Süddeutsche Zeitung

Urteil zu Nebeneinkünften:Schily muss nicht zahlen

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden: Der SPD-Abgeordnete Otto Schily muss seine Nebeneinkünfte offenlegen. Einen Teilerfolg erzielt er dennoch.

H. Kerscher

Der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) muss kein Ordnungsgeld in Höhe von 22000 Euro wegen Verletzung der Transparenzregeln für Bundestagsabgeordnete bezahlen. Seine Klage gegen Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) und das Präsidium des Bundestags war vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig teilweise erfolgreich. Der Senat bestätigte zwar, Schily habe durch die Verweigerung von Auskünften über Nebeneinnahmen als Anwalt gesetzliche Pflichten verletzt. Das Gericht hob jedoch die deshalb verhängten Sanktionen auf. Zur Begründung hieß es, Einzelanwälte seien durch die jetzige Praxis gegenüber Mitgliedern einer Anwaltssozietät benachteiligt. Von diesen würden derzeit keine Angaben über Einkünfte und Mandate verlangt. Dies müsse umgehend geändert werden.

Das Bundesverwaltungsgericht ist in erster und letzter Instanz für Klagen von Bundestagsabgeordneten gegen Sanktionen wegen der Verletzung von Transparenzregelungen zuständig. Als erste Parlamentarier waren der jetzt scheidende Abgeordnete Schily sowie sein Fraktionskollege Volker Kröning, ein ehemaliger Senator aus Bremen, von Ordnungsgeldstrafen betroffen.

Beide arbeitete neben ihrer Tätigkeit als Abgeordnete auch als Einzelanwälte. Sie weigerten sich unter Hinweis auf ihre anwaltliche Pflicht zur Verschwiegenheit, die daraus gewonnenen Nebeneinkünfte offenzulegen.

Im Fall Schily hatte es Presseberichte gegeben, wonach dieser von März bis September 2007 den Siemens-Konzern als Anwalt beraten und dafür 140000 Euro Honorar erhalten habe. Darüber verlangte Bundestagspräsident Lammert detaillierte Auskünfte, weil diese Einkünfte nach seiner Meinung anzeigepflichtig waren.

Die neuen Transparenz-Regeln

Schily und Kröning weigerten sich, die genaue Höhe ihrer Honorare aus den Jahren 2006 und 2007 anzugeben. Darin sah das Präsidium des Bundestags einen Verstoß gegen die im Abgeordnetengesetz festgelegten Verhaltensregeln. Es verhängte im April dieses Jahres gegen Schily ein Ordnungsgeld in Höhe von 22000 Euro, gegen Kröning in Höhe von 15000 Euro.

Lammert berief sich auf die neuen Transparenz-Regeln für Abgeordnete, die noch von der rot-grünen Koalition im Sommer 2005 beschlossen worden waren. Die Anzeigepflicht von Nebentätigkeiten sollte gegenüber dem Präsidenten des Bundestags erfüllt werden.

Für die Veröffentlichung war ein dreistufiges Modell vorgesehen, nämlich nach monatlichen Einkünften zwischen 700 und 1000 Euro, bis 7000 Euro und mehr als 7000 Euro. Auf Verfassungsbeschwerden von mehreren Abgeordneten, zu denen Schily nicht gehörte, bestätigte das Bundesverfassungsgericht im Juli 2007 in einem Patt-Urteil die neuen Regeln.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte nun das neue Regelwerk. Es enthalte auch "hinreichend Vorkehrungen dafür, dass die Verschwiegenheit im Regelfall gewahrt bleibt", hieß es. Schily und Kröning seien demnach an der Erfüllung ihrer Anzeigepflichten nicht durch das Anwaltsgeheimnis gehindert gewesen. Soweit es ausnahmsweise zu einer Beeinträchtigung der Verschwiegenheitspflicht kommen könne, sei dies durch den Zweck der Transparenzregeln gerechtfertigt.

Das Leipziger Gericht fand aber, Schily habe das Präsidium zurecht wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Vergleich zu Anwälten einer Sozietät gerügt. Auch diese müssten künftig gemäß der Transparenzregeln grundsätzlich alle Nebeneinkünfte aus einer anwaltlichen Tätigkeit angeben.

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SZ vom 1.10.2009/bica/segi
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