. Diese Angst ist unter undocumented citizens (Bürger ohne Papiere) - der Ausdruck ist passender als illegal aliens (illegale Ausländer) - weit verbreitet. Schon eine Polizeikontrolle im Straßenverkehr löst bei vielen Panik aus. Nun träume ich von Rom - mein Nebenfach ist Italienisch, doch ich konnte das Land nie besuchen.
Seit Obamas Wiederwahl wird über eine Reform des Einwanderungsrechts diskutiert und so wächst das Interesse an uns. Ich habe in der Uni-Zeitung über meine Erfahrungen geschrieben. Wir organisieren Diskussionsrunden in Washington und hoffen, dass wir so Politiker und deren Mitarbeiter erreichen können. Wir hoffen sehr, dass Obama uns nicht wieder enttäuscht. Denn in seiner ersten Amtszeit hat der Demokrat zwei Millionen Menschen abschieben lassen, weil sie kein Aufenthaltsrecht hatten - mehr als jeder andere Präsident vor ihm.
Unsere Geschichten sind keine Geschichten über Verbrecher. Die Konservativen reden gern abstrakt über elf Millionen Illegale, das klingt nach einer Gefahr für die nationale Sicherheit. Dabei arbeiten wir hart und wollen Amerika zu unserem Zuhause machen. Noch wollen es leider viele Leute nicht wahrhaben, dass wir auch Menschen sind und nicht von einem anderen Stern kommen.