Acht Jahre Haft: Maik Schneider bleibt ungerührt als der Richter das Strafmaß verkündet. Das Landgericht Potsdam sieht es als erwiesen an, dass Schneider eine in Nauen geplante Flüchtlingsunterkunft Ende August 2015 gezielt niederbrannte. So steht es in der Urteilsverkündung. Auch der zweite Hauptangeklagte, Dennis W., wird wegen Brandstiftung verurteilt. Er kriegt sieben Jahre. Die Begründung des Richters: Die Tat habe symbolhaften Charakter. "Ihr seid hier nicht willkommen", sei die Botschaft gewesen. Das Urteil kann als deutliches Signal verstanden werden: Dass der gewaltsame Protest gegen Flüchtlinge nicht hingenommen wird und die Justiz bereit ist, existierende Strafmaße auszunutzen. Gewaltbereite Asylgegner und Rechtsextreme werden das wahrnehmen, auch außerhalb von Nauen.
Das Urteil kommt zur rechten Zeit: Im Jahr 2015 zählte das BKA 1030 Übergriffe auf Flüchtlingsheime. Im Jahr 2016 waren es 900. Selten gelingt es, die Fälle aufzuklären. In Nauen standen neben Maik Schneider und Dennis W. noch vier weitere Angeklagte vor Gericht. Auch sie wurden wegen verschiedener Delikte zu Haftstrafen verurteilt, die Strafen jedoch zur Bewährung ausgesetzt.
Schneider wird auch Nötigung vorgeworfen
Anfang 2015 gründete sich eine Neonazi-Gruppe um Maik Schneider, der in der brandenburgischen Kleinstadt für die NPD in der Stadtverordnetenversammlung saß. Schon vor dem Hallenbrand kam es unter seiner Regie zu Demonstrationen und Gewalttaten gegen Asylbewerber. Auch diese Taten flossen in das Urteil ein.
So wurde der 29-jährige Schneider neben Brandstiftung auch wegen Nötigung verurteilt. Er sei Teil eines Mobs gewesen, der im Februar 2015 versucht hatte, die Abgeordneten der Stadtverordnetenversammlung einzuschüchtern. Während einer Abstimmung über ein Asylbewerberheim hämmerten Schneider und seine Mitstreiter gegen die Glasscheibe und brüllten vor dem Veranstaltungsraum herum.
Bei den Tumulten blieb es nicht. Mitte Mai brannte ein Auto mit polnischem Kennzeichen aus. Gerüchte machten die Runde, der Besitzer sei pädophil. Maik Schneider schlug die Scheiben ein, Dennis W. legte das Feuer.
Auch ein Büro der Linkspartei wurde immer wieder Ziel von Angriffen. Eine Glasscheibe wurde zertrümmert, ein Türschloss mit Klebstoff verschmiert, die Häuserfassade mit Farbbeuteln beworfen. Ende Juli brannte dann das Dixi-Klo auf der Baustelle für ein zweites Asylheim.
Es ist eine beklemmende Geschichte der Eskalation, an deren Ende schließlich eine künftige Flüchtlingsunterkunft brennt. Das Fazit des Richters: Die Angeklagten hätten aus Fremdenhass und Verachtung gegenüber Andersdenkenden gehandelt. Wegen einer weiteren Strafsache bekommt Scheider noch einmal anderthalb Jahre, insgesamt muss er nun fast zehn Jahre in Haft. Schneider gibt sich unbeeindruckt. Er schüttelt den Kopf, kaut Kaugummi. Immer wieder beugt er sich zu Dennis W., tuschelt, lacht. Eine junge Frau im Publikum, die ihm offenbar nahesteht, nimmt das harte Urteil weniger leicht. Unter Tränen verlässt sie den Saal. Als sie wiederkommt, schaut Schneider lange zu ihr hin.
Der Hallenbrand war geplant
Sie ist nicht die Einzige unter den Zuschauern, die Schneider gut kennt. Auch politische Unterstützer und NPD-Freunde sind gekommen. Schneider schaut häufig zu ihnen hin, lächelt ihnen immer wieder zu. Sein Mitangeklagter Dennis W. ist weniger entspannt: Als der Richter die Haftstrafe verkündet, starrt er lange vor sich hin. W. ist verlobt, er wird bald Vater. Am letzten Prozesstag hatte er erklärt, er wolle sein Kind aufwachsen sehen. "Es tut mir leid - auch gegenüber meinem Kind", hatte er leise gesagt und plötzlich wie ein gebrochener Mann gewirkt. Auch Schneider hatte betont, dass er Vater wird. Das Gericht ließ sich davon nicht beeindrucken.
Besonders Schneider war während der Verhandlung immer wieder forsch aufgetreten, hatte selbst Anträge gestellt, Zeugen befragt. Den Turnhallenbrand erklärte er zum Unfall. Eine "Dummheit", er habe ein Signal setzen und die Halle lediglich einrußen wollen. Das Gericht widerspricht dieser Darstellung: Die Männer hätten die Tat bei zwei Treffen geplant, heißt es in der Urteilsbegründung.
Gemeinsam besorgten Schneider, Dennis W. und ein weiterer Mitangeklagter das Brennmaterial: Benzin, Autoreifen, Holzpaletten, eine Propangasflasche, eine Mülltonne. Doch es war Schneider, der die Aufgaben verteilte. Wer sich weigerte, den beschimpfte er als Feigling. Viele der Mitangeklagten sagen während des Prozess, sie hätten sich von ihm unter Druck gesetzt gefühlt.
In der Nacht vom 25. August 2015 kommt es dann zur Tat: Gemeinsam schichten Schneider, Dennis W. und weiteren Angeklagten einen Haufen Brennmittel auf, und legen das Feuer. Von dem Gebäude bleibt nur noch ein Gerippe, der Schaden liegt bei 3,5 Millionen Euro. Sein eigentliches Ziel, die Aufnahme von Flüchtlingen in Nauen zu verhindern, erfüllt der Anschlag dennoch nicht. Mittlerweile leben 200 Flüchtlinge in der Stadt.