Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat Deutschland wegen der umstrittenen Sicherungsverwahrung in zwei Fällen erneut verurteilt. Insgesamt muss die Bundesregierung zwei wegen Raubes und Mordversuches mehrfach vorbestraften Männern 25.000 Euro Schmerzensgeld zahlen.
Einem 59-jährigen Beschwerdeführer, der im niederbayerischen Straubing in Sicherungsverwahrung untergebracht ist, sprach der Straßburger Gerichtshof am Donnerstag in Straßburg 20.000 Euro Entschädigung zu. Bei ihm handelt es sich um einen so genannten "Altfall", bei dem die ursprünglich auf zehn Jahre begrenzte Sicherungsverwahrung im Nachhinein verlängert wurde.
Da die Höchstgrenze rückwirkend gestrichen wurde, sitzt der heute 59-Jährige noch immer in Sicherungsverwahrung. Die Richter erkannten wie in früheren Urteilen einen Verstoß gegen den Grundsatz "keine Strafe ohne Gesetz" an, da es sich um eine gesetzlich nicht vorgesehene Strafe und menschenrechtswidrigen Freiheitsentzug gehandelt habe.
Im Falle eines 78-Jährigen aus Aachen bemängelten die Straßburger Richter nicht die Sicherungsverwahrung grundsätzlich, sondern die Langsamkeit deutscher Gerichte, zu einer Entscheidung darüber zu kommen. Die Justiz hat nach Ende der Haft neun Monate zur Anordnung der Sicherungsverwahrung gebraucht - währenddessen saß der Mann unrechtmäßig in Sicherungsverwahrung.
In den Augen des Europäische Gerichtshofs für Menschenrechte war dies ein Verstoß gegen das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Der Mann, der bereits 2008 entlassen wurde, erhält 5000 Euro Schmerzensgeld und weitere 1000 Euro für entstandene Kosten.
Zugleich würdigten die Richter jedoch die vom Bundesverfassungsgericht im Mai formulierten Maßgaben für eine Neuregelung der Sicherungsverwahrung und billigten, dass dem Karlsruher Urteil zufolge gefährliche Täter mit einer "psychischen Störung" weiter in nachträglicher Sicherungsverwahrung festgehalten werden können. Die Reform der Sicherungsverwahrung muss in Deutschland bis 2013 abgeschlossen sein.