Süddeutsche Zeitung

US-Anti-Terror-Einsatz gegen al-Qaida:Kerry verteidigt Gefangennahme in Libyen

Mitten in Libyens Hauptstadt Tripolis griffen US-Kräfte am Wochenende einen mutmaßlichen Terroristen auf. Libyens Premierminister Sidan verlangt nun Aufklärung von Washington über den Vorfall. US-Außenminister Kerry verteidigt das Vorgehen als angemessen und legal. Verschiedenen Medien zufolge sollen an der Festnahme auch Libyer beteiligt gewesen sein.

Mehr als zehn Jahre suchten die USA nach ihm - dann fassten US-Soldaten am Samstag in Libyen ein mutmaßliches Mitglied des Terrornetzwerks al-Qaida. Nun fordert die Regierung in Tripolis von Washington Aufklärung über den Einsatz auf ihrem Staatsgebiet, wie britische Medien melden.

Dem Guardian zufolge verlangt Libyen eine Erklärung für "die Entführung" eines ihrer Bürger durch amerikanische Spezialkräfte. Das Büro des libyschen Ministerpräsidenten Ali Sidan habe darauf hingewiesen, dass die Regierung bestrebt sei "jedweden libyschen Bürger innerhalb Libyens strafrechtlich zu verfolgen", schreibt die BBC.

US-Außenminister John Kerry rechtfertigte hingegen den Einsatz der US-Kräfte auf libyschem Staatsgebiet. Die Aktion sei angemessen und legal gewesen, dem Verdächtigen werde vor einem Gericht Gerechtigkeit widerfahren, sagte Kerry dem Guardian zufolge am Rande des Gipfeltreffens der Pazifikanrainerstaaten (Apec) in Indonesien. Es sei wichtig, nicht mit gesuchten Terroristen "zu sympathisieren". Im Übrigen fänden zwischen den Regierungen in Washington und Tripolis regelmäßig Konsultationen über etwaige Einsätze statt.

Ehefrau berichtet von maskierten Männern

Der in den Vereinigten Staaten angeklagte Extremist Anas al-Libi war am Samstag mitten in der libyschen Hauptstadt Tripolis von US-Spezialkräften gefasst worden. Al-Libi wird eine Beteiligung an den Bombenanschlägen auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahr 1998 vorgeworfen, bei denen mehr als 220 Menschen starben. Die US-Regierung hatte auf ihn ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar ausgesetzt. Wenige Tage vor dem Zugriff der Amerikaner hatten internationale Medien berichtet, Al-Libi lebe von den Behörden unbehelligt in Tripolis.

An der Gefangennahme des Terroristen Al-Libi sollen auch mehrere Libyer beteiligt gewesen sein. Das berichteten libysche Medien am Montag. Der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira zitierte die Ehefrau des Festgenommenen, die sagte, maskierte Männer hätten ihn vor ihrem Haus geschnappt, als er in seinem Auto gesessen habe. Einige von ihnen hätten Arabisch mit libyschem Dialekt gesprochen.

Nach Informationen der New York Times wurde Al-Libi auf ein Schiff der US-Marine im Mittelmeer geschafft. Er werde voraussichtlich zur weiteren Strafverfolgung nach New York gebracht.

In Libyen blieben größere Proteste gegen die Verschleppung des Terroristen zunächst aus, obwohl viele Menschen durch den Einsatz die staatliche Souveränität ihres Landes verletzt sehen.

Angriff in Somalia galt offenbar einem Kommandeur von Al-Shabaab

Nahezu zeitgleich zur Festnahme Al-Libis hatte es nach Angaben eines Regierungsvertreters auch einen Überraschungsangriff von US-Kräften in der somalischen Küstenstadt Barawe gegeben. Dabei sei aber kein Extremist gefasst worden. Die Zeitung New York Times berichtete, ein Team der Marine-Eliteeinheit Seal habe in Barawe die Villa eines hochrangigen Anführers der Islamisten-Miliz Al-Shabaab angegriffen.

Die USA habe bei diesem Einsatz offenbar den mutmaßlichen Kommandeur der ausländischen Kämpfer der Islamistenmiliz Al-Shabaab im Visier gehabt. Der Kenianer mit somalischen Wurzeln heiße Ikrima, zitierte der US-Fernsehsender CNN am Montag auf seiner Internetseite einen hochrangigen Vertreter der US-Regierung. Viel sei nicht über ihn bekannt. Er sei aber ein Weggefährte von Al-Kaida-Kämpfern, die an dem Anschlag auf die US-Botschaft im kenianischen Nairobi im Jahr 1998 sowie an dem Angriff auf ein Hotel in Mombasa im Jahr 2002 beteiligt gewesen sein sollen.

Von offizieller Seite gab es bislang allerdings keine Stellungnahme dazu, wer oder was Ziel der Attacke war. Die Soldaten mussten sich nach einem heftigen Feuergefecht zurückziehen. Medienberichten zufolge sollen sie zuvor einen hochrangigen Al-Shabaab-Anführer getötet haben. Eine Überprüfung sei jedoch wegen des Rückzugs nicht möglich gewesen. Al-Shabaab hatte sich zu der blutige Geiselnahme in Nairobi im September bekannt.

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